7 auf einen Streich

Leidenschaft ist ihm nicht abzusprechen, dem Autor des sogenannten „Frontalangriffs auf die deutsche Lyrikszene“. Dieser Rundumschlag erschien am 6.Mai 2012 auf www.freitag.de unter der Überschrift : „Neue Lyrik – Neue Impotenz“.
So richtig überzeugend ist er aber nicht. Als Liebhaber. Der Dichtung und der Philosophie.
Er kennt sich aus der Schreiber. In Publikationen und einschlägigen Blogs. Und auch im deutschen Märchenwald. Des Kaisers neue Kleider und so. Und nicht nur das. Auch Eich, Celan und Brecht und Benn, natürlich Heiner Müller. Schon das gekonnte Aufzählen großer Namen erweckt den erektilen Schein von eigener Potenz. Das war schon immer so.
Und erregen kann er sich auch ganz gut. Über die ganzen schreibenden Hanseln und Greteln, die alle keine Ahnung haben. Vom Leben. Von der Sprache. Vom Poststalinismus und der geschundenen Natur.
Nebst Breschnew und Prignitz scheint der Verfasser auch den alten Spruch zu kennen: überholen, ohne einzuholen.

Was nämlich so ein richtiges tapferes Schneiderlein ist, da brauchts nicht mehr als die passende Mus-Schnitte und ein paar Fliegen drauf. Weit ausholen und kräftig zuschlagen. Allewetter ! Sieben auf einen Streich !! Das muss dann nur noch an den großen Gürtel und ab damit in die weite Welt. Ob Riese, Einhorn oder Wildsau, er nimmt es gleich mit allen auf. Der Held. Denn so gelangt man über Nacht zum Thron. (Welch Thron auch immer). Und die dusslige Königstochter gibts gratis dazu.( Man beachte die stolze Zahl der Kommentare unter diesem Artikel im freitag, die so drastisch plastisch vorführt, was dem Autor doch ein Graus: Eitelkeiten und Gedöns.)
Was für ein gelungener Streich.
So ein Freitagsschreiber ist eben kein Sonntagsschreiber. Er weiß was er tut.
In 3 Tagen mehr Klicks im verruchten Netz als vorher in drei Jahren.
Gewußt wie.

Und was nun, liebe sympathische Selbstbespiegeler, schrottige Schreiber und lebensfrohe Legastheniker ? Nicht mehr mit der Sprache spielen ? Finger weg vom Kopf ? Umsteigen auf Hantel und Beinpresse ? Shoppen und chillen ? Wie langweilig.
Wolln wir das Märchen vom Wolf und den 7 Geißlein aufführen ? Auch langweilig.
Eisenhans haben wir ja schon gespielt.

Wie wärs denn mal mit „Sechse kommen durch die ganze Welt“ ?

fryxell
Ilona Schlott: geb.1953, Studium Germanistik/Slawistik, 3 Jahre Lehrerin, 2 Kinder, Studium Gesang an der Hochschule für Musik Leipzig, seit 1984 freiberuflich als Sängerin und Autorin, lebt in Leipzig, Veröffentlichungen u.a.: Sol sajn (CD, Büchergilde 2009), Steißvogel (Leipziger Literaturverlag 2010).

3 Kommentare

  1. sehr amüsant, der herr martin mollnitz! großdichter des berühmten presseorgans wasserprawda aus der westprignitz (sic). sturm im dorfteich, die hündchen jaulen! die karawane (etwa weiter weg) zieht.

  2. fryxells entgegnung ist treffend geschrieben! ach wärs doch meiner feder entsprungen… allein die tinte stockt, ’s liegt wohl an den eisheiligen. zieht euch warm an!

  3. vielleicht ist es für manchen ratsam, doch lieber uhren zu sammeln als zu dichten. wunderbarer beitrag – da ist kein betrag mehr offen.

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