NSK STAAT

Ich bin jetzt Staaatsbürgerin. Staatsbürgerin des NSK STAATS. War ganz einfach. Nur den Antrag ausfüllen, Umschlag zu, Briefmarke draufkleben, 24 Euro überweisen. Das kann jeder. I, Eleadora Stein, being of sound mind and body, hereby declare that the information provided above is true and correct. Heute habe ich meinen Pass bekommen. Den echten. Dunkelgrün. Mit Wappen. Mein Foto ist drin. Damit komme ich überall hin. Über jede Grenze. Habe es schon probiert. In Schöna, da bin ich mit der Fähre rüber nach Hrensko, Oblaten kaufen. Da wurde ich auf dem Rückweg kontrolliert, weil ich so einen großen Rucksack hatte. Habe meinen NSK Potni List gezeigt. Das war alles in Ordnung. Der erste universale Staat für alle. Braucht kein Staatsgebiet. Nur ein paar Symbole und Rituale. Wahlen und so. Mehr braucht ja ein Staat nicht. Ein immaterieller Zustand. The NSK State denies in its fundamental acts the categories of (limited) territory, the principle of national borders, and advocates the law of transnationality. Das ist ja genauso wie damals, Paulus gegen Peter. Paulus hat ja gewonnen. Jeder kann Christ sein. Nicht bloß Juden. Und jeder kann Staatsbürger werden im NSK STAAT. Wirklich jeder. Macht doch mit. Ist ein Schritt hin zur geistigen Öffnung. The passport is a document of a subversive nature and unique value. So Symbole haben es mir ja angetan. Da bin ich total Fan von. Da will ich ja auch wissen, was der geheime Inhalt von scheinbar einfachen Symbolen ist. Die gibt es ja, diese Wirkungen, diese Verbindungen zwischen den geometrischen Formen und ihrer Wirkung auf mich. Der Malewitsch, der konnte ja dann nicht mehr. Der hatte ja das Schwarze Quadrat gemalt. Und danach gibt es ja nichts mehr. ART IS FANATICISM THAT DEMANDS DIPLOMACY.

Eleadora Stein
geb. am 12. 6. 1954 in Wilkau-Haßlau, ist eine vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin und Übersetzerin und eine der bekanntesten zeitgenössischen deutschsprachigen Autorinnen. Nach ihrer umfassenden Kritik an Sprach- und Bewusstseinsschubladen befasste sich Stein vor allem mit dem fortschreitenden Verschwinden des Subjekts. Frühwerke wie „Pilzbeschimpfung“ und „Versuch über den Mut“ machten sie in den späten 1970er Jahren schlagartig bekannt. Bei der Wiedervereinigung der 1990er Jahre vertrat sie vereinigungskritische Positionen gegenüber der Mehrheitsmeinung.

6 Kommentare

  1. Also ich lese keine Parteiprogramme. Mich interessieren bloß Symbole. Wahlen sind ja nichts anderes. Man wählt das schickste Logo. Das ist wie beim Einkaufen. Da läuft der Turnschuh schneller, wenn da drei Streifen drauf sind.

  2. „Und jeder kann Staatsbürger werden im NSK STAAT. Wirklich jeder. Macht doch mit. Ist ein Schritt hin zur geistigen Öffnung. The passport is a document of a subversive nature and unique value. So Symbole haben es mir ja angetan.“

    ANGETAN, wie man so sagt. Aber Symbole tun nichts, sie bedeuten nur. Das ist der erste offenkundige Widerspruch. Der zweite wird an der Stelle sichtbar, wo die Rede vom Staat, dessen Begriff ja für einen, allgemeinen Willen steht, so mir nichts, dir nichts in die erste Person übergeht.

    Kommentar drei treibt dieses Verfahren auf die Spitze. Das ist objektiv gesehen ironisch. Und es soll witzig sein, provozieren. Tut es aber nicht. Es macht traurig. In der Trauer aber wohnt Zorn über soviel Ignoranz den Katastrophen gegenüber, die unsere Geschichte bilden.

    Könnte sein, dass eine solche Erzeugung von Zorn Teil eines Wirkungskalküls wäre. Aber mit welchem Ziel. Irgendwann müsste sich der Ignorante erklären

  3. Es eine zweifelhafte, aber sehr beliebte rhetorische Technik, indem man die Bedeutung eines Wortes einfach auswechselt oder sich nur die heraus sucht, die einem passt. Besonders aufmerksam muss man sein, wenn Worte wie „offenkundig“ auftauchen. Ein „offenkundig“ kaschiert meist etwas ganz und gar nicht offenkundiges.

    Im Duden gibt es drei verschiedene Hauptbedeutungen für „angetan“. Wie man aus dem Kontext hier sehen kann, ist hier folgende Bedeutung gemeint: Wendungen, Redensarten, Sprichwörter: Von jemandem, etwas angetan sein (Gefallen an jemandem, etwas finden: sie waren von dem Konzert sehr angetan). Verbunden damit ist hier auch assoziativ die Bedeutung: sich etwas anziehen, sich eine bestimmte Kleidung anlegen.

    Es gibt also gar keinen Widerspruch, schon gar keinen offenkundigen.

    Und es gibt auch keinen zweiten Widerspruch. Nirgendwo geht im Text irgendetwas „so mir nichts, dir nichts“ in die erste Person über.

    Kommentar drei kann also kein „Verfahren“ (was auch immer damit gemeint ist) auf die Spitze treiben, weil das behauptete „Verfahren“ im Text überhaupt nicht existent ist.

    Ich glaube eher, Kommentar 3) ist eine Argumentum ad absurdum und beschreibt den Schluss von einem absurden Ergebnis (Turnschuhe mit drei Streifen sind schneller) auf die falsche Auslegung (Wahl nach Symbolen). Es soll also wohl weder ironisch noch witzig gemeint sein. Es soll wahrscheinlich eine Tendenz in ihrem Wesen aufzeigen, die heute immer verbreiteter wird.

    Und, nebenbei bemerkt: Sind Logos von kapitalistischen Unternehmen nichts anderes als Symbole mit dem Ziel, unser Denken auszuschalten?

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