„Von daher ist Ästhetische Theorie tatsächlich Gebetsmühlendynamik.“ (chlebnikov)

Gebetsmühlendynamik, seltsames Wort, aus Gebet und Mühle und Dynamik, natürlich ist das deutsche Wort „Mühle“ bloß eine Übersetzung, hier wird ja gerade nichts gemahlen, keine Körner in Pulver verwandelt, hier ist es ein Mantra, eine heilige Silbe, ein heiliges Wort oder ein heiliger Vers, der außen auf einem Rad, eine Rolle oder Walze geschrieben steht, und entweder dreht man sie, indem man sie in die Hand nimmt und duch geschickte Bewegung der Hand zum Drehen bringt, oder man lässt sie sie vom Wind drehen oder vom Wasser, und hier geht es um das Erkennen, um zur Erleuchtung zu gelangen und dann zur Erlösung, ins Nirwana, ins Verwehen, also sich ins Große und Ganze aufzulösen, und irgendwie geht es ja auch darum, dieses Denken hier endlich aufzulösen, diesen Denken hier im Samsara, diesem Kreislauf aus Werden und Vergehen, endlich Schluss zu machen mit dieser Trennung zwischen Denken und Bedachten, dass also das Denken und das Bedachte endlich eins sind, dass man keine Worte mehr braucht und keine Vorstellungen, letztlich sind auch Namen nur sinnliche Materie, und jede Drehung eines Gebetsrads bringt uns Erkennen und Erlösung und Erleuchtung näher, und nicht nur den, der dreht, sondern ja auch alle anderen, auch die Kühe und die Krokodile und die Käfer und die Kornblumen und den Knöterich, und in der Dynamik geht es ja um Macht, um Macht mittels Kräften, also ist Gebetsmühlendynamik ein Begriff für eben diese Kräfte, die entfaltet werden durch das Drehen der Mantras, diese gewaltigen geistigen Kräfte hin zum Erkennen und Verlöschen und Verwehen, und Ästhetische Theorie beschäftigt sich ja mit einer Theorie der Kunst, also ob die Kunst ein Träger von Wahrheit ist, eine Wahrheitsprozedur würde Alain Badiou sagen, dass ein Kunstwerk zu Wahrheiten führt die ohne Begriffe auskommen, und diese Wahrheiten der Kunst sind nicht mehr oder weniger Wert als die Wahrheiten der anderen Wahrheitsprozeduren, wie Mathematik, Liebe, Philosophie oder Politik, alle diese Wege sind ja ganz eigene Wege zu Wahrheiten, und in der Kunst sollen ja die Wahrheiten irgendwie verrätselt sein, soll ja das Allgemeine im Besonderen aufscheinen, zeigt sich die Wahrheit eines ganzen Lebens in einem Paar Bauernschuhe, aber die Liebe ist ja nicht weniger verrätselt als die Kunst und die Politik und die Philosophie, und selbst die mathematischen Räume sind ja voller Rätsel, eigentlich ist ja die ganze Mathematik ein einziges Rätsel, bis heute weiß man ja nicht, was Zahlen eigentlich sind, da gib es nur irgendwelche Hilfskonstruktionen dass das Zeichen für die Nullmenge ja ein Zeichen ist und schon haben wir die eins herbeigezaubert, so einfach ist das, dann also, wenn die Ästhetische Theorie tatsächlich Gebetsmühlendynamik ist, dann ist also die Ästhetische Theorie etwas, was die Kraft eines Gebetsrades entfaltet, die Theorie wird hier zu dem, was zum Erkennen und Erleuchten und Verwehen führt, und das ist ja auch richtig so, zeigen sich doch in der Theorie selbst Wahrheiten, sie entfalten sich dort, genauso wie in jeder Theorie, wie in jedem Kunstwerk, wie in jeder Politik und in jeder Rechnung und in jeder Liebe, so ist also nicht nur die Ästhetische Theorie Gebetsmühlendynamik, oder besser Gebetsradsdynamik, sondern eben jede der Wahrheitsprozeduren, die Ästhetische Theorie ist Gebetsradsdynamik und die Mathematik ist Gebetsradsdynamik und die Poltik ist Gebetsradsdynamik und die Philosophie ist Gebetsradsdynamik und die Liebe ist Gebetsradsdynamik, jede Form der Wahrheitsprozedur ist Gebetsradsdynamik, und jetzt dreht sich diese Zeile, und hier sieht man auch, dass es ja keine Trennung zwischen Gefühl und Denken gibt, dass dies ja eins ist, und jetzt, am Ende dieses Textes, wenn wir diesen Text wie eine Leiter benutzt haben, ihn an ein Staubkorn Erkenntnis gelehnt haben und hinauf gestiegen sind, ein winziges Stückchen der Erleuchtung näher sind, jetzt müssen wir die Leiter wegwerfen, denn all diese Sätze sind ja unsinnig.

Wassili Busskläff
Finnegans Wakes, 5,5 ff.: „Of the first was he to bare armes and a name: Wassaily Booslaeugh of Riesengeborg. His crest of huroldry, in vert with ancillars, troublant, argent, a hegoak, poursuivant, horrid, horned. His scutschum fessed, with arches strung, helio, of the second. Hootch is for husbandman handling his hoe.“ Das ist die einzige Erwähnung W. Busskläffs in den Quellen.

7 Kommentare

  1. „und hier sieht man auch, dass es ja keine Trennung zwischen Gefühl und Denken gibt“

    ja

    genau das sieht man an dem ganzen text dort oben, subjekt und

    objekt schieben sich ineinander, als wären sie nie zu zweit gewesen

    jaja

    „dass dies ja eins ist, und jetzt, am Ende dieses Textes,“

    huuh, haah, hohoho

    die ultimative metapher (aus dem 5./6./7. Jahrhundert)

  2. „Ich sah mich als Künstler, und hielt mich für gelehrt.
    Aber die Quelle der Schönheit ist Liebe
    und die Quelle der Weisheit ist Licht.
    Wenn man zur Quelle gelangt, findet man Weisheit.
    Aber wie so vieles haben wir es vergessen.“

  3. Herr Busskläff, vielleicht suchen Sie sich mal einen richtigen Namen? Einen, dem man die Spuren seines pragmatisch geordneten Gebrauchs anmerken kann. Ansonsten käme man nämlich als Leser allzu leicht auf die Idee, die Struktur Ihrer Benennung wäre analog zu der in den Namen Lenin, Stalin, Hitler, Waubein oder Suppencaspar objektiv ausgedrückten.

    Hochachtungsvoll,
    Ihr Gleb Rosenzweig,

    (geb. Mühsam)

  4. Tja, lieber gleb, da lässt nichts ändern, der Name ist dem Wassili fest angeglebt. Dem hat ihm sein Vater gegeben, der Finnigan, damals, als er erwachte, im Riesengeborg.

  5. Hallo Jutta!

    Wie geht es dir heute? Ich heiße mittlerweile Glebe und merke so langsam: ich steh voll auf dich!

    Bitte nimm mir die Of’hejd njübel,
    G.

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