Großer Sprung zurück in die digitale Diktatur

Anstelle eines militärischen Anreiz- und Strafsystems, wie Shang Yang es etablierte, nutzt die KP moderne Informations­tech­nologie als durchgreifende Technik des Überwachens und Strafens. Doch Xi ist sich bewußt, daß der Legalismus allein das Potential hat, Revolten zu provozieren. Schließlich wurde Qin’s einiges China schon wenige Jahre nach seinem Tod von Rebellen hinweggefegt, die gegen den Militarismus Qin’s aufbegehrten. Indem Xi den Legalismus (Terror durch Überwachung und Loyalität durch strikte Anreize) und den Konfuzianismus (traditionelle konservative Werte) miteinander verschmilzt, versucht er die „kommunistische“ Herrschaft zu festigen und zu sta­bi­li­sieren.

Die Volksrepublik China hat zu diesem Zweck eine massive Zensur des Internets aufgebaut, die sich auf Techniken wie die „Große Firewall von China“ (Fánghuo chángchéng) oder den „Goldenen Schild“ (Jindùn gongchéng) stützt. Westliche Internetprodukte wie die Googlesuche oder Wikipedia sind nicht erreichbar. Konnten die Zensurmechanismen bis vor Kurzem noch durch Technologien wie VPN umgangen werden, so ist dies nicht mehr möglich und verboten. Wie im Westen begründet die chinesische Parteiführung die Einschränkung des Internets mit dem Schutz der Bevölkerung. Bei einem Vorbereitungstreffen des „Internet Governance Forum“, einer vom UN-Ge­neralsekretär ins Leben gerufenen Diskussions-Plattform, in Genf am 13.5.2009 rechtfertigte ein chi­nesischer Diplomat die Internet-Zensur der KP wie folgt, um die Teilnehmer zur Zurückhaltung mit Kritik auf­zufordern:

„Im Kampf gegen den Terrorismus und andere kriminelle Akte haben alle Staaten das Recht, zur Wahrung der Sicherheit des Staates und der Interessen seiner Bürger Inhalte bestimmter Internetseiten zu filtern. Und ich denke, alle Länder sind im Begriff, eben das zu tun.“ (zitiert nach Monika Ermert vom 14.5.2009)

Der 33jährige Li Wenliang, Augenarzt und KP-Mitglied, bemerkte als einer der ersten anhand klini­scher Beobachtung bei sieben Patienten das Auftreten einer schweren Lungenkrankheit, die an SARS aus den Jahren 2002/3 erinnerte. Seine Geschichte wirft ein Licht auf die Umstände, die zur Ausbreitung des Virus beigetragen haben, Umstände, die typisch sind für die Krisenreflexe einer Diktatur: Am 30. Dezember 2019 schrieb Li in einer WeChat-Gruppe an Arztkollegen, um vor dem Verdacht einer Infek­tions­krankheit zu warnen. Die chinesische Staatssicherheit las – wie ge­wöhnlich – mit. Bereits zwei Tage später, am 1. Januar 2020, berichtete die staatliche Nach­rich­tenagentur Xinhua, daß acht Personen wegen der Verbreitung gesundheitlicher Falsch­nachrichten im Internet belangt würden – ein Topos, der im weiteren Verlauf der Pandemie auch im Westen im Zusammenhang mit Löschungen auf Youtube oder Facebook wieder auftauchte. Zwei weitere Tage später wurde Li von der chinesischen Stasi vor­geladen und gezwungen, öffentlich zu bekennen, daß er unwahre Behauptungen verbreitet habe, die die soziale Ordnung störten. Im Stil der stalinistischen Selbstkritik und Selbstanklagen solle er sei­nen Fehler einsehen und Reue zeigen: „Wenn Sie weiter halsstarrig bleiben, Ihre Vergehen nicht bedauern und mit diesen illegalen Aktivitäten fortfahren, werden Sie strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen – haben Sie verstanden?“ (Quelle: Weibo, Post von Li Wenliang) Einen Monat später entschuldigte sich die Behörde bei ihm – da hatte das Virus bereits angefangen, sich zu verbreiten und weltweit von Regierungen und Nicht­regierungs­organisationen für die verschiedensten Zwecke ausgenutzt zu werden. Ironie des Schick­sals: Li verstarb wenige Tage später an den Folgen einer Lungenkrankheit, obwohl Tests auf SARS-Cov2 bei ihm negativ ausgefallen waren.

Xu Zhangrun, Juraprofessor an der Qinghua-Universität in Beijing, der bereits 2018 durch eine schonungslose Kritik am politischen System der Volksrepublik aufgefallen war, mit Berufsverbot belegt und ständig überwacht wurde, verfaßte vom 4. bis zum 9. Tag des 1. Mondmonats im Jahr Gengzi (28.1.-2.2.2020) eine Brandschrift, in der er den moralischen Zerfall der chinesischen Staats­macht kon­statierte, eine Welle der Empörung im Volk wahrnahm und den baldigen Niedergang der kom­­munistischen Herrschaft vorhersagte. Ursachen des Übels seien der Mangel an Mei­nungs­freiheit, das Monopol der KP, die Regierung zu stellen, und schließlich die Einmann-Herrschaft Xi’s innerhalb der kollektiven Führung.

„Der Grund liegt darin, daß die Staatsgewalt auf allen Ebenen erst die Redefreiheit beschneidet, Tatsachen ver­heimlicht und die Bevölkerung betrügt, anschließend die Verantwortung abschiebt und die Verdienste anderer für sich in Anspruch nimmt, während die beste Zeit zur Vorbeugung und Behandlung der Krankheit vor aller Augen un­genutzt verstreicht … Eigentlich wußten schon unsere Vorfahren: ›Dem Volk den Mund zu verbieten, ist schlim­mer, als einen reißenden Strom aufzuhalten.‹ (aus: Guoyu. Gespräche über den Staat) … Das derzeitige büro­kratische System ist von allgemeinem Mittelmaß geprägt, ausgelaugt und dekadent. Die chaotische Lage in der Provinz Hubei, wo sich zur Zeit die absurdesten und übelsten Szenen ereignen, beleuchtet nur einen kleinen Teil des ganzen Deasasters … Hinzu kommt, daß die staatlichen Autoritäten in den letzten Jahren die Repressionen weiter verstärkt und jede Entwicklung hin zu einer Zivilgesellschaft unterdrückt haben. Die Zensur nimmt von Tag zu Tag zu, wodurch genau jene Mechanismen geschwächt und eliminiert werden, die in einer Gesellschaft früh­zeitig auf Probleme aufmerksam machen. So in der aktuellen Coronavirus-Epidemie, bei der gerade deshalb, weil die Meldungen über erste Erkrankungen abgeblockt wurden, schließlich ganze Städte abgeriegelt werden müssen, und das Abwürgen persönlichen Engagements schließlich zum Tod von Menschen führt. Es ist leicht einzusehen, daß dies begleitet ist von einer skrupellosen Profitgier und dem platten Pragmatismus einer Politik, die schlimmer kaum sein kann. All das zeigt, daß jene Generation, die während der Kulturrevolution aufs Land verschickt worden war und anschließend, unter den besonderen Umständen ihrer Zeit, an die Macht gelangte, heute jeglicher Moralität und Vernunft entbehrt. Man darf zu Recht behaupten, daß diese Generation auf allen Ebenen der staatlichen Macht die unfähigste Führungselite seit vier Jahrzehnten darstellt … Mit repressiven Mitteln der Diszi­plinierung und Überwachung wird nun versucht, den Beamtenapparat dazu anzutreiben, sich weiterhin mit einer sinn­entleerten Abarbeitung von Verordnungen abzurackern und durchzulavieren. Und weil es sowohl an Rede­freiheit als auch an einem modernen bürokratischen System fehlt – von ›loyalen Ministern, die den Kaiser zu kritisieren wagen‹, wie wir sie aus der chinesischen Geschichte kennen, ganz zu schweigen –, hat die Peitsche der Re­pression weder Überwachung noch Einschränkung zu fürchten. Darüberhinaus herrscht die eiserne Faust der [von Xi eingerichteten] Nationalen Sicherheitskommission mit noch härterem Griff. Zuletzt wird alles stufenweise durch den ganzen Apparat nach oben geleitet, wo es in einer einzigen Person zusammentrifft. Diese aber ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, der seiner Aufgabe mitnichten gewachsen ist … So ist es auch beim aktuellen Dea­saster von Wuhan: Konkret ereignet sich zwar alles an der Basis, doch die Wurzel des Problems liegt bei den Macht­habern in Peking, in diesem System, das sich um nichts anderes mehr dreht als um seinen eigenen Macht­erhalt … Das Land und die Bevölkerung werden heute mittels eines totalitären Big-Data-Kontrollsystems und dessen an Terror grenzender Zensur der gängigen Social-Media-Plattform WeChat regiert … Entsprechend hielt der scheinbare Übergang aus einem maoistisch-totalitären System zu einem autoritären Staat nach den Olym­pi­schen Spielen im Jahr 2008 zunächst inne, um dann abermals zu einem maoistisch orientierten Totalitarismus zu­rückzukehren, und zwar im Laufe der letzten sechs Jahr mit immer schnellerer Geschwindigkeit. Weil der Einsatz technologischer Mittel aufgrund unbegrenzter Staatshaushalte sich auf nahezu unerschöpfliche Finanzquellen stützen konnte, erleben wir heute einen Big-Data-Totalitarismus im Orwellschen Stil.“ (Xu Zhangrun, 2020)

Im Westen vollzieht sich eine ähnliche Entwicklung, in umgekehrter Richtung: Im „Krieg gegen das Virus“ geraten die von den Verfassungen garantierten Grundrechte und der Datenschutz ins Hin­ter­treffen, werden Gesetze auf dem Verordnungsweg außer Kraft gesetzt, nachdem sich die Parlamente selbst entmachtet und die Entscheidungsbefugnis an die Exekutive abgegeben haben. Die private Pres­se, die wegen sinkender Werbeeinnahmen von Finanzspritzen amerikanischer Konzerne wie Google  abhängt, schaltet sich mit den öffentlich-rechtlichen Medien gleich. Im Hintergrund betätigt sich die Google-Tochter Youtube als Zensor und löscht Beiträge, in denen Ärzte über Impf­neben­wirkungen berichten – nach chinesischem Vorbild unter dem Vorwand der „medizini­schen Falsch­information“. Mit Hilfe der Digitalisierung von Test- und Impfzertifikaten wird ein Social Credit-System eingeführt: Nur wer sich den Verordnungen beugt, sich testen und impfen läßt und dies auf seinem Smartphone nachweisen kann, darf noch am gesellschaftlichen Leben teilhaben, einkaufen sowie Kultur­ein­rich­tungen und öffentliche Verkehrsmittel betreten. In Australien annulliert ein Minister persönlich das Visum eines von den Behörden ausgestellten Visums für einen ungenehmen Spitzen­sportler. Das System, im Westen bekannt unter den Namen Green Pass, 2G, 2G+ oder 3G, nähert sich dem chinesischen Vorbild an, ja übertrifft es hinsichtlich des Grades der Repression: Während im chinesischen System mehrere Variablen des Wohlverhaltens ausgewertet werden und den Zugang zu öffentlichen Dienst­lei­stungen schaffen, ist das westliche System – zunächst erst einmal – monofaktoriell auf Corona ausgerichtet. Hinsichtlich der  skrupellosen Profitgier und des platten Prag­ma­tis­mus der Politik läßt sich kein Unterschied zur chinesischen Nomenklatura fest­stellen: Maskenskandale und Intensivbettenlüge (DIVI-Gate) bilden nur die Spitze des Eisbergs, zu dem sich die Korruption höchster, demokratisch legitimierter Regierungskreise verdichtet hat. Ohne maßgebliche Interes­senskonflikte, die symp­to­matisch die Durchdringung der Politik mit Lobbyisten der Pharma- und IT-Industrie anzeigen, wäre die Corona-Krise gar nicht ausgerufen worden. Ein überschaubarer Club von Multi­mil­liar­dären, die vor 30 Jahren noch in Hinterhof-Garagen an Schaltkreisen oder Billigsoftware herumbastelten, hat Regierungen und Presseagenturen gekapert. Auch die Mittelmäßigkeit der Beamten, die sich mit einer sinn­entleerten Abarbeitung von Verordnungen abrackern und durchlavieren, unterscheidet den Westen nicht  von China. Die logische Widersprüchlichkeit der „Corona-Schutzverordnungen“ fällt bereits Schulabbrechern ins Auge, nur die Funktionselite hält eisern daran fest. Nachdem Behörden wie das RKI die Ermächtigung erhalten haben, die geltenden „Regeln“ auf ihrer Inter­net­seite zu veröffentlichen und ihnen damit ohne Debatte oder Ein­spruchs­mög­lichkeit sofortige Geltung zu verleihen, muß die rechtsstaatliche Verfassung des Westens zumindest im Bereich der Corona-Politik als außer Kraft gesetzt angesehen werden: Einzelpersonen können nach Gutdünken schalten und walten. Die Willkür der Definition, wer als „ge­impft“ oder „genesen“ gilt, wird  über Nacht für Millionen vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzte Bür­gern spür­bar.

These 12: Der Westen nähert sich im Eil­tempo dem technokratisch-totalitären Regime, für das die IT-Branche die Volksrepublik bewundert.

Xu Zhangrun ahnte, daß dies sein letzter Text sein würde – am 6. Juli 2020 wurde er von zwanzig Polizisten in Beijing verhaftet, wie die deutsche Vertretung in China am 9.7.2020 mitteilte. Der Dichter Yang Lian postete daraufhin: „This is another proof of Chinese government keeps the very nature of Mao’s authoritarian tradition, and taken off their face-mask of ›Reform‹ now, they are nothing but the enemy of Humanity and civilisation. Europe, be clear, stop to play your game of power and money with them!“

Auch Ren Zhiqiang – ein prominenter KP-Kritiker, Immobilienmakler und selbst Teil der Nomen­klatura, von manchen der chinesische Trump genannt – kritisierte in einem Essay, das sich viral verbreitete, die mangelnde Rede- und Pressefreiheit in der Volksrepublik. Die Angst der Macht­haber, öffentlich schlecht dazustehen, verhindere, daß auf akute Gefahren schnell reagiert werden könne, der Parteiführer zeige sich in neuen Kleider, gleiche in Wirklichkeit aber einem nackten Clown – daraufhin verschwand Ren im März 2020 in den Zellen der Stasi und wurde im September in einem Verfahren, das nur einen Tag dauerte, wegen Korruption zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt.    

Die chinesische Parteiführung hatte bereits im Laufe des Januar 2020 aus dem Vorfall gelernt. Zunächst galt es, die heimische Bevölkerung durch zur Schau gestellten Aktionismus zu beruhigen. Im Februar gingen die Bilder vom hektischen Bau zweier Krankenhäuser in Wuhan innerhalb von zehn Tagen um die Welt. Diese Bilder waren es, die die Welt alarmierte, gepaart mit den noch vor­sich­tigen Warnungen der WHO. Die KP verstand es, das Auftreten der ersten Krankheitsfälle in eine internationale Pro­pa­gandaschlacht umzumünzen. Sie sprach von einem „Volkskrieg“ und sogar von einem „totalen Krieg“ gegen das Virus, eine Rhetorik, die in Europa beispielsweise vom fran­zösischen Präsidenten begierig aufgegriffen wurde und auch die damalige deutsche Kanzlerin beeinflußte – d.h., die KP nahm die Fundamentalkritik ihrer internen Widersacher ernst, nachdem sie sie ausgeschaltet hatte, und bemühte sich, das Gegenteil zu beweisen.

Zu den quasi-militärischen Maßnahmen, die die kommunistische Parteiführung ergriff, gehört die Erfindung des „Lockdown“. Es handelte sich um eine vollständige, militaristisch gegen das eigene Volk gerichtete Abriegelung des Reiseverkehrs in beide Richtungen, erst in Bezug auf Wu­han, dann ausgeweitet auf die Provinz Hubei, während die Einwohner in ihren Wohnungen ver­harren sollten. Quarantäne hatte es schon seit Jahrhunderten zur Vorbeugung der Seuchen­ver­breitung gegeben: die von der Krankheit befallenen Menschen wurden isoliert. Die Maßnahme der KP ging über Quarantäne weit hinaus: Es wurden alle Menschen der Region in ihrer Wohnung eingesperrt, unabhängig davon ob sie gesund oder infiziert waren. Wenig später diente der von der kommunistischen Parteiführung erfundene Lockdown als Blaupause für die Pandemiebekämpfung im Westen. Ironie des Schicksals: Als die stellvertretende Minister­präsidentin Sun Chunlan im März 2020 Wuhan besuchte, um die Visite von Präsident Xi auf Potemkinsche Weise vorzubereiten, riefen die eingesperrten Bürger im Chor durch die geöffneten Fenster: „Jiade! Jiade! Dou shi jiade!“ („Fake!, Fake! Das ist alles Fake!“, zit. nach Kai Strittmatter, 2020) – Widerstand gegen die Un­ver­hält­nis­mäßigkeit der Maßnahmen, wie er auch im Westen aufkeimt.  

Die kommunistische Partei erklärte sich nach kurzer Zeit zum Sieger im „Krieg gegen das Virus“, etikettierte China um „vom Krisenherd zum Krisenheld“. Als im Westen zur Zermürbung der nicht genügend impfwilligen Bevölkerung ein Lockdown nach dem anderen verhängt wurde, feierten die Einwohner Wuhans längst wieder Massen­partys. Lokale Virusausbrüche, etwa im Juni 2020 in einigen Teilen Beijings, wurden lokal „aus­getreten“. China heizte seine Wirtschaft an und ver­zeichnete als einziges Industrieland im Jahr 2020 ein Wachstum – nicht zuletzt dank der naiven Milliar­denaufträge des Westens für Masken, Testkits und andere Gesundheitsprodukte.

Nach innen begriff die Parteiführung Corona als strategische Chance für den Ausbau des re­pres­siven Staates: hatte sie in den letzten Jahren bereits den Ausbau  in­for­mationellen Über­wachung (Internetzensur, Überwachungskameras, nachbarschaftliche Denunzia­tion) dank „fortschrittlicher“ künst­licher Intelligenz zum Staatsziel erhoben, so bot der Lockdown in Wuhan und Hubei die Mög­lichkeit, dem Volk ein Exempel zu statuieren, wozu die Regierung im Ernst­fall fähig ist: die räum­liche und informationelle Bewegungsfreiheit weitgehend ein­zu­schränken und den parteilichen Zen­tra­lismus gegen die seit den Reformjahren aufkeimenden Zentrifugalkräfte zu in Stellung zu brin­gen.

„Wie die Analyse der politischen Kommunikation im Lande nahelegt, bringt der durch COVID-19 ausgelöste nationale Krisenmodus eine Reihe von Vorteilen für die Herrschaft der Partei mit sich: Er erlaubt die resolute Durchsetzung zentraler parteistaatlicher Macht innerhalb einer Hierarchie politischer Steuerung, die im Normal­modus zur Fragmentierung neigt, im Krisenmodus aber zur strikten Durchsetzung von Vorgaben zwingt. Zugleich er­laubt er die Mobilisierung massiver materieller und ideeller Ressourcen, deren Einsatz im vaterländischen Krieg gegen das Virus angesichts der existenziellen Bedrohung dazu beiträgt, die Parteiherrschaft zu legitimieren und Kritik zu diskreditieren. Die Legitimität des Top-down-Durchgriffs und die dadurch erzeugte Effektivität des Krisen­managements verstärken einander, solange der Krisenmodus aufrechterhalten wird.“ (Heike Holbig, 2020)


					
Viktor Kalinke
geb. in Jena, Studium der Psychologie und Mathematik in Dresden, Leipzig und Beijing, Kreativitäts-Preis der Hans-Sauer-Stiftung, Mitbegründer der Edition + Galerie Erata, Promotion, Professur, lebt in Leipzig.

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