Mr. Klopsig und Mrs. Edelsüß, Wonderbra-Teil 31

Frau Klöpser beim Einsatz

Eigentlich mag ich keine Klopse, Königsberger schon gar nicht. Wenn es zu Hause was mit Kapern gab, stand ich demonstrativ vom Tisch auf, die empfangenen Ohrfeigen konnten mich nicht beeindrucken. Lieber zwei Watschen im Gesicht als eine Kaper mit Klops zwischen den Zähnen und deren Geschmack auf der Zunge.  Was ich noch nicht mag, sind Popstars. Wenn ich einen sehe, stehe ich abermals demonstrativ vom Tisch auf. Lieber ein Tag auf dem Arbeitsamt und ein anschließender Arbeitseinsatz in den ortsnahen Parkanlagen, als einer verbracht vor Youtube, mit dem Popstar, dem Prinzen, den man einst geliebt hat. Betonung auf „einst geliebt“. Der Herr hat wiederum einen Anzug angelegt, mit Weste und Kravatte, die Poppertolle schleimig in der Stirn. Jetzt lieber Jacke anziehen, Tür hinter sich zuschließen und ab zum Arbeitsamt. Da lungern andere Gestalten herum. Knittrige Plastetüten beherbergen rudimentär ausgefüllte Unterlagen, die Beraterin sagt achselzuckend: Sie sind schwer vermittelbar. Welch ein Brechmittel! Doch lieber jetzt das aushalten, als noch einmal Mr. Vanill sehen. Mr. Vanill! Welch ein Name. Steht man auf dem Arbeitsamt, kurz vor Kurt und der Arbeitsvermittlung, den dickbäuchigen Effsieben-Raucher vor sich in der Schlange, taugt dieser Klang V-a-n-i-l-l schon wieder zur Lebensverschönerung. „Frau Klöpser, bitte!“ Ich bin dran. „Ich möchte einen Job an der Theke.“ „Haben wir nicht. Gehen Sie doch ins Call-Center. Da haben Sie doch Berufserfahrung. Was sitzen Sie zu Hause herum, na? Sind Sie etwa internetsüchtig? Was kucken Sie da bei Youtube herum, Sie? Was gibt es da zu starren? Na? Lust auf Call-Center? Sind doch redegewand, Sie. Aber den Doktor, den lassen Sie mal weg. Wie heißt ihr Avatar? Miss Edelsüß? Meine Freundin nennt sich Piggy. Mr. Vanill – was für ein Name. Frau Klöpser, man müsste nochmal 16 sein, nicht wahr? Und schwärmen dürfen, schwärmen… Nun, die Stellenangebote. Da hätte ich was bei standing ovations für Sie. Eizellen eintüten. Im Gefrierzentrum. Da müssen Sie auch nicht… Drei Euro die Stunde… Frau Klöpser?“ Miss Edelsüß hat das Zimmer der Beraterin verlassen. Ich heiße nicht Klöpser. Ich mach das für Vanill. V-a-n-i-l-l. Hinter der schmierigen Glastür stelle ich mich zu Fräulein Hartz und zünde mir geschwisterlich eine Effsieben an. „Bitte, haben Sie eine Zigarette für mich?“ Mein Konto ist in den Miesen, so wie Ihrs. Aber eine Effsieben, die sollte man sich teilen.“ Ich habe Erfolg bei Fräulein Hartz. Glücklich ziehe ich an der Fluppe und inhaliere den Qualm. Meine Stärken sind unbestreitbar Durchsetzungsvermögen, Charme & rhetorisches Geschick. Danke, lieber Vanill!

crysantheme
Wer eine Crysantheme verblühen lässt oder ihr den Kopf vor ihrer Zeit abschneidet, der erntet zur Strafe nur noch grünes Friedhofskraut.

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