Das ist keine Struktur

„Eduards Ansicht nach musste alles erklärbar sein. Gedehnte Stunden bekamen eine physikalische oder psychologische Gleichung aufgedrängt, fragwürdigen oder verstörenden Bildern unterlegte er den Gedanken, dass es am Grunde aller Strukturen, dass es in all diesen noch unentdeckten Wasserwelten etwas gäbe, das der Struktur entgegenwirkte, sie auflöste. Doch er wusste, die Basis für alle Dinge im Universum war letztlich Struktur. So wie die DNA die Struktur für alle Lebewesen bildete.“ (crysantheme, 6. Juni 2017 um 21:24)

Eduard übersah dabei, dass er selbst in einer Struktur lebte, einer Erzählung, die von den Biologen und Lehrern, den populären TV-Sendungen und den Eltern erzählt wurde, wonach Leben eben nur das war, was eine DNA hatte. Er musste also, aber darauf kam er nicht, Edmund Hs. Aufruf „Zurück zum Leben!“ folgen, wenn er dieser Struktur entkommen wollte, musste also alles abwerfen, was er gelernt hatte, und wieder ganz von vorn beginnen. Vielleicht würde Eduard dann bemerken, dass auch diese seltsame Kartoffel, die durch das All eierte, zwar keine DNA hatte, aber doch ein Lebewesen war. Und dass sie keiner Struktur folgte, dass sie sich zwar blendend mathematisch beschreiben ließ, aber verstehen konnte er sie nicht, weil er ja auch glaubte, dass er nur etwas verstanden hätte, wenn er eine Struktur gefunden hätte. Aber Eduard, zufällig beim Surfen im Internet, stieß auf diesen Beitrag hier, und das war ein Ereignis in seinem Leben, und irgendwie stand er jetzt vor der Frage, die Strukturen loszuwerden, ohne zugleich neue Strukturen zu errichten. Eduard musste das Denken verflüssigen. Und das war es, dass war die Lösung für seine Frage, es musste doch Lebewesen geben, deren Basis sozusagen eine verflüssigte DNA war.

Übrigens hatte Eduard, obwohl er immer auf Tauchfahrt in noch unentdeckten Wasserwelten war, noch nie einen Grottenolm gesehen, einen Proteus anguinus, auch Wassersalamander genannt. So war es Edmund bis heute nicht möglich gewesen, die natürlichen Lebensgewohnheiten des Grottenolms zu untersuchen. Einer seiner Hypothesen nach existierte ein Grottenolm jeweils nur im Bewusstsein eines anderen Grottenolms und so ad infinitum. Es gäbe damit auch kein “ich”, bzw. das Ich eines Grottenolms wäre jeweils die Erzählung einer Erzählung.

Eduard dichtete, in einer seiner wenigen freien Stunden übrigens das viel diskutierte Gedicht

„Heut habe ich ein Wort gelernt : von einer Taucherin“

das er unter seinem Pseudonym Theodor Holz am am 15. Juni 2017 um 23:38 veröffentlichte. Er übersah dabei, dass Grottenolme nicht quaken, sondern knurren. Hätte er mal Frau Kleist gefragt. Seltsamerweise stellte er sich, oder Theodor Holz, häufig die Frage, was denn eigentlich die DNA der Poesie sei.

In einer anderen Erzählung übrigens, aber die wird hier nicht erzählt, waren Grottenolme kleine Drachen, die da in irgendwelchen kalten nassen Klüften vom Wunsch nach Wärme bestimmt waren, und so also, wie auch die Giraffen lange Hälse bekamen, weil sie unbedingt die Kirschen ganz oben fressen wollten, so also die Fähigkeit entwickelten, Feuer zu speien, zum Leidwesen manch verirrten Mopses, aber wie ich schon erwähnt habe, das ist eine, also eigentlich zwei ganz andere Erzählungen, die hier auf keinen Fall erzählt werden sollen, hier nicht und auch nicht im Radio im hinteren Musikschränkchen mit dem Grün nachglimmenden Licht, aber Vyvyan hatte ja eigentlich voll und völlig recht, Bilder sind allemal die besseren Erzählungen, viel besser als Texte.

Wassili Busskläff
Finnegans Wakes, 5,5 ff.: „Of the first was he to bare armes and a name: Wassaily Booslaeugh of Riesengeborg. His crest of huroldry, in vert with ancillars, troublant, argent, a hegoak, poursuivant, horrid, horned. His scutschum fessed, with arches strung, helio, of the second. Hootch is for husbandman handling his hoe.“ Das ist die einzige Erwähnung W. Busskläffs in den Quellen.

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