Ein guter Tag für Mutter, den Hausmüll extern zu entsorgen, war ein Tag mit sonnigen Abschnitten. Ich meine, ein Tag mit so Streifen. Aus Sonne, wie Caramellstreifen in Vanilleis. Was sehr Süßes und Kalorienreiches, cremig in der Konsistenz. Die Finger gleiten durch die Tastatur wie durch Sahneeis. Und man beginnt davon zu erzählen, wie es war, als Mutter den Hausmüll extern entsorgte: Im Stadtpark, bei Real, vor dem Blumenladen, hinter der Sparkasse – überall, wo es private, aber zugängliche Tonnen, öffentliche Abfalleimer und Papierkörbe gab. Deren Materialität von goldenen Sonnenstreifen durchwirkt wurde wie cremiges Vanilleeis von Caramellsouflee. Vater wusste solche Tage zu schätzen, denn er durfte im Auto sitzen bleiben. Und Musik hören, so lange Mutter draußen war. Vorher hatte sie kleine Tüten gebastelt. Bei Rossmann oder DM ganze Lagen von Tüten abgerissen und eingesteckt, zu Hause den Müll rein geschaufelt und fest zugeknotet, damit auch ja nichts mehr raus konnte. Trotzdem durfte es an dem Tag nicht unbedingt grau sein oder regnen. Die Mitbüger und -bürgerinnen sollten doch keinen Verdacht schöpfen, was geschehen konnte, wenn sie eine ältere Dame an Müllkübeln bei Regen sahen. Bei Sonne war das normal. Es gab ja auch die Flaschensammler, gegen die keiner was hatte. Mit wem Mutter jedoch nicht gerechnet hatte, war mein Onkel. Der liebte schon immer die Natur, Licht und auch kremiges Eis. So waren Tage mit sonnigen Abschnitten Tage, an denen er gerne draußen filmte.
Später, sehr viel später, arbeitete ich das Material auf: Mutter am Müllkübel bei Real, schimpfend in graugrüner Hose, Mutter hinter dem Blumenladen, als sie dabei erwischt wurde, wie sie kleine Müllpäckchen in die blaue Altpapiertonne gab, Mutter vor der Norddeutschen Landesbank mit ihrem Datencontainer. Und auf jedem dieser Filme schien die Sonne in köstlich kremigen Streifen. Mutter, aus dem Dunkel einer Überdachung hervorkommend, im Stechschritt, die Kamera fokussiert eine Biotonne im Vordergrund. Die Camera erhellt den Weg vor Mutter. Mutter kommt an der Biotonne an, die sie, gleich der Kamera, nur von der anderen Seite, die ganze Zeit im Blick gehabt haben muss. Sie klappt die Tonne auf und lässt einen dickeren Sack hineingleiten. Pfui Teufel!
Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man sieht die im Lichte die im Dunkeln sieht man nicht…
Wechselt die Beleuchtung und alles krieg neue Bedeutung…
Krieg ..t
Camera? Kamera?
Commt mir komisch vor. Oder liegt es am Schattenspiel?
Also ich mag kremiges Caramelleis. Das cühlt so schön die Cehle. Oder ist es die Vanilje?
I like a good remix.
Und ich dachte, das wäre das Bühnenbild für eine Wagner-Oper. Ist ’ne Rheintochter auf dem Bild.
Sind das zwei archaische Felsblöcke, da, vor der Mülltonne, und das Haus ist drum herum erbaut?
Dieser Text ist im Jahr 2020 bereits historisch:
1. Real-Supermärkte werden bald verschwinden
2. Die Tüten bei Rossmann und DM wurden abgeschafft
3. Die Sparkasse gibt es noch …
4. Ist der Begriff „Mitbüger und -bürgerinnen“ eigentlich politisch noch korrekt?
Datenmüll, Datenschutz; Datenkrieg, Cybermüll & Cyberkrieg. Warum das bisschen restliche Lebenszeit so sinnlos vergeudet wurde, erschließt sich mir nicht.