Mit mir der Weltgeist.

Als wollte uns kein Verlängerungswille mehr: Tram 12. Da gestanden. Schnee nicht nur um mich herum, sondern auch unter meinen billigen Schuhn. Es giebt keine Chance auszubrechen, dachte ich in diesem Moment, als die Tram 12 immer noch nicht kam. Es war ein ähnlich dunkelgelber Bus. Wieso fährt der vorbei? Er sieht doch, dass wir hier frieren … ich drück irgendeinen Knopf am Fahrscheinautomaten: 4,70. Münzen hab ich immer in der Hand. Werf was ein. 55 Cent fehlen. Ich schau mich um. Mit wem willst du ins Gespräch kommen. Mit nobody. Weltgeist auf Eis. Frage ausweglos. Obwohl sich jeder freut, wenn er angesprochen wird. Komische Welt. Noch ne Station. Warum sollte ich nicht hier schon aussteigen? Es giebt keinen Grund, es nicht zu thun. Ich machs. Friere. Aber schon drei Minuten später kommt die nächste Bahn. Die Nummer oben auf ihrer Stirn ist mir egal. Steige ein. Warm. Albertinenallee, sagt mir die freundliche Stimme aus dem Off. Ich weiss nicht, ob die andern das mitgekriegt haben. Natürlich, dass sie mir das gesagt hat. Obwohl ich noch gar nicht aussteigen wollte. Obwohl einige schöne Gesichter am Steig standen. Die Welt und das Leben dazu ist komisch: Seitdem für mich Wörter keine Rolle spielen, spielen nur noch Gesichter eine Rolle

van hengel
Willi van Hengel: geb. 1963 in Oberbruch, hat Philosophie, Politik und Germanistik in Bonn studiert, Abschlußarbeit über Nietzsche und Derrida, anschließende Dissertation gescheitert, lebt in Berlin. Veröffentlichungen: Lucile (Roman, Berlin 2006), Morbus vitalis (Roman, Schweinfurt 2009), Wunderblöcke (Prosastücke, Schweinfur

4 Kommentare

  1. nun hören sie mir mal zu, mein freund: es gibt weltseele und weltgeist. damit ließe sich noch operieren. aber ihre sprachmontagen kommen mir vor wie krümel, die in ihrer anordnung nur die konturlosigkeit alter unterhosen erreichen.

  2. >> Nach uns der Weltgeist, vor uns – Zukunft.
    >> Welche?
    >> Ostern.
    >> Bitte nicht!
    >> Doch, die ein für allemal festgestellte.
    >> Zukunft?
    >> Ja. Ostern 06, aber nicht das heurige

  3. Der Kommentar mit den Unterhosen war eigentlich wenig zutreffend. Denn hier knirscht der Schnee. Unter den Profilsohlen. Zentimeter um Zentimeter wird es größer. Eingerissene Konturen. Ich gehe nicht freiwillig in den dunklen Keller – und dennoch werde ich irgendwie immer wieder dorthin geführt. Da steckt doch ein System dahinter. Ich entdecke etwas, wo ich genau hinsehen möchte. Konturgewinn durch Machtverlust.

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