Wikinger des Südens
doc schi wa go proudly presents: das Dritte
Klassikdiskussion, MarshalMc? Nachtrag Deutscher Herbst+30, x
Burroughs William Towers Open Fire – YouTube
Ändert sich die objektive Bedeutung eines Tracks, wenn man ihn/es//sie : auf zwei Spuren gleichzeitig abspielt, analog wie die Verwandlung eines ja zum jaja?
Ist sogenanter subjective Sinn ein DawkinSCHeis Gen? Wenn ja, von welchem Stamm. Wenn nein, wauruhm!
Ezra P. hatte unterschieden: Melopoiea, … & Logopoi. „Warum [nur] sehe ich dem Radwechsel mit (solcher) Ungeduld zu???
Sie nannten mich Sophus//: gez. Egil S.
Lie, Sophus, geb. 1842 Nordfjordeid am Nordfjord, gest. 1899 Kristiania (Oslo)
„Nash und Sidon waren beileibe keine Ausnahmeerscheinungen. Cantor etwa verfiel ebenfalls Wahnvorstellungen, und auch Gödel wurde paranoide Schizophrenie bescheinigt. Und nicht zuletzt wurde aus dem Mathematiker, der nur an Primzahltagen mit seiner Frau schlief, ein gewalttätiger Krimineller. Dann wäre da noch der >>U n a b o m b e r<< Theodore Kaczynski, der 1962 von der University of Michigan den akademischen Titel des Ph.D. in Mathematik verliehen bekam.“ [Paul Hoffman: Der Mann, der die Zahlen liebte. Die erstaunliche Geschichte des Paul Erdös und die Suche nach der Schönheit in der Mathematik. Berlin 1999, S. 320f.]
-Amigo, haste die neue mit?
–Abbaklah.
(Lächeln wie ein Biß von s k ö l l : „dante? langsama knirschnda)
-ne, leider nich. Zu lange doot… abba Grim un sinn son, letzte Woche -wo deer ma zulangt… jut amigo, krug uff king crimson — also denne, skál
[Nanu sachma, wohast’de Symmetriegruppe vastekt?! OK. Ick singe nie wieda.]
Kleine Freuden : zum Fest
Im Keller : die Kindheit : morgen
kehrt Vater aus der Dämmerung zurück : vergebliche
Hoffnung : keine Sauna heizt so ein : daß
sein Hirn noch weiter wächst : stecken bleibt der Familien-
friede im schwellenden : rot anlaufenden
Hals : dieser Diktator hat nichts mehr zu sagen : die Kinder
bekommen ihre eigenen Austicker : die Frau weiß sich
zu wehren mit Willkür & Hilflosigkeit : im rechten
Moment : sie bringt das rot anlaufende Hirn
zum Schwellen : die Kindheit heizt uns kräftig
ein : ihm & mir & ihr : im Keller stapeln sich die Dämmerungen
Punkte und Geraden
Wenn sich Körper entlang einer Geraden
bewegen, wird das Auge zum Degen:
Alle seine Rundungen verlieren sich in
der flachen Unendlichkeit des Raums.
Das Gedächtnis ist ein Blumentopf, in dem
immer wieder die gleichen Blüten erblühen.
Farbe & Form, die Augen einer Mutter, ein-
zig der Geruch des sich süßlich Erfüllenden
Vermag dem empfindsamen Nasentier
eine Lücke ins Gehirn zu setzen,
Darin sich der Geschmack der Leere ent-
rollt, das Knistern einer Blattspitze
Beim Durchbrechen der Stengelhaut,
das unsichtbare Kraut im Innern
Des Samenballes … die Sonne ist
ein Richter ohne Blick hinter die
Kulisse – ihre heiße Nähe zeigt die
Blindheit des Lichts; erst die Ab-An-Ab
Wesenheit fügt den Körpern alle Wunden zu.
Mit Sprache arbeiten
Mit Sprache arbeiten heißt
die Ohren abschneiden
und diese um die Nase dessen hauen
der die Augen nicht aufsperrt
Die trefflichen Formulierungen tragen Stringtangas
unter knapppassenden Arschhosen die sich
ins Gesellschaftliche fressen wie berühmte Maden
Im Kohl geht es auch den Fetten leiblich
und gedeiht das Unkraut
so kommt anderes zu einem
Eimer
welcher
ein Loch hat liebe Lotte oder wer
Das bloße Leben II (nach Aldomovar)
Das bloße Leben ist dermaßen vital es
ruft sie zurück.
Die Früchte sind einzukochen. Eine Hand liest sie auf.
Eine andere
hebt die Kofferhaube, stellt die Gläser hinein.
Die Nachbarn haben verstanden
bevor ihre Tochter losschreit: Tut sie doch
was sie kann!
Ach, den Toten ist das so wenig.
Das bloße Leben I
Ich bin nicht da, sagt sie. Sie nimmt sich nicht aus.
Was sie hat lässt sie arbeiten. Ihre Hände machen es.
Ihrem Kopf nach, bis Samstag. Hinter den Pillen
stößt sie ab, Landung und ich bin nicht da, sagt sie.
Es geht in die Woche. Sie strahlt. Ihr Element
ist der Montag. Das mache ihr einer nach, ohne Lidstrich.
Diese Aufmerksamkeit unter Kollegen. Ich bin
im Krieg, Essen im Kühlschrank, Kuss Mutti. Mit Plong!
aus dem Weltall senken sich e-mails herab und laufen
im Tarnanzug über den Schreibtisch.
Zu Hause in der flexiblen Heimat
hat ein Vöglein für sie gekocht.
Es fliegt weiter.
Während sie hierbleibt geht
ihr Leben einen ferneren Gang.
Sie beobachtet es durch den Spion. Im Fahrstuhl reißt es
den Schnabel auf und schluckt den Bestellzettel hinunter.
Sprechzimmer
Du willst aber du kannst nicht Vertrauen in dich selber finden.
Der Therapeut erscheint dir als eine Gestalt.
Du bist überzeugt von vornherein und erzählst ihm
von deinem schwächsten Punkt. Du weinst wie beim Sex.
Der Therapeut schenkt Sekt aus. Das macht er nicht immer.
Du gehst in ein symbolischer werdendes Haus.
Die Schatten junger Männer fallen
rückwärts aus den Fenstern während deine Brust
ein heller Strahl trifft, am Drehpunkt der skateboard-Sprungschanze.
Die Wohngegend des Therapeuten spricht gleichfalls Bände.
In ihnen liest du auf dem Weg bereits
deine Gesetze. Sie geben die Richtung für dein Leben wieder.
Jetzt hast du die Haare über der Stirn zusammengeschlagen.
Der Therapeut hat dich berührt. Es ist
gegen die Abmachung, bestürzend,
doch im Fallen beruhigst du dich: wie menschlich er ist,
und überwindet die Grenzen.
Du erhältst einen Schlag auf den Kopf.
Hier hast du die erste Demut geübt. Aufwachend siehst du
ein Foto von Frau und Kind.
Vertrauensvoll schmiegst du dich an ihn. Merkwürdig,
dass er hier sogar schläft.
Ein rostiger Garten lockt nicht.
Das Bett ist abschließbar wie eine Schreibtischschublade.
Der Mann zieht sie heraus – Iss mich!
sagst du und wickelst dich in Butterbrotpapier. Er lacht breit,
hebt den Telefonhörer und beißt hinein.
Eine königliche Sitzung war das.
Selbstgespräch nach Kafka
These/Anklage/Verdacht: Der Strang, an dem die Handelnde sich aufhängen wird, ist gleichbedeutend mit ihrem Wunsch nach Sicherheit.
Beweis/Führung/Spruch: Die Unabhängigkeit der Gerichte war ihr stets ein letzter Trost gewesen. Sie vertraute darauf, sich vor ihnen auf die Rechtmäßigkeit ihres Handelns berufen zu können.
Aber wie war das möglich? War ihr Handeln denn rechtmäßig, wie sie selbst überzeugt war? Fand es doch in einem ganz und gar anderen, in einem von Grund auf rechtsfreien Raum statt (dem gesellschaftlichen), in den das Gericht zwar einzugreifen versuchte, aber niemals notwendig und von sich aus, sondern stets erst nach einer Anklage, welche aus Kränkung oder niedriger Gesinnung angeregt und von parteilichen Stellvertretern vorgetragen wurde. Konnte so jemals Recht entstehen? Konnte dort Recht werden, Recht gesprochen werden, wo ursprünglich nur Parteilichkeit herrschte?
Die Frage ist falsch gestellt, sagte sie. Recht entsteht nicht, Recht ist, und zwar in Form der unabänderlichen Gesetze.
Aber die Gesetze werden dauernd verändert! Wir geben sie uns selbst, wir oder die anderen, und kennen wir sie denn? Und selbst wenn wir ein Gesetzbuch kaufen, ist sein Drucktermin nicht ein längt verstrichener Zeitpunkt und wird nicht zur gegenwärtigen Stunde schon wieder an der Veränderung, ja Anpassung des Unveränderlichen, schlechthin Unanpassbaren mit allen Finessen gefeilt? Bewegen wir uns nicht im Schwebezustand zwischen zwei Büchern, das eine veraltet, das neue noch unbekannt?
Ja gewiss, sagte sie müde, aber die Gesetze sind doch so viele, sie sind ein harter Brocken, ein großes Gebirge, sich dort durchzugraben oder zu -feilen bedarf wohl tüchtiger Werkzeuge und sollte eigentlich – so ist es vorgesehen – niemals gelingen.
Wie ein Ausbruch aus einem Gefängnis, scherzte die andere.
Etwa so.
Das tröstet mich nicht über ihren Geburtsfehler hinweg. Ich frage mich, sagte sie plötzlich kühn, ob nicht das Gesetz nur eine Metapher ist, ein dürftiges, unsinnliches Bild, womit wir unsere Lebensgeschichte meinen.
Und nicht nur ein Einzelner, eine ganze Nation will mit dieser Lebensgeschichte in Atem gehalten werden! rief sie zurück. Spannend ist das, „Die Gesetze“, – ein Spielfilm! Und die ständige Korrektur zwingt die Geschichte rückwärts auf die Gleise.
Halt! befahl sie sich selbst. Dass das Gesetz für die Ewigkeit bestimmt ist, sieht man schon daran, dass das Gericht in der zeitlichen Ausdehnung des Prozesses nicht auf menschliche Zeit Rücksicht nimmt. So ein Prozess dauert lange, sehr lange.
Ewig! Ewig! unterbrach sie sich.
Und die menschliche Angelegenheit, aus der heraus es zur Anklage kam, stellt sich den Beteiligten während ihres Verlaufs, erst recht an ihrm Ende, möglicherweise völlig verwandelt dar, und dies wäre ganz natürlich, zumal die Parteien unterwegs viel Geld verlieren. Weder der Kläger noch der Angeklagte erkennen sich schließlich in einem so lange dauernden Verfahren, wie bei uns üblich, noch wieder. Sie verarmen, verbittern. Und war für einen Sinn hat es denn dann?
Einen übergeordeneten! Es hat einen Sinn in sich selbst, erschließt sich wahrscheinlich nur den Zuschauern, nicht den Beteiligten selbst!
Für die Zuschauer, die die Kompliziertheit des einzelnen Prozesses gar nicht erfassen können, so eilig gehen sie an der Sache vorbei, für diese Spezies ist das Recht gemacht! So ist es gar nicht für die Menschen gemacht?
Du verwechselst das Gesetz und das Gericht! rief sie, und ich habe den Eindruck, dass du dies mit Absicht tust, um mir die Sicht zu vernebeln! Im Gericht arbeiten natürlich fehlbare Menschen, lediglich das Gesetz ist das Gesetz.
Die andere wiegte bedächtig den Kopf.
Allerdings kann man nicht annehmen, sagte sie gleich darauf ermattet, dass die Fehlbarkeit der Beamten an den Gesetzen spurlos vorübergeht. Ich bin vielmehr der Auffassung, dass die Gebrechlichkeit der Gerichtsbeamten, ihre morscher werden Knochen, das Gesetz gleichfalls brüchig werden lässt.
Hör auf mit diesen Vergleichen! rief die andere. Das Gesetz ist ein Fels, ein Stein! Du kannst darauf verweilen, so lange du lebst!
Aha, sagte sie, diese Bemerkung verrät dich. Denn was du sagst bedeutet, das Recht sichert mein Leben keineswegs. Und so scheint es mir auch: ich kenne nicht ein Gesetz, das im Ernstfall für mich spräche, im Gegenteil. Erstens kenne ich überhaupt kein Gesetz. Zweitens wäre ich im Ernstfall, auf den alleine es ankommt, auf wohlwollende Auslegung angewiesen wie nichts sonst, und da das Gesetz nicht in unsere Körper eingebrannt ist und von selbst statt hat, sondern vor- und zurückdebattiert zu werden pflegt, fängt vor dem Gesetz die Schwierigkeit allen Lebens überhaupt erst an. Nur jemand, der einmal in einem Verfahren stand und sich verteidigen musste, kann überhaupt als ein reifer Mensch angesprochen werden.
Es ist doch zum Haareraufen! rief sie. Dauernd widerspricht du dir! Erst sagt sie das Eine und im selben Atemzug das genaue Gegenteil!
Dies eben entspringt der Unsicherheit, in die jeder verfällt, der vor dem Gesetz steht.
Aber das Gesetz selbst ist unsere Sicherheit!
Mag sein. Doch dann können wir die Sicherheit niemals erfahren. Wir müssten ihm ganz verfallen, und begegneten dem Gesetz erst in den Vorboten, dann in den Vollstreckern des schrecklichen Satzes: Sicher ist nur der Tod.
James Joyce im Zwiegespräch mit einer letzten Flasche auf Erden, vorzugsweise unter freiem Himmel zu säuseln wie wandernde Wellen auf dem Meer
Komm her, du Ende vom Anfang: nun geh es los, wir gehn es an mit neuem Atem. Zerteilt in Unteilbares sei uns die Ewigkeit nun sicher. Sieh, und sei’s drum. Ich bin dein Waschbecken, du bist mein Wasserhahn – zusammen sind wir die menschliche Innenarchitektur. Hör wie ich gluckse vor Freude. Auch ich höre dich glucksen im Streit mit der Luft, die dein Inneres zu füllen beansprucht, Frechheit flüchtiger Materie. Deine Hüfte reicht dir bis an die Knöchel. Meine Finger fallen dir unter die Fußsohle, von unter dir steigt es bis ins erhebende Gefühl, wenn wirklich aller Atem aus mir weicht. Du schmeckst so süß, ich sauge dich aus wie der Mückengott einen ganzen warmblütigen Planeten. Meine Lippen schmatzen in alle Gehirme hinein – wer’s glaubt, wie auch ich geglaubt hab mit der Vorderzunge an heißen Sommertagen, sei selig bis ans Ende seiner Liebe.
Wäre ich kein Dichter gewesen, du hättest diesem Schicksal entgehen können. So stopfe ich denn meine Zunge in dich hinein, perfekte Flaschenpost. Solange dein Körper Form wahrt, wird das Wort in dir verschlossen sein. Das Wasser um dich rum ist bald kein andres Rauschen als das Blut in meinem Ohr. Die Küsten gleichen sich. Unterm Mond die Gezeitenschwelle legt den Nerventieren ihren Samen ins Gehirn, auf daß draus Worte wachsen im Gejammer der sich aufreibenden Eingeweide. Ich geh nun von dir. Deine Beine in meinem Augenraum sinken zu Boden, Muscheln im vollen Ohr der Meeresklänge.
Als Lichtstrahl unterwegs
Den Knorpel einer menschlichen Pupille durchquerend wurde ich zum erstenmal gebrochen. Es zwang mich in jenen Hautsack hinein, dessen Hinterseite von so ekelhafter Beschaffenheit ist, daß es einen bei Berührung dieses knotigen Himmels zicken und zucken läßt, als sei der Gott der Lichtquanten ein Ziegenbock mit zwei verschieden langen Maßhörnern.
Später sollte ich auch die Glaswand durchdringen, deren Mineralhaut die ewig ruhelosen Wesen unter der Sonne vorm plötzlichen Kältetod bewahren will, der regelmäßig die Kolonien kurzatmiger Wasserballons mit zottiger Innenoberfläche und Quantenchaos im Innenkammerbereich der elektromagnetischenPotentiale zu befallen pflegt – als sei das Lichtquantum irgend so ein Kornkreis auf dem Meer.
Außerhalb dieser Höhlenwelt mußte ich zwar lange wandern, bis die unverhoffte Begegnung mit einem Schicksalskollegen dem mikrosekündlichen Einerlei der Auf- und Untergänge meiner Pracht eine wechselwirkende Beschränkung des ewig Gleichen hervorrief, Form eines Materietropfens, allein dieser kurze Moment der Selbstauflösung im Weltraum der Körpergeburten um den Preis einer Identitätsverdopplung war es wert, nicht nur meine Frequenz im Schmelzofen der spezifischen Wirkungen nach wer-weiß-wohin zu verschieben, sondern auch den individuellen Reichtum, Amplitude über dem durchschnittlichen Nullniveau aller kosmischen Festsetzung, auf ein fast infinitesimales Prozentchen der ursprünglichen Größe schrumpfen zu lassen.
So wurde ich zum Teilchenpaar, geboren aus dem Opfer des Lichts.
In Bewegung
Am Ufer: Hildegard
Am gestrigen Abend, mit Feuerwerk und Krawall-
demonstration der eigenen Meinung, Volks-
Herrschaft von Söhnen ihrer Väter, Mutter in
das weiße Kopftuch aus Wolken gehüllt,
Ging für mich das 20. Jahrhundert zu Ende.
Was vor dreiundneunzig Jahren begonnnen,
fand nun seinen Abschluß in der
Mitternächtlichen Hitparade der Sterne hoch
oben im schwarzen Samt, so weich ver-
Hüllt wie ein Staubkorn im Ozean.
Aus der Unermeßlichkeit strahlender Augen,
mit der Stimme einer Überlebenden,
Durch die letzten Signale eines blinkenden
Weltraumkörpers hörte ich, ein Kind
Von vierzig Jahren deine Frage – keine Frage.
„Es ist doch so, daß man im Traum
die Welt sieht, man sieht sie
Immer wieder, damals, diesen kleinen
kleinen Schmetterling vor dem Fenster
Meiner Küche, und dann lag er und schlief.“
Einer fragte nach Blumen und Sonnenschein,
du lebtest im Schatten der Erde, dein
Söhnchen strahlte in dich hinein – ach
immer wird es so strahlen nun, du
Gabst ihm ein menschliches Gesicht…
Wie sah es aus in jenem Jahrhundert,
da das Korn am Reißbrett gezüchtet ward,
Als der Wahnsinn seine eigene Stimme ver-
nahm und sich leise leise sagen hörte:
Bruder, mein Bruder, ich bin du – du bist hier.
Begonnen hatte es wie üblich mit dem
Glück, das versucht war sich mitzu-
Teilen – es ging wie so oft noch nicht auf;
später war es dann der Hunger, aus dem
Mit Kanonendonner Geld wie Stahl hervorblitzte.
Einige hat es gegeben, die mußten ihre
Augen verbrennen in diesem unerbittlichen
Feuer, es schwelt noch immer durch den
Herbst dieser Welt und fegt nun als
Wasserwalze übers Körpergebiet der Klimazonen.
Auch der Träume gab es viele in jenem Jahr-
hundert, manches wurde wahr – das Wenigste
War es wirklich wert gewesen, den Synapsen-
wald mit Denkkraftverstärkern so sehr
Unter Druck zu setzen wie den Kessel deines Erdenlebens.
Zuerst tuckerte hinterm Berg ein
stolzes Automobil, später zischte die
Eisenbahn den Mond an, nachts, wenn
niemand mehr zuhörte außer dem Gras
Unter den Bäumen vor dem Fenster der Küche.
Die Schafe im Stall hörten irgendwann auf zu
blöken, heute lernen sie fremde Sprachen
Und versuchen der Sonne zu folgen auf ihrem
Weg durch das große Tal, das unter ihren
Füßen die Vergangenheit mit der Zukunft vereint.
Die Mitte war nicht die Mitte, die Mitte war
das Ende, und der seitdem die Lufthülle
Füllende Staub wird sich nie mehr zur Ruhe
setzen: Feuer, Wasser, Erde, Luft – so
Viel Freude verteilt sich für nichts. Aber später
(Das bist alles du; laßet die Kindlein
zu mir kommen – kein Samenkorn
So eigen wie der Mensch, Kindlein eines
Vaters und seiner Mutter – kein ver-
Fluchtes Geschlecht so sehr Samen im Korn)
Sollte es die Liebe sein, der Mensch, seine
Mutter und nichts als die Liebe, womit sich
Die Annalen der Erde füllen durch Zeichen
aus Wasser und Luft – nur das Feuer,
Langer Bart des Holzes, sei dem Licht fortan eingefügt.
(…)
29.10.2007
Das Schweigen
Das Schweigen
Er erzählt
mir nicht mehr von gestern
und spricht mit seinen Freunden
über mich wie eine alte Krankheit.
Doch wenn er mich dann zufällig
unter seinem Bettlaken findet,
bekommt er feuchte Augen.
Er sagt,
er hätte sich das Schreiben
abgewöhnt wie die Angst
vor´m dunklen Keller.
Denn er wisse nun,
dass es hier wie dort
nichts zu entdecken gäbe.
Er sagt,
er wäre jetzt erwachsen
und dass ich brennen müsse
wie die schlechten Klassenarbeiten.
Da, wo er jetzt hingehe
gehörten Schwächen auf den Scheiterhaufen.
Dann wärmt er sich ein letztes Mal
Im Feuerschein der Erinnerungen
Ein Herrenbein (Auszug)
Baronin Morast hatte sich bereits zu Mittag in ihr Schlafgemach zurückgezogen, das der Gatte vor dem späten Abend nicht betreten durfte. Sie fürchtete seit ein paar Tagen seine derberen Gelüste. Diese Furcht vermochte sie nicht recht zu deuten, deshalb musste sie sich legen, den Stuck anschauen und nachdenken. Der Baron sprach besorgt vom Stuck und seinen Widrigkeiten. Dass die Malerrolle nicht bis in die Rosenritzen dringe. Dass dort die Weltsicht sich verlor. Dass er die Deutung den Kunsthistorikern überlassen müsse. Dreimal Rund ineinander – rund. Frau von Morast wälzte trübe und konturlose Eindrücke wie ihre Kissen hin und her, kehrte das unterste zu oberst, tat, als würde sie ein inneres Bett neu beziehen. Sie wühlte Matrazen auf, entfernte feuchte und stockige Flecken, fönte trocken, rubbelte. An ihren Gatten konnte sie nicht denken, ohne dass ein feiner sie Brechreiz streifte, nur eben streifte wie der zuckende Nervenschmerz im linken Ohr. Die Lust, dachte sie, die Lust empfand sie doch. Irgendetwas an ihrem Manne war ihr unheimlich geworden. Sie erinnerte sich an das dröhnende Lachen, mit dem er den Privatier Kellermann und seine Clique begrüßt hatte, während er sein neues Mohnpräparat an ihnen ausprobierte. Bläulich hatten sich allseits die Lippen verfärbt, und als Morast nach ihr griff mit dünnen Fingern, hatte sich zu der vertrauten Lust, die ihr den Unterleib wie ein Schwert durchschnitt, ein leiser Ekel gesellt, ein Kontrapunkt, der ihr den Hals kitzelte. Ein fremder Eigner. Eigner welcher ihrer Körperregionen? Sie hatte ihn geehrt, ihn, ihren Mann, der ihr Lüste verschaffte. Der Hüte á la mode trug, orangenorange, linzertortenrund, zuckerkristallbesprenkelt. Der mit der neuen Mode ging, ein Lebensdetail, das immer mehr auch Männer betraf. Der ihr ein Papageienzimmer für ihre gefiederten Freunde eingerichtet hatte, anspruchsvolle Wildtiere, die sie niemals, wie ihren Gatten, einfach mit „puttputt“ locken durfte, damit sie handzahm wurden. Die federbestückten Ungetüme. Ihr Mann war rasiert. Ganzkörperrasuren ließ er wöchentlich vornehmen, bei einem Freunde, dem Frizör.
Der Frizör schnitt nicht nur Haare, kämmte, ondulierte und shampoonierte – nein, er rasierte auch, sowohl Herren als auch Damen. Sein Salon war Stadtgespräch, derzeit noch. Ein, zwei Monate, und der Trend erreichte seinen Höhepunkt, um dann langsam wieder abzufallen wie eine sanfte winterliche Bergsenke, schließlich wurden Besuche beim Frizör zu einer Gewohnheit, die Zwang war. Die Klugen folgen einer Mode und reden nicht darüber. Sie scheinen. Haben Linzertorten auf den Haaren oder Orangenblütenextrakte in die noch feuchte Frisur gerührt und hineinzitiert, mit zittrigen Fingern, Haare, die ein Windhauch hochfahren lässt. Frau von Morast zog Luft ein, stieß sie aus ihren offenen Mund geräuschvoll gegen die Wand zu ihrer Linken aus. Drückte mit dem Kopf das Kissen zur Seite, Augen auf wie eine Tote. Er möge sie mir zudrücken. Gundolf! Sie rief nach ihrem Gatten, pelzig fuhr es ihr über Bauch und Beine, Gundolf! Sie schrie es dem Stuck entgegen und sah einen Himmel schimmernd wie Glas, eine Kuppel wölbte sich auf die Umtriebige nieder und umfing ihr Gehirn, durch dessen Windungen Serotonin und Endorphin, Dopamin und Neurasthenin schoss wie ein ICE durch die platte Landschaft zwischen Hamburg und Berlin-Ostbahnhof.
Baron Morast war inzwischen in einem unangenehmen Brüten versunken, welches das Endorphingeschoss im Hirn seiner Gattin kontrastierte, pfiffig und nicht ohne Überlegenheit. Warum hatte Gertrud ihn aus seinen Gemächern verbannt? Hatte sein Kuss auf ihren Hals, den er lange, lange vorbereitet hatte, sie nicht überzeugen können, dass er den Körperregionen mit zarteren Dünsten durchaus zugetan war? Ihr Hals roch so nach Frühlingsblumen, war so Jugendstil! Das hatte er ihr beichten wollten mit gefalteten Händen und verschlossener Hose. Nichts, aber auch nichts war auf diesen Kuss gefolgt. Nur eine Schweigeminute wie nach unfassbaren Ereignissen oder während eines katholischen Gottesdienstes, wenn die Gemeinde auf die Knie gesunken war und gleich das „Vater unser“ in leierndem Gesange beten würde. Die Erinnerung an dieses Schweigen, diese Schlaffheit der Windhose, in die kein Hauch hineinblies, veranlasste ihn jetzt, im Wechsel ungelesene Kuriere und Zeitungen vom Tische zu nehmen und mit ihnen zu wedeln als verscheuche er Insekten. „Du musst du zuerst freundlich sein, du kennst doch Weiber. Klopfet an, so wird euch aufgetan, notfalls klopfst du mit dem schönen Gedanken, nicht gleich mit der Flöte. Manche lieben auch Musik. Aber fang nicht mit Wagner an, das wird sie verscheuchen wie ein frischer Morgen den Scheuen Nachfalter,“ hatte Kuraschowski, der Landbote, ihm beim Diner in den halb geöffneten Mund gesagt, der gerade eine Gabel voll Lacknudeln empfing.
„Sie müssten mal…“
„Sie müssten mal Ihre Prosa vom Facharzt untersuchen lassen!“ Das schöne Wetter, das nun schon seit Tagen über Karlpeters Haus herrschte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Arztbesuch erschütternd für ihn war und blieb.
Autodafé
Reif auf den Büschen : wo wir uns versteckt haben
voreinander : wo wir die Feuer feierten
jedes Mal : wenn wir vorbeiliefen : im Mund
den Verrat : Asche auf den Feldern
körniger Nebel : aufsteigend aus den Furchen
bevor uns der Tag aufheizt in unseren Glasgehäusen
schau nur : wie wir aufwirbeln : ohne Wind
während draußen der Schneid Einzug hält &
die Wiederkehr des Groben zum Aufstand reizt
Eigenfrequenz 155-Hämo-Post-Globyl&Trans-Mitternacht
EZRA POUND
aus Canto XCIX
Und wenn dein Kind nichts wissen will, hast du’s versaut.
Frag‘ es. Bejammere die Kindheit nicht, und lüge nicht.
Erkläre bündig, antworte; im Gespräch
nicht mit weichlicher Geschäftigkeit (chiao)
nimm immer deinen eignen Weg.
Laß‘ es fragen vor seinem Tun;
Daß da keine nachlässige Pfütze sei
zwischen dem guten Menschen & seiner Frau.
R. ist r. . Klein ist klein;
Unter Freunden ist eins eins
zwei ist zwei
Nicht zu lügen aus Unbekümmertheit oder
allein zu lassen im Trug
Füttere den Klang seiner Stimme mit Worten
die wie Wasser über ein Mühlrad strömen.
Kleid‘ es in Aktenordner
und beschenk‘ es mit Niedlichkeiten,
Am Ende versetzt es den Hausrat.
Mit Steuern, für das allgemeine Wohl,
einem Teil des Produkts
Sind Menschen, weil körperlich
immer am Säen und Ernten,
Soldaten sind auch körperlich,
behüte das Werkzeug deines Körpers,
Er beschützt dich als Wesen
Vor Sintflut und Gaunerei.
The Dead – Animated Poetry
dear viktor,
the idea to animate poems came from the Sundance Channel and the J Walter Thompson advertising agency (JWT). They assured me that they would bring in tto the project the best animators they could find and that the selection would be competitive. Apparently a number of people who tried out, were not invited to animate. I like the idea of poetry being adapted to different media (except dance) so I agreed to read the poems to be animated.
I was very pleased with the results. the first one I saw was „The Dead“ which set a high standard for the rest. I never liked the idea of illustrated books of poetry. A poem about a tree and on the facing page. guess what? a tree! but animation casts a kind of spell over the eye as the voice does over the ear. And two senses are usually better than one.
I have no idea how the animations got on YouTube. Apparently, just about anything ends up there. The films first ppeared as „filler“ on the Sundance Channel (USA TV). But I was happy to hear that some of the films were getting 500,000 hits on YouTube. Next we need to promote iPoetry so that poems can be easily put on your iPod along with your music.
If this phenomenon needs a star, I am happy to volunteer. I am an only child and have a great capacity for receiving attention.
My best to you and Ron Winkler,
Billy
Sie, in einem gesunden Körper
Lachfalter. Sie blitzen aus Vorblätterhängen. Klappen ihre Flügel zusammen und wieder auseinander. Nachtgespinste. Ich liege auf dem weißbezogenen Bett. Die Knie angewinkelt, bilden ein verkehrtes V auf der Bettdecke, ziehen Faltenstreifen ins Leinen. Der Kopf auf dem gerollten Kissen ein wenig gehoben. Mein Haar, wie es sich schon wieder wellt. Ziehe Strähnen davon als Lichtfilter vor die Augen. Lachfilter. Licht trifft meine Augenwinkel, die violette Iris, im Schattenkreis wiegt die zweite Augenkugel mit der schwarzblauen schwerer, die auf die mein Kissen drückt, das ich mit gebogener Hand knicke und das gegen mein Nasenbein liegt. Die andere Hand langt nach dem auf dem Boden liegenden Röllchen mit der Medizin. Mein Kopf sinkt nach hinten. Aus der Lichtkugel heraus. Hoffe, das Röllchen greifen zu können. Hoffe, sie sendet dabei einen Gruß an mich, sie, die noch immer in feinen, zu langen Flanellhosen hier herkommt, sich aus Prinzip in die angrenzenden Räume setzt und sie beherrscht. Sie ahmt die Vergänglichkeit nach. Einen halben Meter über mir, drei Meter unterhalb der Decke trifft mich ein dunkler ausgefranster Fleck. Feucht setzt sich etwas auf meinem Gesicht ab. Ich hebe den Arm, in dessen Hand das Röllchen liegt, nur liegt, unumklammert. Sie lebt in einem gesunden Körper. Sie hat die Welt der Worte im Planquadrat geschultert, weiße Platten mit Linien, auf die sie täglich treten kann, ganz selbstverständlich.
Du hast sie nicht zu dir gebeten. Sie hat dich aufgesucht, gelacht, dir ins Gesicht, sie hat sogleich Tee für dich bestellt. Mit Sahne für sich, mit Zitrone für dich, so wie du es gern magst. Es beherrscht sie kein Zwang, dir Kalorien zuführen zu müssen. Wieviel Gramm Eiweiß du täglich zu dir nimmst, bleibt dir überlassen. Sie lebt in einem gesunden Körper.
Ankunft im Blauen
Weder Raum noch Zeit ver-
Mögen die Bewegung nun
Anzuhalten, jede
Schwingung ein Schrei auf
Der Bühne der Ereignisse: ich
Bin nicht mehr da
Wo die Atemzüge gezählt werden –
Die Feuerfasern geballt zur
Tanzenden Flamme; du
Bist nun bei mir & die Vögel
Haben ihren Herbst
Hinter sich, hinter sich geworfen.
Du öffnest eine Flasche
Wein & ich flüstere dir zu: sei
Nicht traurig, nicht so traurig –
So traurig bin ich, daß die
Delphine auf ihrem Weg
Durchs Mittelmeer
Abkommen von dem gewohnten
Ein für allemal fest-
Gelegten Kurs gen Ithaka. Die
Vögel sind nun nicht mehr die Vögel,
Die Delphine schwimmen nicht mehr
Durchs Mittelmeer, Grönland
Liegt vereist
Unter der Panzerhaut unserer Lippen.
Synphonie der Dinge beim Gemurmel vor dem großen Fest
Gene, Genitalien, Autoreifen, auf- : Geblasene Schläuche ob mit Wein : Oder Wasser aus Wolken wie über : Der Wüste, im Vergleich mit dem : Fließen im Innern der Steine nur : Ein Dulden des Ortes in der Zeit, : Gleichzeitige Bekundung des Ab- : Wesenden beim Ableben durch : Den Tod, Beziehungslosigkeit mit : Den Mitteln der Bezüge aus Kassen : So schwarz wie die Löcher im : Gedächtnis, wo es peinlich wird : Trotz der Offenheit des Meeres, wo : Es eingeschlossen bleibt im Eis, : Sommers wie winters ein ewiges : Dulden, der Norden eine Wüste : Im Traum der Sonne von Nacht.
Der Tod in Beziehung zu den Leb- : Enden, mit dem Anfang der Erinnerung : Gemeinsam vor den Karren gespannt, : Aufgehäufte Früchte und Wurzeln, : Zehnfach aus dem Dunkel heraus- : Gezogen, Zähne zum Zermalmen : Der Häute mit den Haaren, da- : Mit es schneller vordringt ins : Herz der pulsierenden Welt, Muskel- : Fasern in Erwartung von Beziehung, : Die es spannend macht mit : Haut und Zähnen, damit es : Den Körpern wirklich unter die Haut geht.
Eine Pause zwischen zwei Lebens- : Hälften, die Hörbarkeit alles anderen : Als der Läufe in Überlagerung, der : Sprünge ins Oben und Unten, weil : Nichts so sehr trennt wie der Tod.
Aber auch Tod wie alles dazwischen : Bleibt draußen, nicht, Fische, Vögel, : Weil das Leben weitergehen will : Im Schwimmen wie im Fliegen, unter : Der Oberfläche mit Zähnen aus : Staub, bis es leergeblutet einen : Neuen Rhythmus zu schlagen bean- : Sprucht, nicht, Maschinenteile aus : Vergessenen Plänen, noch paßgerecht : Mit Grenzen, die ineinander greifen, : Fliegen über Wassern, aus denen : Es aufschnappt und strudelt, die : Bewegungen als Grenze zwischen innen : Und außen, zwischen zwei und allem.
Nicht: eine Pause im Atem, der : Den Worten hinterher weht, Fahne : Ohne Stoff, wie er Kleidern ihre : Sichtbare Fülle gibt und niemandes : Maß mit der selbstbewirkten Bewegung
Versieht oder nicht versieht, genau : Diese Frage zwischen Schläuchen und : Autoreifen, gleichzeitigen Bekundungen : Der Abwesenheit und des allzu neuen : Rhythmus, tausendfach geschlagen : In Adern voller Blut, Genitalien : Und Gene, Gene, die eine Familie : Von Vögeln und Fischen beisammen : Halten, bis es leergeblutet von einem : Tankwagen träumt, allein in der : Wüste, Flußpferd und Zähne mit : Mähne auf dem Wasser, wo alles : Strudelt und wegschnappt, aber : Im Gedächtnis seine Lücken läßt : Als Hinterlassenschaft schweren Atems, : Wo nichts ist als Pause zwischen : Zwei Hälften, zwischen Oben und Mitte : Wie Mitte und Unten, wo hält sich : Eine Mitte an der Oberfläche wie : Im Schnappen nach Wasser aus der Luft!
Nichts, kein nicht und kein wegen, : Allerorten die Zeit mit Lichtstrahlern : In den Raum gerichtet, Namen von : Sonnen im Bauche von Galaxien, : Straßen zwischen Orten, an denen : Viel gerumpelt hat, Flußpferde in : Verblichenen Rhythmen, einzig : Das Herz schlägt weiter wie ein Vogel, : Dessen Lied keine Luft mehr findet : Und Fische in selbstgewirktem Kleid : Kleid, wo läßt sich die Grenze bestimmen : Zwischen Stimme und Stummem, : Aufgeblasene Schläuche und kaputte : Maschinen, mit Teilen zu einem : Ganzen gefügt, das kein dazwischen : Mehr frei fließen läßt, kaum ein nicht : Ohne Schnappen im Strudel zurück- : Hält im Rhythmus der Ruhe, selbst?
Wenneigen
Wenn die Sonne den Himmel berührt, entstehen Phänomene.
Wenn ein Auto Fahrt aufnimmt, wird die Luft wieder etwas dünner.
Wenn eine Haustür zuschlägt, gehen oft mehrere Zimmertüren auf.
Wenn es Herbst wird, beginnen die Vögel des Nordens sich umzuwenden.
Wenn es dunkel wird, verschwinden viele Photonen gleichzeitig aus den Augen.
Wenn ich den Atem anhalte, erst dann – höre ich es schlagen.
Wenn es aufhört zu kreisen hinter den Gedanken, dann ist es wie
Wenn ein durchsichtiger Stein die Dinge in ein anderes Licht tauchte.
Wenn das Wort Schweigen seinen Klang ausbreitet, dann – aber nicht früher
Beginnen die Wesen ihren ewigen Tanz.
ach, ich ziehe den staub an wie der staub das licht
1. wäre das hier dort, hätte der ort sein hinten.
2. jenes da fort, sollte im irgend fließen, so es also: einen tag anzeigte, wär’s schon okay.
3. aber: häuslich gesehen, zikade wie horn – nur ein schlitten darauf.
4. jetzt käme es wirklich drauf an-: andichten, andich, andi, an; kein du, a.
5. englische nacktheit, ruhe, ur-uhe – an: na-na.
6. man kann es nicht sehen wie ich dich höre, du.
7. bilder, bild, er-bd, lbd, er allein.
8. so om mächtig: türmt es sich auf.
Im Vektorraum (Schluß)
Egal wann es passiert – es passiert draußen … Die Tür hinter ihm schlug zu wie Mohammed Ali in seinen besten Zeiten. Der Knall prallte gegen seine Trommelfelle und setzte eine ganze Reihe von weiteren getrommelten Rhythmen in Bewegung. Er war nun ein Dschungel voll unverständlicher Geräusche – ein Dschungel in Aufruhr.
Er rannte die Treppe hinunter und trat durch die Haustür ins Freie. Hinter ihm schlug eine Tür zu. Er zuckte kurz zusammen, dann stand er still auf dem steinernen Gehweg und lauschte. Über ihm rauschten Luftschichten wie vom harten Flügelschlag eines Greifvogels, die Schichten drangen ihm in die Ohren und erzeugten einen Druck gegen die Schallmauer seines reglosen Körpers, daß es zu brausen und zu sausen anfing in der Welt – sein Kopf glich der Krone eines Baumes bei Sturm. Er schwankte.
Er wandte sich nach rechts in die Richtung der Ampel, die er zu überqueren hatte, um an seinen Lieblingsplatz zu gelangen – den Friedhof. Warum er diesen Ort so liebte ist schwer zu sagen. Vielleicht wegen der vielen Seelen, die ihre Namen hinterlassen hatten im Stein auf den Gräbern? Oder wegen der Stille, die jenen Ort einhüllte mit dem phantastischen Seidentuch aller Abwesenheiten, die Namen nur erzeugen können? Wahrscheinlich liebte er den Ort wegen der vielen, vielen Seelen, die sich beruhigt hatten und keinen Krach mehr machten.
Er trat durch das gußeiserne Tor und erschauerte in stiller Freude. Die Unheimlichkeiten dieses Ortes waren fast ein Teil seiner selbst. Das Dunkle und Klingende schien hier von der Heimlichkeit seiner Existenz erlöst zu werden … Hinter ihm schlug eine Autotür zu. Es störte ihn nicht im geringsten. Weiter vorn begann eine Nachtigall zu singen.
Selbst wenn
Bevor du zu schreiben beginnst, solltest du eines wissen: alle Helligkeit ist nur Täuschung der Atmosphäre, unter der du lebst, und die so comme-il-faut ist, dir Licht zu streuen. Das Universum ist dunkel. Und wenn du ein Stern sein willst, der leuchtet in kalter Elektrizität, so musst du irgendwann verglühen. Denn all das Dunkel um dich herum zu erhellen, hast du zu wenig Energie, selbst wenn du heute der hellste Stern im Universum bist. Du musst schreiben und deinen Heros für ein, zwei Hundertstelsekunden eines Lachens schon eine Seite später mit fünf Stunden Krankheit züchtigen.
Mostar
Die dünne Haut der Häuser : sprechend
durchlöchert : von Motten zerfressen
ausgehöhlt : ausgebrannt : schreiend
auf dem Berg das Kreuz : stammelnd
im Tal die schlanken Türme der Moscheen
die Geliebte hat einen amerikanischen Paß
fast kein Haar auf dem Kopf : schweigt
das ewige : trostlose Treiben
in den Kafanas : ohne Charme
weder östlichen noch westlichen
Spinnennetze umgarnen die aufgestapelten
Stühle : hier saß schon lange kein
Fremder : noch trägt die Alte
ihren Bauernrock : die junge
Frau trägt schwarz : der Hubschrauber
überm Sieb der Dächer hütet die Farben
