Liebe (ein philofeministisches Groschenroman-Fragment)

„Du Schuft  und dein dir eigener boshafter, chauvinistisch getränkter Charakter kann mir gestohlen bleiben! Ab jetzt suche ich mir einen sensiblen Mann, einen, der mich auf Händen trägt, der mich, eine Frau, als vollwertigen Menschen ansieht und nicht nur als ein Stück Fleisch mit dem man alles machen kann und das erst plattgeklopft so recht genießbar wird.“

Sie wandte sich von ihm ab und obwohl sie sich unwillkürlich der Inszenierung dieses Abwendens – wie in den unzähligen von ihr so geliebten Schwarz-Weiß-Filmen – bewußt wurde, so war das in ihr brodelnde Konglomerat aus Traurigkeit, Wut, Hass und Sehnsucht nach Liebe doch so authentisch, dass die Mischung aus Geste und Vehemenz ihrer Emotionen ein winziges Lächeln in ihre Mundwinkel zauberte. Konnte es sein – hatte sie etwa Spaß an ihrer Rolle?

Während sie diese, ihr Selbst-Bewußtsein hinterfragenden Gedanken beseite schob und rasch nach seiner Reaktion auf ihre halbe Performance lugte, überraschte sie die mittlerweile in seinen Blick getretende, entwaffnende Milde.

„Ja, Endstation Sehnsucht, meine liebste Seeräuberjenny. Es ist wahr! Sicherlich bin ich ein epischer Schuft brecht’scher Proportionen!
Und manchmal ist’s mir – und scheint’s dir, ich kann es dir nicht verkennen – als wärst du jenem, auch mir beizeiten fremden Ich, nur Beiwerk, nur Zuckerguss dessen wahrer, egomanisch-selbstzerstörerischer Natur.

Doch was liegt darunter verborgen, was ist es, das dich – trotz allem – spielen, das dich lächeln, das dich deine Gefühle, obschon umherwirbelnd wie ein karibischer Sturm, tief, ruhig und klar in dessen Auge wissen lässt?“

Nun wandte er sich langsam, mit wohlkalkulierter Theatralik von ihr ab – jeder seiner nun folgenden Schritte schien einem Zweck zu folgen – und während er sich sicher sein konnte, dass sich ihre Hoffnung auf seinem Rücken sanft bettete, ertönten die ersten Klänge von Chopins zweitem Klavierkonzert.

Faron Bebt
schreibt Geschichten mit bunten Botschaften und einem hartem Kern. Immer etwas dogmatisch, aus der Zeit gefallen, verstörend verträumt - wie letzte, angemalte Großstadtbunker --Farbbeton.

8 Kommentare

    1. Wieso das denn?

      Vielleicht beschreibt der Text eine archetypische Konfliktsituation, der keine Ideologie zuleibe rücken kann? Ist der Text eventuell also als Plädoyer dafür zu verstehen, dass wir Menschen trotz aller Schwächen und Unvollkommenheiten lieben wollen, lieben können; dass Wahrheit kalt und grausam sein sein kann und eine Lüge – kommt Zeit, kommt Not – ein Freund?

      Womit wir wieder bei der Ideologie wären: ein „notwendig falsches Bewußtsein“, war es nicht dies, die bessere Welt sehen zu können, bevor sie entstanden ist, was der Depression, die der Alltag oft ist, eine Sonne entgegen zu stellen vermochte? Zugegeben: eine heiße, gefährliche Sonne – aber wie viel schaler ist das flackernde Licht an den Wänden der Höhle?

      Mein Text wertet oder entwertet nicht, er ist eher als assoziatives Stilleben gedacht.

  1. plattklopfen – lang ists her! empfehle dazu rachmaninov. chopin ist – mit verlaub – was für missionare. in der hoffnung, dass sich zum wochenende was auf meinem rücken bettet…

  2. Tipp einer AutorIn: Ich würde die Klammer im Titel streichen. Die Lesenden sollen doch bitte schön selbst dahinter kommen dürfen, wie das Konstrukt „Liebe“ hier gemeint sein könnte. Übrigens, ärgern darf es, soll es aber nicht.

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