Vor Kurzem habe ich angefangen Frauenliteratur zu lesen – und obwohl ich mich schon immer als Feministen bezeichnete, kam das bisher für mich kaum in Frage. Nicht, weil ich Frauenliteratur als für belanglos oder langweilig erachtet hätte, sondern einfach, da ich als Mann glaubte, mir fehle der charakterliche Zugang dazu, die Texte angemessen würdigen zu können.
Dann, vor ein paar Wochen, stieß ich auf einem Flohmarkt an einem Stand zweier Endzwanzigerinnen auf ein sehr gut erhaltenes Exemplar des Geschichtenbandes “Samsara” von Doris Dörrie. Ich kaufte es feilschfrei für 1,50 Euro und machte mich, voller Lesevorfreude auf den Nachhauseweg.
Daheim angekommen nahm ich meinen Neuerwerb, da ich ein dringendes Bedürfnis verspürte, eilig mit und fing mit heruntergelassenen Hosen an darin zu lesen. Erleichtert stellte ich an jenem, wie auch im Verlaufe der nächsten Tage fest, dass die Themen des Buches dem Geschäft eine emotionale Ruhe und Würde verliehen, die andere, “männliche” Lektüre zuvor niemals auszustrahlen vermocht hatte.
Beispielsweise: eine Mutter, die sich nach der Geburt ihres Kindes über Schlafstörungen beklagt und Schlafentzug fast mystifiziert, eine Tochter, die unter Magersucht leidet und ihre Zwangsgedanken ach! so authentisch aufzählt – Doris Dörrie versteht es, mir diese doch sehr weiblichen Themen genau in denjenigen Momenten nahezubringen – eine sprachlich gefühlvolle und zugleich inhaltlich subtil ironische Verbindung zu schaffen – da ich mich von meinen Ausscheidungen löse.
Ich entspanne, lächle und empfinde eine Zen-artige Atmosphäre, wenn ich, ausleitend, Dörries Zeilen rezipiere. Zwar gelingt es mir meist nicht mehr als zwei Seiten pro Tag zu lesen, was wohl darauf hinausläuft, dass ich noch gut vier Monate brauche, um das Buch zu beenden, aber ich habe schon den Nachfolger bzw. die Zweitlektüre auf meine Wunschliste gesetzt: “Feuchtgebiete”.
Damit ich dann auch im Falle des Falles, d.h. des Durchfalles, etwas Passendes parat habe.