Skandale inflationär

Skandale versucht jeder zu inszenieren, der im Kulturbetrieb tätig ist. Tanz mit einer Klobürste im Haar splitternackt auf der Straße – was früher ein gemeiner Schulwitz war, mit dem man den Nachbarjungen ärgerte (heute heißt es mobbte), gerät zur scheinbar freiwilligen Selbstinszenierung. Das Zauberwort heißt Aufmerksamkeit. Sie verschafft Ruhm & Geld. Indem jeder nach ihr strebt, gibt es nicht mehr von ihr. Ich frage mich, ob es nicht klüger wäre, still zu sein, nur noch zu flüstern statt zu schreien. Schweigen wäre radikal – vielleicht kommt dann wieder jemand, der zuhört.

Viktor Kalinke
geb. in Jena, Studium der Psychologie und Mathematik in Dresden, Leipzig und Beijing, Kreativitäts-Preis der Hans-Sauer-Stiftung, Mitbegründer der Edition + Galerie Erata, Promotion, Professur, lebt in Leipzig.

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