Der Tag, an dem John Lennon starb

Die Nachricht gelangte noch zum Abschluss des Frühstücks dem Dreizehnjährigen zu Bewusstsein. Es war der achte Dezember, Überraschung und Betroffenheit. In der S-Bahn im Gespräch mit einem Mädchen, das die gleiche Klasse besuchte und den gleichen Schulweg hatte, stellte sich die synchronisierende Kraft der von beiden gehörten Nachrichtenquelle heraus. Geteilte Betroffenheit. Im Schulflur vor dem Raum, in dem man sich zur ersten Stunde des Schultags einfand, halblautes Gespräch über die Nachricht. Ein Mädchen mit Paddituch, das ein rundes Ansteckfoto des Ermordeten an ihrer halsbedeckenden Bekleidung befestigt hatte, wurde lautstark begrüßt. Der Anstecker verriet Stilbewusstsein, die gleichaltrigen Klassenkameraden, Jungen wie Mädchen, trauerten einträchtig im Flur vor dem Schulzimmer. Der Schock über die Nachricht wurde in einer gemeinsamen Gedächtnisecke an den Himmel gepinnt. Ein Stück Himmels über einer geteilten Stadt, voll Trauer.

J. W. Rosch
geb. 1967 in Charkiv, lebt in Frankfurt am Main. Gedichte, Prosa, Roman. Bisher bei LLV erschienen: Jokhang-Kreisel. Gedichte und kurze Prosa mit Zeichnungen von Anna H. Frauendorf (2003), Goðan Daginn. Gedichte. Mit Radierungen von Mechthild Mansel (2010).

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert