Eine Stunde

Wurde uns geschenkt : damit wir
Durchs Laub gleiten : beinahe geräuschlos
Fällt es herab : die Äpfel schwimmen
Im Fließ : wir stechen das Ruder

Ins Flache und stoßen uns ab
Die Abstoßungskräfte : sie wachsen
Den Worten wohnt Unerbittlichkeit
Inne : jeder ist nur auf sich selbst

Bedacht : saure Gurken
In Dillsoße : gläsern eingesperrt
Das sind wir : wenn wir uns ansehen
Ohne uns wahrzunehmen : der Zeitzauberer

Hat uns eine Stunde geschenkt
Am längsten Tag des Jahres : wir
Nutzen sie : bis die Arme schmerzen

Die Stimme rau geworden ist : das Herz
Versteinert in der Waldmühle schlägt
Drei Häuser weiter der Holländermichel

Theodor Holz
geb. in Dresden im Herbst 1989, hab die Wendewirren mit der Muttermilch aufgesogen, Pflastersteine wurden aus dem Bahnhofsvorplatz gerissen und flogen knapp an meinem Kinderwagen vorbei, meine Mutter konnte ihren Beruf als Jungpionierleiterin auf dem Albrechtsberg nicht mehr ausüben, sie nahm an einer Umschulung zur Altenpflegerin teil, während ich brav die Kreuzschule besuchte.

2 Kommentare

  1. „Bedacht: saure Gurken
    In Dillsoße : gläsern eingesperrt
    Das sind wir“

    Dahin führt also die Befreiung des Menschen – ins Gurkenglas.

Schreibe einen Kommentar zu Aufklärung Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert