Und wie denkt die sogenannte Linke? Sie durchschaut den imperialistischen Charakter des westlichen Globalismus nicht, verwechselt ihn mit Völkerverständigung und Internationalismus aus ihrer Gründerzeit im 19. Jahrhundert und springt brav über jedes Stöckchen, das ihr das Finanzkapital hinhält, sei es „Big Pharma“ mit „Corona“ oder der altbekannte militärisch-industrielle Komplex mit der Ausweitung des Bürgerkriegs in der Ukraine. Ein neuer Lenin, der das heutige Gesicht des Imperialismus durchschaut und ihm die Maske abreißt, damit sein schiefes Grinsen hervortritt, ist nicht in Sicht. Die Linke zerfetzt sich wie im und nach dem Ersten Weltkrieg gegenseitig und läßt sich vom Kapital vor den Karren spannen, um die Opposition niederzuhalten. Die Mehrheit der Arbeiter, sorry, ich meine „Arbeitnehmer“, hat zum Internationalismus der frühen Arbeiterbewegung vor dem Ersten Weltkrieg nicht zurück gefunden. In der Nazi-Zeit konnte sie ihr aus sozialer Benachteiligung strukturell gegebenes Minderwertigkeitsgefühl nationalistisch und rassistisch kompensieren. Darin liegt das tiefere Erfolgsgeheimnis des Faschismus, nicht nur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Stalins „Sozialismus“ ersetzte die „Weltrevolution“ durch das biedere, nicht minder grausame Konzept des „Sozialismus in einem Land“. Er war vom Nationalsozialismus nur noch schwer zu unterscheiden – vielleicht in dem Punkt, daß nicht nur Juden und Kommunisten, verfolgt, weggesperrt und umgebracht wurden, sondern Menschen aller Nationalitäten, Konfessionen und Schichten. Keiner konnte vor der Geheimpolizei sicher sein, vor allem Kommunisten nicht, die noch an die Möglichkeit einer freien und gerechten Welt glaubten. Das heutige Rußland begibt sich auf den Weg in die Autonomie, in die Selbstversorgung – durch die scheinbare Isolation vom Westen gewinnt Rußland jedoch keine eigenständige politische Qualität, sondern ahmt das Hegemonialstreben Amerikas nur nach: Wenn Amerika intervenieren kann, können wir das auch – auf diese Weise wird der russische Bär zum Clon der amerikanischen Hyäne. Indem Putin den Meinungsstreit unterdrückt, Kritiker als ausländische Agenten diffamiert und auszuschalten versucht, die Kultur aushöhlt, setzt der Metzger die Säge an den zuckenden Leib der russischen Seele…
Obiger Text hat mit dem Denken Karl Raimund Poppers – in seiner postmarxistischen Phase – nicht nur den gefühlsduseligen Gestus bürgerlicher Klagen über die Schlechtigkeit der Welt – eine inhaltlich ja treffende Beschreibung! – gemeinsam, sondern zudem die undifferenzierte Gleichmacherei des Heterogenen, Politisch-Polaren in der „Kritik“ der in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wirksamen „Kräfte“; Gegenfrage: Meinen Sie wirklich, ein Winston Churchill hätte freiwillig, sozusagen aus bürgerlich-humanistischen Gründen, die restlose Realisierung des auf der Wannseekonferenz beschlossenen deutschen Holocaustprogramms gestoppt?
Oder schärfer getrennt: wenn es eine Einheit des Gegensatzes zwischen Hitlerismus und Stalinismus gibt, dann erschöpft sich diese nicht in der Anzahl von Opfern etc. da in solchem Kontext der – unterstellbare – Gegensatz zu anderen imperialistischen Mordprogrammen unscharf würde.
Also: wer spricht denn da?