[…]Eine halbe Stunde später ist K. da. Sie trägt noch ihre Computerbrille, so sehr hat sie sich beeilt.
„Die Brille…“ Ich deute drauf.
Sie zerrt sich die Brille aus dem Gesicht.
Ich versuche Normalität. Wir liegen auf dem Sofa, trinken Pfefferminztee. Ich habe das Zeug nur für sie im Haus. Damals, vor 20 Jahren, wir bewohnten im besetzten Haus Bülowstraße 10 gemeinsam ein Zimmer, riesig wie eine Bahnhofswartehalle, stand K. abends in der Gemeinschaftsküche und bereitete sich eine Thermoskanne voll Pfefferminztee zu. Jeden Abend, bevor sie ins Bett kroch, die gleiche Prozedur. Um uns herum Gewerkel und Gebell, Dead Kennedys, Iggy Pop und eine Session mit Bongos Marke Eigenbau, immer Geschrei wegen der Unordnung, im Spülbecken türmte sich der Abwasch, es roch atemberaubend, niemand wagte mehr, den Berg abzutragen, aus Furcht vor der Vegetation darunter, aber K. stand chlorblondiert inmitten dieses Wahnsinns und goss in aller Ruhe, meistens summend, ihren Pfefferminztee auf. Rieche ich Pfefferminztee, sehe ich sie für immer mit der Thermoskanne die Hochbettleiter hinaufkommen.
„Shit, hier riecht es nach Krankenlager!“
„He, he!!“ Ein sonniges Lachen. Wie damals, bevor alles losging[…]
Sie saß da in einem Mantel aus dünnem Blousonstoff, die Füße nackt in zu engen Schuhen. Die Strümpfe lagen im Schrank, es waren Ringelstrümpfe, von einem Haufen schwarzer Wäsche ihr entgegengefallen. Der Stapel war nicht zu bändigen, er kippte sofort, als sie die Schranktür öffnete.