Irritation, Indignation und Inspiration (Flucht und Widerkehr XI)

Heute ist wieder mieses Wetter. Trotzdem fühle ich mich so lala,  vielleicht ein wenig verkaufsoffen, wie man im real existierenden Kapitalismus liturgisieren könnte.

Ehrlich gesagt möchte ich mich heute über alte Leute lustig machen, ganz ohne schlechtes Gewissen und anfangs einfach weil ich noch nicht alt bin (I’ve got a feeling). So wie unreife Jugendliche sich über Erwachsene lustig machen.

Ich würde es jedoch nicht öffentlich tun, denn das könnte alte Leute verletzen — schlimmer als apathische Alte sind nur zombiehaft echauffierte Alte zu ertragen. Vielleicht aber in einer vorsichtig getuschelten Bemerkung, oder in einem anonymen Internetblog. TAT – trolling as therapy.

Mit alten Leuten ist es nämlich so, dass mich die Themen, die sie im Angebot haben – fast immer die gleichen übrigens – abstossen, da sie einerseits oberflächlich und uninteressant sind und mich andererseits an meine eigene Endlichkeit erinnern – und das geht nun einmal gar nicht. Medikamente. Doktoren. Tote. Sonderangebote. Unverständnis. Im besten Falle Naivität, im schlimmsten Falle boshafte Dummheit. Und dabei dieser muffige Geruch, der sie physisch und geistig zugleich umhüllt.

Nun ist es ja leider so, dass, wer  mit einem Finger auf andere zeigt, vier Finger auf sich selbst richtet, weswegen ein selbstkritischer Einschub jenseits jedweder, ursprünglich eventuell satirisch überhöhter Verachtung notwendig sein könnte.

Denn auch ich habe – mit mehr oder weniger Varianz – immer die gleichen Themen, zumindest aber Prinzipien im Angebot; zudem ich fast immer über Altes schreibe – seien es Schriftsteller, Ereignisse, Gefühle. Auch ist meine Sprache oft veraltet, denn ich liebe den Reminiszenzcharakter von etwas, an das sich das kollektive Unbewußte, falls überhaupt, nur noch schmenenhaft erinnert (ja, das war ein Witzversuch). Ich mag das Stutzen, Grummeln, Nörgeln und heimliche Nicken. Und eigentlich mag ich Medikamente ja, auch Doktoren sind wichtig – nur dass ich mir eben die Medikamente im Rahmen meiner Doktorarbeit über Lebensfreude lieber selbst verschreibe.

Was mich an Alten eigentlich wirklich abstößt, ist also nicht das Alter selbst, sondern vielmehr der Umgang damit. Die Mehrheit der Alten ist nicht neugierig wie ein Kind, nicht kritisch wie ein Erwachsener und nicht weise wie ein Greis – nein, sie sind in der Mehrheit unkritisch wie Kinder und geistig gelähmt zugleich – und das liegt zumeist nicht an einer heraufziehenden Demenz.

Da gibt es fünfzig-jährige Aldi-Allwetterjacken-Alte, die komischerweise immer im Doppelpack auftreten, und sie heißen hundertprozentig Jochen und Hilli.
Einige Alte sind sogar schon in ihren frühen Vierzigern am Ende: dickliche, braune Zwerge, um die blaue, hohle Erden kreisen – oder orangene CDU-Ortsgruppenluftballons. Helmut, Otto, Harry und Lothar.

Ich weiss nicht, was mir mehr Schmerzen bereitet: ein physisch „junger“ Alter – dessen Lebendigkeit selbstvergessen in der Masse ertrunken ist – oder Schicksale ausgespuckten Grauens. Beide haben sich auf eine Art und Weise aufgegeben, die zugleich ernüchtert und die eigene TAT in den Vordergrund stellt – obgleich diese, auf die Masse bezogen, eher wie ein laues Lüftchen vor einem Feuerzeug verpufft (wie ein fitter, alter Herr seit einem Dreivierteljahrhundert zu sagen pflegt: „Kolossaler Witz – zündet wie der Blitz„) .

Trotzdem oder gerade deshalb (wer weiß das schon so genau) werde ich – auch weiterhin selbstmedikiert – aufpassen müssen nicht lauthals loszuprusten, wenn sich all die Jackenpärchen mit ernsthaften Gesichter über Sonderangebote beugen, abgefuckte Penner über Fremde schimpfen – oder Mittelstandsfamilien mittelmäßige Massenmessen mutilatieren (die Kinder heißen Noah und Kevin-James und ihr blasierter Gesichtseindruck spiegelt immer den ihrer Alten wider).

Doch nicht alles ist schlecht im Alter, denn wo ein verzweifeltes und zynisches Lachen ist, bestenfalls ein freimütig sarkastisches, da ist auch ein helles, heiteres und freundliches Lachen, da ist ein Staunen und Ehrfurcht, da ist inneres Lächeln.

Ja, Aldous Huxley gönnte sich eine hohe Dosis LSD beim Sterben, erfreute sich an zerfließenden Farben und Wänden die sich wunden — welch ein Abschied aus einer unfassbaren, lediglich im Gehirn rekonstruierten Außenwelt!

Ja, Stéphane Hessel hat sich empört und noch mit über neunzig Jahren über ein System geärgert, das die Macht einiger weniger über die große Mehrheit zementiert und demokratische Rechte kontinuierlich aushöhlt – und dagegen Stellung bezogen, weil er an einen Morgen der Jungen (und Mädchen natürlich, liebe Genderfreunde) glaubt.

Ja, Hans-Christian und Gregor sind heutzutage seltene Namen geworden und doch stellen sie das ideelle Vermächtnis der politischen Kultur der letzten 50 Jahre dar und würden beide gute Bundespräsidenten abgeben. Dumm nur, dass der eine zu alt und ehrlich und der andere zu links und gewitzt ist, als dass ihnen diese Ehre zuteil würde, die ihnen, die menschliche Individuen geblieben sind und die das Alter schöner machte, gebüren würde.

Über Mutter Theresa schweige ich mich an dieser Stelle aus.

Faron Bebt
schreibt Geschichten mit bunten Botschaften und einem hartem Kern. Immer etwas dogmatisch, aus der Zeit gefallen, verstörend verträumt - wie letzte, angemalte Großstadtbunker --Farbbeton.

8 Kommentare

  1. Abgesehen davon, dass ich dieses Pamphlet als schlichtweg zynisch empfinde (der Humor hätte viel stärker ausgearbeitet werden müssen, so ist die Ironie nicht nur nicht zu sehen, sondern noch nicht einmal zu spüren), empfehle ich dringend eine Rechtschreib- und Grammatikkorrektur. Die Kommasetzung, Junge!!!!

  2. eine gliederung vor dem schreiben wäre auch nicht verkehrt. so geht hier alles kunterbunt durcheinander. für einen aufsatz reicht das noch nicht. ein aufsatz sollte wenigstens den roten faden, den er zu anfang verspricht, bis zum ende sauber durchziehen. und: bis zum ende ist bei ihnen noch weit.

    1. @Rapunzel:

      Ist, das hier für, sie vielleicht, witziger?

      @Endo Lese

      > und: bis zum ende ist bei ihnen noch weit.

      Danke, das ist die beste Erkenntnis, die ich mir wünschen könnte. Ein Ende also, so fern, dass es noch klein und leise wirkt!

      >ps: was soll der letzte satz? warum hier schweigen? das versteht doch kein mensch, worauf sie da anspielen (wollen).

      Vielleicht, weil Mutter Theresas Gesicht immer anziehender wirkte, je älter sie wurde … aber lassen wir das, mein Humor ist wohl einfach nicht öffentlichkeitstauglich genug, sie sind nicht der Erste, der das bemängelt und auch nicht der Letzte – was solls, ich amüsier mich weiter.

  3. „Ich hab heute seit langem ma wieder so’n schönen Hackepeter jegessen.“
    „… so’n Schönen…“
    „Nee, wir sind nich anspruchsvoll…“

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