Zwickau : Äußere Plauensche

Alles ist angemalt : alles ist ausgebaut
Sächsischer Barock : Bergbauinsignien
Die Mulde strömt eingezwängt durchs Tal
Liebliche Figürchen auf Säulen und Treppen
Sauber ist diese Stadt : adrette Menschen
In mittlerem Alter stöckeln ins Kino : ruhiger
Feierabend : und was sehe ich

Verfallene Straßen : die Äußere Plauensche
Das Dunkelgrauschwarz der Häuser : Klo
Halbe Treppe : Fliegengesumm über der Fallgrube
Hier hab ich gesessen als Kind und gefürchtet
Hinunter zu fallen durchs Loch
Des Aborts ins Grünglitschige : während
Die Eltern : Onkel und Tante weiterkauen
An Omas Karpfen Blau : während sie weitertrinken

Den unbestechlichen Klaren : der den Magen
Putzt : sie habens gut : müssen nicht mehr
Aufs Klo : mich haben sie vergessen und aus Protest
Schlucke ich einen Löffel Salz : nur einen kleinen
Aber der reicht : um zu kotzen
Und den Rest des Nachmittags überm Waschbecken
Zu verbringen : dann gehe ich hinaus
Und hänge selbstgemalte Verbotsschilder

Entlang der Straße auf : die keiner beachtet

Theodor Holz
geb. in Dresden im Herbst 1989, hab die Wendewirren mit der Muttermilch aufgesogen, Pflastersteine wurden aus dem Bahnhofsvorplatz gerissen und flogen knapp an meinem Kinderwagen vorbei, meine Mutter konnte ihren Beruf als Jungpionierleiterin auf dem Albrechtsberg nicht mehr ausüben, sie nahm an einer Umschulung zur Altenpflegerin teil, während ich brav die Kreuzschule besuchte.

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