Bembelherz

Fast jeder Schneider/ Will jetzt und leider/ der Sprach erfahren sein/ und redt Latein/ Welsch und Französisch/ Halb Japonesisch/ Wenn er ist toll und voll/ Der grobe Knoll. / Der Knecht Matthies/ spricht bona dies … Aus dem Jahr 1617 als Gegenschrift zur Mode à la Versailles

Hannes schreibt: In Westpreußen bezeichnete man freie Bauern als Insassen. Das waren meine väterlichen Ahnen von der Zeit Friedrich des Großen bis in die Gründerzeit. Noch lebten Tiere mit den Menschen zusammen, in den Küchen brüteten Gänse. Es gab triftige Gründe für solche Hausgemeinschaften, Küken mussten vor Mardern bewahrt werden. Die Kinder konnten sich vor Hähnen fürchten, das kann sich auch keiner mehr vorstellen. Mit dem Fleiß von Bienenvölkern ersparte man Ausbildungen.

Meine Leute erlebten den Einmarsch polnischer Truppen zu Pferde. Deren Einquartierung in dem deutschen Nest ging glimpflich ab. Doch nach dem Krieg wurde die Familie ausgewiesen. Der Ast verzweigte sich in größerer Nähe zu Städten.

Die Familie lief auseinander, so ist es wohl gewesen. Hugenotten hatten den Tabakanbau in Preußen populär gemacht, nun arbeitete mancher in der Prenzlauer Zigarrenfabrik. Mein Großvater Hannes Hesselbach durfte auf das Humanistische Gymnasium. Er schloss sich der Deutschen Freischar an, die Jungen kampierten am Oberuckersee und an dem in Kieferwäldern vergessenen Küstrinchensee. Sie übernachteten in Wildscheunen des Grafen von Boitzenburg. Sie lernten den Protest von Sumpfvögeln nach Arten zu unterscheiden. Hannes Hesselbach entdeckte Eichenpfähle und Brückenjoche im sandigen Grund des Oberuckersees. Das waren Bruchstücke einer unterseeischen Brücke, auf der sich bedrängte Ritter zu einer Burginsel hin in Sicherheit gebracht hatten.

In Mode waren Halswärmer aus Marderpelz, dafür ging Hannes Hesselbach auf die Jagd. Er hielt Lachtauben, die an Sonn- und Feiertagen zum langen Ausschlafen unter sein Federbett krochen. An den Mauern wüster Kirchen, die im Dreißigjährigen Krieg gelitten und seither keinem Gottesdienst mehr Raum geboten hatten, übte er klettern. Er machte sich fit für den Westturm der Marienkirche, der auf fünfzig Meter Höhe von einem Turmfalkenpaar bewohnt wurde. Eines Tages stieg er in Geheimgängen zum Dachboden auf … eines Tages fuhr er nach Frankfurt am Main, um da zu bleiben.

Ein Kommentar

  1. jetzt weiß ich, woran mich das erinnert: an josef bierbichlers „mittelreich“. also mir gefällts, das vom josef und von der grete. bin auf die bembelherz-fortsetzung (in prosa :-)) gespannt.

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