Echo auf: Traumseminar

Tomas Tranströmer, Traumseminar

Vier Milliarden Menschen auf der Erde.

Und alle schlafen, alle träumen.

Gesichter drängen sich und Körper

in jedem Traum –

die geträumten Menschen sind zahlreicher als wir.

Doch nehmen sie keinen Platz ein…

Bisweilen schläfst du im Theater ein.

Mitten im Stück sinken die Augenlider.

Kurze Zeit Doppelbeleuchtung: die Bühne vorn,

sie wird von einem Traume überrollt.

Dann ist da keine Bühne mehr, du bist sie.

(…)

Aus: Tomas Tranströmer, Sämtliche Gedichte. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel. Hanser Akzente. München 1997. S. 191f.

Dann ist da keine Bühne mehr, ich bin sie.

Und auf mir stampfen alle möglichen Leute herum,

verschwitzte Männer in Arbeitshosen, schnaufend, scheinbar vom Alltag erschöpft,

montieren den Scheinwerfer über meinem Kopf.

In eine Ecke meiner Kulissen wird ein Eimer mit Konfetti gestellt.

Eine halbfertig geschminkte Frau läuft nervös zu mir hinüber,

kehrt nach einem Augenblick wieder zurück, stellt einem Herrn in der zweiten Reihe eine Frage,

er antwortet kurz, ihre Stimmen werden nur wie unter Wasser gehört,

sie verschwindet ,,behind my scenes”.

Die verschwitzten Männer schleppen allerlei Requisiten,

simpel gemalt auf alte Holzplatten;

Mainz, Stockholm, Uppsala, die Mosel.

Sie diskutieren miteinander in welcher Folge die Requisiten organisiert werden sollen,

sie kriegen Anweisungen von einer jungen gut gekleideten Frau mit dem Manus in der Hand.

Durch eine geöffnete Tür in meinem Saal sehe ich zwei in weißen Hemden

einen Rollbehälter ziehen, der klirrt.

Ich nicke ein, tief. Es fühlt sich an, als wären ein paar Stunden vergangen.

Doch langsam werde ich  mir einer Gegenwart bewusst, erregtes Gemurmel, einzelnes Gelächter.

Es ist dunkel, auch als ich anfange, meine Augen zu öffnen.

Einige Gestalten sind im Finstern und tauschen einige Worte miteinander aus.

Nach einer Zeit tritt eine von ihnen vor, sodass ein Lichtstrich auf sein Gesicht gezeichnet wird.

Er schüttelt sein Bein, atmet dann tief ein und bleibt still,

bevor der Vorhang sich öffnet.

Alexander Singh Nobel

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