neujahr in florenc

unter den gleisen der hochbahn liegen wir
sie schwebt davon auf dem gewölbten bett
rote speisewaggons : blaue für rollstuhlfahrer
in grünen sitzen lauter Niemand : braune
güterwagen hasten polternd vorüber

die alarmsirene eines autos : dem sich jemand
zu dicht näherte : weckt die einst torkelnden
kinder im laufschritt : im zickzack wackeln sie herbei
jemand wärmt den dieselantrieb lärmend vor
der trunkene grabscht nach : du ziehst die jacke drüber

welch schreck : kein moos : raketen fliegen hier und da
wie sprühend auf : die menge folgt ihnen
mit blicken : schiffe treiben führungslos im fluß
und die kajüte tanzt : von zeit zu zeit ein kracher
sachte landet zwischen beinen : asche

die geister werden ausgetrieben : schweinenacken
wandern gargegrillt am spieß auf tische tief im keller
müde beiß ich in mein butterbrot : das eine schüssel ist
voll dicker suppe : die kellnerin : sie rennt und wedelt
mit den händen : sekt kullert aus der flasche

der geist ist raus : nein
warum seufzt du so
es ist geschehn : das neue jahr
muß irgendwann : zum glück
gezwungen enden

Theodor Holz
geb. in Dresden im Herbst 1989, hab die Wendewirren mit der Muttermilch aufgesogen, Pflastersteine wurden aus dem Bahnhofsvorplatz gerissen und flogen knapp an meinem Kinderwagen vorbei, meine Mutter konnte ihren Beruf als Jungpionierleiterin auf dem Albrechtsberg nicht mehr ausüben, sie nahm an einer Umschulung zur Altenpflegerin teil, während ich brav die Kreuzschule besuchte.

Ein Kommentar

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert