Dies ist kein Tischgespräch

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Bei Konsum kaufe ich drei von den gummiartigen Broten im Angebot und trage sie in einer durchsichtigen Plastiktüte nach Hause. Von Konsum bis ins Haus sind es ungefähr drei Minuten zu Fuß. Die Plastiktüte torkelt neben mir her und ihr Knistern beruhigt mich. Die Farbe erinnert an Pfefferminze und gut gestrichene Zimmerwände, die in halbdunklen Räumen und vor Zimmerpalmen von diskreter und sorgfältiger Farbwahl zeugen. Das Glatteis ist mit Salz bestreut, so dass ich den Weg unfallfrei überstehe. Ich schließe die Tür auf und gehe die drei Etagen hinauf. Auf jeder Etage kommt mir ein anderer Geruch entgegen, Wischwasser im Erdgeschoss neben den Briefkästen, meiner ist leer bis auf einen Prospekt von Márkt, der Wurstwaren anpreist. Ich werfe ihn ungelesen in die Papiertonne. In der ersten Etage riecht es schon nach Abendbrot, Knoblauch, und der Duft von frisch gebackenem Brot lässt mich an die Habseligkeiten in meiner Tüte denken. Ich weiß, dass sich in meinem Kühlschrank ein nur wenig angeschnittenes Stück Butter befindet. Der Wohlgeruch aus der ersten Etage steht für Besuch und gesunde Beziehungen. Die zweite Etage ist dunkel und ich ahne, dass hier vor kurzem ein glückliches Paar die Treppen hinuntergegangen sein muss, ein blumiger Damenduft mischt sich unter den herben Duft von Rasierwasser, wahrscheinlich gibt es den auch als Deodorant. In der Küche lege ich die minzgrüne Tüte ab, öffne den Kühlschrank und hole die Butter heraus. Ich schneide etwas von dem steinharten, nur wenig eingedrückten Stück ab und lege es auf eine Scheibe von dem gummiartigen Brot. Da ich Sehnsucht nach Romantik habe, knipse ich das Deckenlicht aus und schiebe den Stecker einer Lichterkette in die Dose. Steinharte Butter auf gummiartigem Brot, Schummriges aus der Lichterkette und leise Musik aus der Retorte sind meine Restromantik. Der Schnee fällt in sanften Flocken vor dem Fenster auf den Boden.

 

 

schwaene werden nicht gegessen
ein projekt barocker schaugeflügelkunst,

8 Kommentare

  1. in der tat: es ist nicht schön, allein zu sein. da machen sich depressionen breit, ein kloßgefühl. und mama wird – von fall zu fall – für alles verantwortlich gemacht oder ist eben doch die beste. wer einmal im schneckenhaus sitzt, muss sich zum ausgang winden. wenn er denn will… WIE LANGE DAUERT EINSAMKEIT? UND WARUM? je länger der einroll-effekt andauert, desto schwieriger wird es, die steifen glieder zu recken und kontakt mit der außenwelt aufzunehmen. es sei denn, man mag hocken bleiben da drinnen. man schämt sich seiner nacktheit. man hadert. WIE LANGE? EIN SOMMER? EIN HERBST? EIN WINTER? die fühler rauszustrecken macht keine mühe, ist doch eh nur ein evolutionärer reflex. sind wir nicht alle nackt geboren und letztlich darwinisten?
    apropos: wer verwertet eigentlich das schwanfleisch? gammelt das vor sich hin oder ist es auf die gnade irgendwelcher mikroben angewiesen? ach schwan, leben! und tischgespräche annehmen.

  2. hallo liebes rapunzel, hier ein ungegessener schwan, nicht vermodert, sondern präpariert für eine ungewisse zukunft, da ein einsamer wanderer, wie schön, dass Sie sich wieder einmal gemeldet haben. die verwaltung des schwanenfleisches übt sich in der verwaltung der buchstaben, eine struktur ist im entstehen begriffen und lädt Sie zum mitmachen ein. ich hoffe es geht ihnen einigermaßen gut und ich muss nicht den notarzt rufen, das tun schon meine romanfiguren, die op schreitet voran und wird sicher erfolgreich beendet werden. die seitenzahl wird noch nicht verraten. bitte bleiben sie dran, der schwan kann jederzeit in aller frische einen neuen flug starten. schöner noch ist es mit einer glatten schwän-in. und: kennen sie diese küche? man möchte fast glauben, es sei die meinige – ist der meinigen sehr ähnlich – es ist die küche der Casa Mila – ja. ich habe es geschafft, war tatsächlich dort.

  3. „casa stadion“ wäre dichter dran gewesen… nun, „casa mila“ ist sicher aufregender. die erinnerung daran kann ich jedoch nicht teilen, das dialogfeld war kurzzeitig unterbrochen. lag im „casa mila“ stift und zettel? und waren alle stühle besetzt oder blieb einer leer?

  4. komisch. ein leerer stuhl hat eine poetische strahlkraft, so oft er auch wieder benutzt und beschrieben werden mag. bitte setzen, und ab und an aufstehen. … es gab dort viele leere stühle, ein museum, kurzeitig vielbesucht und wieder in die nächtliche leere entlassen. leere – etwas, wovon wir lesen und leben.

  5. mmh: familie und leere. füllen wir die leere mit menschen, die wir aufgrund der gemeinsamen DNA familie nennen? oder nennen wir den raum um eben jene menschen leere? ein leerer marktplatz erfreut gerade in der morgendämmerung mein herz. behutsam radle ich durch die blase. platz ist da!

  6. dna + paarungsbereitschaft: die einfachste methode, sich ausreichend gesellschaft und situationen zu verschaffen. selbst produzierte gesellschaft. erschaffen sie sich ihr soziales umfeld selbst – dank paarung und dna. in wenigen jahren haben sie mehr gesellschaft, als sie je haben wollten – gepriesen seien alle, die das kapiert und beherzigt haben. wem es kein kopfzerbrechen bereitet, bei dem hat die dna eigenschaften, die den iq glücklich tief halten. wems kopfzerbrechen bereitet, also liebe kopfarbeiter, bei ihnen hat der unterleib keine chance. sie sind nicht paarungsbereit. also fällt die entscheidung für den passenden text und die kommende blamage 1dnadimensional am schreibtisch. wer mag seine fremd-dna dazu tun, ohne sich zu paaren? lieb rapunzel, sie sind in meinen gedanken, und ihre exposees erste sahne. ein weiteres publikations-versüchlein gefällig? aber bitte mit fötusartigen lünglein. ich ziehe mein käppchen vor ihnen.

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