Muggel

Ach Harry, diese Muggel. Die Menschen ohne magische Begabung. Wie schwer es ist, mit ihnen umzugehn. Sie zu umgehn ist besser. Welcher G – Schlüssel hat mich geritten, in dieses Torhaus zu fahren. Die Hoffnung auf eine gute Narretei ? Der Wunsch nach einem magischen Moment an einem tristen Sonntagnachmittag ? ( Das wärs. Doch weit gefehlt. ) Was also trieb mich hin ? In ein Konzert, das ich bei klarer Scheibe von vornherein gemieden hätte. Die Liebe. Die Liebe zu einer alten Dame und zur Musik ganz allgemein und unerschütterbar. Ich liebe Bach. Und Beethoven ist in Ordnung. Mozart – eine Köstlichkeit und Händel könnte schön sein. Und ich liebe Jazz.

Das stereotype Verwandeln genialer musikalischer Einfälle der Altmeister in endloses Jazzgedudel ist allerdings so mit das erste, was ich im Radio abdrehen würde. ( Wo ist der Knopf. Oh Harry hilf. ) Sehr kühn auch Improvisation benannt. Oder heißt das Adaption in diesem Fall ? Keine Ahnung. Jedenfalls Fingerarbeit. Im Akkord. Soweit Klavier, Respekt. Doch die Mechanik nicht zu überhören. Die Mugge nicht zu übersehn. ( So heißt es , das Gelegenheitsgeschäft. )

Und der Posaunenengel erst. Besser gesagt – der Saxophonist – mit dem Antlitz eines Posaunenengels. Rehblick, sanft und helles Blau. Ein Lächeln nach vollbrachtem Ton, das man in der Schale des Zorns ersäufen möchte, auf daß ihm Flügel wachsen, in der Lunge. Als dann der Knabe noch zur Flöte greift, richte ich verstohlen meinen Kugelschreiber auf ihn und flüstere entschlossen : Expelliamus ! Aber nichts geschieht. Ich bin wohl doch ein Squib. Und dies ist keine zauberhafte Stunde.

Bei Titel 3 das leichte Kribbeln im Gebälk. Mit Titel 6 der Schweißausbruch. Die Denkschleife rudimentär : reductio, reductio…Nach Titel 9 – der Herr in Deckung schläft bereits – das völlig außer Kontrolle geratende Bedürfnis nach Dehnung, nicht nur des Rachenraums. Die Eselsohren der überdimensionalen Eintrittskarte in den Händen meiner Stuhlnachbarin sind inzwischen so weit durchgeknetet, daß sie schlapp herunterhängen, konsequent eingefaltet, Verweigerung total. Eine Handtasche gleitet zu Boden. Hörsturz. Stupor, röchele ich, stupor. Und endlich ist der Gegner außer Gefecht.

Applaus Applaus. Ich will nachhaus. Wenn Mugger muggen, dann ist das wohl in Ordnung. Aber wenn Muggel muggen, dann halt ich das nicht aus. Zuviel Gemuggel aller Art, in Wort und Bild und Ton und Tat, zu wenig magische Begabung.

6 Kommentare

  1. Der Mucker muckte. Er muckte auf. Streifte sich seine Ein-Strich-Kein-Strich über, damit niemand ihn erkannte. Auf freiem Feld. Niemand erkannte ihn. Er grub sich mit dem Spaten eine Mulde, muckerte so vor sich hin. Von Mugge war weit und breit keine Spur.

  2. man kommt wohl eben nicht umhin, sich bei bestimmten düften die nase zuzuhalten. dennoch frage ich mich immer öfter nach der landschaft, in der das epos spielt. hier scheint es sich um eine evangelische kirche zu handeln. mehr will ich jetzt nicht dazu sagen, aber ich muss schon gestehen – die vorstellung eines plötzlich (vom beifall ausgelösten) kreuzes-das-zum-himmel-schwebt und dabei auf seinem weg natürlich einigen hindernissen begegnet, zuerst mal das frisch gedeckte dach, macht mir schon arg zu schaffen. vielleicht hat ja der herr in einem akt der wiedererinnerung auch jenen gegenstand in sein herz geschlossen, der einstmals nur den hintergrund für das dramatische ganze abzugeben hatte – wenn schon reliquie, dann aber richtig … es lebe die zeder vom kreuz, wer weiß, ob sie noch teil der sich aktiv reproduzierenden biosphäre ist!

  3. Sie wollte nicht aufhören zu tönen. Wie eine Okarina, die den Wind durch alle Löcher pfeifen ließ, hatte sie sich geöffnet, aber je älter sie wurde, um so bedachter war sie darauf, all das abzustreifen, was sie behinderte, was ihr – die Löcher verstopfte – wie sie spaßhaft sagte, abzulegen, was ihr lästig war, was sie einengte oder ihr die Freude verdarb.

  4. „Ich bin eine grenzenlose Mitte“ – „Ein Raum ohne Rand, Kreis ohne Mitte“ – „Ich bin ein Roman“ – sprach es mit deutlicher Stimme. Dann verstummte es und – hier kommt plötzlich eine neue Stimme ins Spiel – verbrachte die nächsten … tönend zwischen den nächstbesten beiden … Darunter stapelten sich die Knochen einer halben Generation; manchmal taut es, dann fängt die Luft an zu zittern … … –

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