augenwinkeladvokat

Ich kann es Ihnen auch einen Zacken schärfer machen, wenn Sie wollen. Ich könnte mir Hunderte spitzer Zähne wachsen lassen, Ihr Herz schlüge schneller, ich könnte Ihre Nerven mit warmem Honig bestreichen, Ihnen den Rücken zerkratzen. Fühlen Sie meine Fingerspitzen trotz des Wassers? Sie müssen außerordentlich empfindsam sein, denn ich berühre Sie kaum. Möglich, dass noch einige Entfernung zwischen uns liegt und Sie wirklich nur den Schatten spüren, den meine Worte in Ihrem Kopf werfen. Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, mich Ihnen anders zu nähern, als Sie es wollen. Möchten Sie ein Glas kühlen Riesling, eine Tasse grünen Tee?  Es ist alles vorbereitet. Ich dachte mir, dass Sie raue Haut interessant finden würden. Ihre Empfindsamkeit spricht dafür. Ich werde sie für ein paar Augenblicke behalten. Die Gefahr der Verletzung verlangt, dass man nicht blindlings irgend etwas tut.

eisenhans
Martin Jankowski: geb. 1965 in Greifswald, lebt in Berlin. Songs, Gedichte, Essays, Erzählungen, Roman. Zuletzt göttliches vergnügen auf erden und kosmonautenwalzer (Lyrik, beide aphaia Verlag 2014).

2 Kommentare

  1. hier ist auch soundroom wieder im spiel, bei dem immer alles „einen zacken schärfer“ war – wir denken an den russen und die alte laufmasche.

  2. ja, wir bestreichen uns mit honig. ja, wir locken alles an, was brummt und sticht. gelb-schwarz gestreift ist und durchsichtig beflügelt. die zwei- und die vierflügler. die sonntags ausflügler. und dann die anderen ungetüme, kritzekratze! flöhe, wanzen, läuse. sie piesacken uns, und fühlen sich wohl auf uns. bohren sich ein. was meinen sie denn, warum die haut der säugetiere mit sensoren ausgestattet ist, die juckreiz auslösen? damit wir uns kratzen dürfen. da kratzen wir uns die haut kaputt, bis alles lästige getier die soeben erst aufgespürte komfortzone verlassen hat. so hat es die natur eingerichtet, sie richtet sich, trotz aller atompolitik immer wieder ein, und das ist gut. ich kratze ihnen gern den pelz.

    (anm.: die z1 ist zwar keine kohlenstoffkette, verdient aber gleichfalls respekt: wir sind alle speicherplätze für unzähliges treibgut – doch auf den punkt gebracht, benötigen wir immer nur exakt 10 sorten.)

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