tischgespräche

die gabel sticht
in das brot
der mann wartet auf den aufschrei
die zeitung liegt gefaltet
neben der einsamkeit
das messer wartet
auf den dritten akt

die suppe wird kalt
sagt die frau in der küche
und schlägt die stille entzwei

Christa Issinger
geb. 1963 in Brixen (Südtirol), wohnhaft in Natz-Schabs, ein Sohn. Veröffentlichungen in versch. Anthologien und Literaturzeitschriften, 2014 und 2022 Preisträgerin des Hildesheimer Lyrikwettbewerbes, Autorin des Buches: Die Liebe ist nicht rot.

12 Kommentare

  1. die gabel sticht
    die frau wartet
    die zeitung liegt

    es wird kalt
    sagt der mann in der küche

    Warum muss immer die Frau in der Küche stehen?

  2. Damit keine Verwirrung entsteht „Warum muss immer die Frau in der Küche stehen?“ im letzten Kommentar ist eine Anmerkung und gehört nicht zu den Versen.

  3. Das ist unlogisch. Der Kerl hockt in der Stube bei Brot und Besteck. Die Frau am Herd beanstandet, dass die Suppe kalt wird. Was fehlt? Ein Löffel und die Spanne zwischen Frühstück und Mittag.
    Zudem gebe ich der Stein recht: Warum steht Tusnelda bei den Töpfen? Das muss eine sehr alte Ehe sein. Heutzutage schwingt Mann den Löffel.

  4. ich lese hier, ob ich will oder nicht, und eigentlich will ich nicht, immer Reinhard Mey – Schlacht am kalten Buffet mit, ich hab das mit fünf zum ersten Mal auf der elterlichen Couch gehört (genau die, auf der sich Rolf immer zu sehr in Mitte setzte) und da hieß es, wohin halt die Gabel sticht, und warum muss sie das tun, nur weil sie zu diesem Zweck erschaffen wurde, warum unterstellt man diesem Gerät per se was Böses, fragte ich mich schon damals, und der Löffel war doch für die Bauern, also gehören wir doch schon zur höheren Schicht…

  5. Ich ging als Kind selten raus. Mir war es dort mal zu windig und zu kalt, mal zu heiß, außerdem musste ich auf Bäume klettern, was ich nicht mochte. Deshalb kam die Situation mit der Couch zu stande und ich krieg diesen Song nicht mehr raus. Wäre ich doch lieber raus gegangen und auf Bäume geklettert, vielleicht hätte Mutter sie dann auch nicht abgesägt, die Bäume, denn: wer sägt schon gern an dem Ast, auf dem die Tochter/der Sohn sitzt?

  6. Der zweistrophige Text gefällt mir. Die Titelzeile dagegen tut ihm Gewalt an. Warum muss man allen Ereignissen gleich die Generalisierung „überhelfen“?

    Ach ja, a propos „unterfassen“: natürlich ist die Interesse(n)losigkeit eines Wohlgefallens ein zutiefst /ideologischer Tatbestand// und die logischen Beziehungen zwischen den Dingen (Gabel und Brot, Happen und Mund) nicht frei davon. Aber das heißt nun gerade nicht, dass der aufklärerische Begriff der Ideologie umgekehrt ein Wohlgefallen, und schon gar nicht, dass er ein umgekehrtes Wohlgefallen ausdrücken würde.

    Schön ist die in der zweiten Strophe inszenierte kalte Stummheit eines Schreis. Und: würde deren zweiter Vers etwa lauten: „murmelt jemand in seinen Bart“, wäre der Gesamttext kein Perzept, sondern ein waschlappenartiges Gebilde, das zwar „ideologisch korrekt“ erscheinen wollen könnte, aber für diesen Willen gar keinen hat. Tot ist tot, da helfen keine Pillen.

  7. „Die Titelzeile dagegen tut ihm Gewalt an.“

    Die Kritik ist angebracht. Und zwar aus folgenden Gründen:
    – es gab schon mal Tischgespräche auf „Inskriptionen“
    – Die „Tischgespräche“ waren ursprünglich mal von jemandem, dessen Namen man nicht laut sagt. Auch hierauf wurde bei „Inskriptionen“ schon mal hingewiesen

  8. Ich hab‘ mal recherchiert: das war im Mai 2014:

    Tischgespräche

    Man braucht nur mal einen Tisch mit vier
    Beinen zu kneten – und schon hat man den
    Prototyp eines Hundes.

  9. Gründe für Kritik können vielfältig sein. Zum Beispiel kann man einen „Scheißhaufen“ dafür kritisieren, dass er ein Scheißhaufen ist. Oder dafür, dass er stinkt. Im ersten Fall evoziert man so den geruchslosen Haufen, der u.U. sogar essbare Hasenweihnachtsmann. Im anderen lobt man aber implizit die Solidarität der Stinks, selbst wenn man nie zugeben würde, dass man sich in den Augenblicken um die Geisterstunde herum heimlich aus der Ferne zuwinkt oder gar

  10. Der letzte Kommentar hat keinen Sinn. Lustig ist er auch nicht. Er ist hiermit beschlagnahmt. Zelle 17. Das ist die ohne Tisch.

    Warum wartet der Mann auf den Aufschrei? Hat der was angestellt?

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