Poesie ist keine Lebensform
Poesie ist Rückzug vom Leben
Selbstgespräch mit Gott
Sprachspiel gegen sich selbst
Poesie ist eine Illusion
Poesie ist eine Illustration
Draußen zerkratzen die Häuser
Wolken : lautstark
Wie leise kommt die Poesie
Daher : eine Katze
Die sich allein nicht ernähren kann
Irgendjemand gibt ihr Futter
Noch rankt sich kein Wein
An den entvölkerten Türmen
Empor : noch stürzen
Die Flugzeuge ab : wer
Spendet Trost : die Priester
Bedienen sich der Poesie
Um den Kult zu erneuern
Und selig zu sterben
Im Menschenkloster
Das sie gründen
Für Abtrünnige
Gefallen aus der Kirche
Poesie führt sie im Garten
Zusammen : Poesie
Trennt und vereint
Sie des Nachts
Das mit der Katze verstehe ich ja noch, aber warum schickt Herr Holz uns anschließend ins Kloster und zu seinen Priestern? Habe ich da wieder etwas überlesen, nicht kapiert?? Oder sind ihm die Metaphern aufgrund persönlicher Präferenzen nun vollends entglitten? Die Struktur ist straff, er will uns führen – aber am Ende kam ich mir richtig doof vor.
Mir geht das auch grad so!
hm, die praxis gibt den worten ihren sinn. ich finde das eigentlich klar.
Wenn du etwas kapiert hättest, wäre es keine Poesie 😉
Wunderbar, dieses Lösungsanbebot. Ich komme mir doof vor, und um nicht ganz doof da zu stehen, schlussfolgere ich, dass es sich um Poesie handelt. Damit bin ich fein raus und daas innere Gleichgewicht ist wieder hergestellt. Jetzt habe ich richtig was geschafft und ddarf mir als Balohnung einen Kaffee aufbrühen.
Guten Morgen!
Sorry, ich bin noch nicht ganz wach. Da hat der Kaffee doch gefehlt. Lösungsangebot, schlussforger – äh, schlussfolgern, oder besser: Schlußvolgern, das, zur Belohnung.
Aber doof sein ist ja heutzutage nicht mehr nur ein Privileg, sondern eine Aufgabe.
Das Gedicht ist ein poetisches Biopic. Dem Genre entsprechend, macht Herr Holz es inhaltlich und auch formal recht gut. Trotz allem schmückt er sich mit fremden Lorbeeren, was mich dezent sauer aufstoßen lässt. Herr Holz sucht sich, wie viele Dichtende, seine Themen auf den Friedhöfen der Geschichte, er gibt sich Mühe und sein Ethos ist redlich. Bis auf die letzte Zeile: des Nachts. Vorsichtig gesagt, finde ich sie unanständig. Aber sie bietet auch Anlass für Neugier: Findet sich in Herrn Holz eventuell demnächst ein neuer „Kandidat für den Bad Sex Award“ (Denis Scheck)?
Was ist denn daran dunkelbraun. Hellgrün ist es. Lindgrün. Oder meinetwegen pink Punk.
Wer nach Mitternacht so frisch und aufgeweckt ist, dass er oder sie Dennis Scheck lauschen oder zuschauen kann, die oder der hat wohl keinen oder schlechten Sex gehabt. Ich finde, die Gleichsetzung des Idioms „des Nachts“ = „Sex“ eine Spur zu kurz gegriffen. Sie passt zur unter Menschen und anderen Tagessäugetieren gerade populären Schmalspurbahn, sich nur auf eine Assoziation zu fixieren und daran festzuhalten bis zum Sturz. Für meinen Geschmack ist die Nacht zu divers, um nur für Sex da zu sein. Die letzte Zeile des Gedichts lese ich als eine Aufforderung zum Tanz ums Lagerfeuer. Und ist das nicht der eigentliche Ursprung aller Poesie? Meinte mal Rainer Kirsch („Das Wort und seine Strahlung“, in: „Ordnung im Spiegel“, Reclam, Leipzig, 1985, S. 17)
Beim ersten Lesen des Textes vor einigen Tagen hatte mich spontan – also ganz subjektiv – daran beglückt, ich gebe es zu: wie versöhnlich Herr Holz mittlerweile mit jenen visualakustischen Raketenbauern umgeht, die – auch das unbenommen – Opiumdealer sind für viel Folks… Ich nehme es als Zeichen für grassierende Altersweisheit, eines doch, erwiesenermaßen, chronisch Ungläubigen.
Endlich wieder in Combray. Und diesmal mit Sex. Zum Glück stehen die Jahrhunderte nicht still, bei aller Stille ringsum
Ein Vers macht noch keinen Satz
Aber: Und
In Jahrhundertdauer nun…
„Will die Umarmung nicht mehr enden“
zit. n. Günther Deicke, u.a. Bibl. Suhrkamp 299, 1971