Vom Denken in Geld und dem Glauben an Gott

Getrieben von dem Wunsch, das aktuelle Geschehen zu verstehen, es in einen größeren zeitlichen und historischen Kontext einordnen zu können, schreibe ich diese Zeilen in den Schluchten des Balkans, genauer: in meiner zweiten Heimat Bulgarien, in einer Art Notwehr nieder. Eine Art Notwehr gegen alle Falsch- und Nichtinformationen des Informationskrieges, in dem wir uns nicht erst seit dem angeblichen Krieg gegen Corona befinden. Der räumliche Abstand zu meiner ersten Heimat Deutschland hilft mir dabei, einen kühlen Kopf zu bewahren, meine Gedanken zu ordnen und festzuhalten.

Meine stärkste Assoziation, die bereits bei Beginn der Hygiene-Demos im Frühjahr 2020 in Berlin einsetzte, war die an die Ereignisse des gesamten Jahres 1989 in der DDR. Denn der Protest auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, bei denen ich zugegen war, hatten einige Parallelen mit den Demonstrationen in Leipzig, beispielsweise das rigorose Eingreifen der Polizei gegen bestimmte Plakate und das Hochalten der Verfassung. In Leipzig wurde dieser Job noch von Mitarbeitern der Staatssicherheit in Zivil erledigt.

Der bekannte Ausgang der Proteste in Leipzig, deren Augenzeuge ich ebenfalls war, machte mir Hoffnung, aber nicht nur Hoffnung. Im selben Moment machte er mich auch nachdenklich und vorsichtig. Vor allem deswegen, weil bis heute eine charakterstarke, machtvolle Persönlichkeit wie Michail Gorbatschow fehlt, ohne die eine Wende in der Form, wie wir sie 1989 erlebt haben, nicht möglich gewesen wäre. Ein großer Wandel, ganz bewusst kein „großer Umbruch“, ist trotzdem prinzipiell auch heute möglich, so denke ich, auch wenn gerade nicht nur Deutschland und Europa, sondern die ganze Welt den gesunden Menschenverstand verloren zu haben scheint, was Nietzsche so erklärte:

„Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.“

Eine weitere wichtige Erfahrung, vielleicht besser Lehre, aus dem Jahr 1989 ist, dass es am Ende immer anders kommt, als man denkt. In dem Fall, dass aus „Wir sind das Volk“ „Wir sind ein Volk wurde“. Dazu muss man wissen, dass niemand in der DDR auf die Straße gegangen war, zumindest am Anfang nicht, um sich mit der alten Bundesrepublik zu vereinigen, und schon gar nicht um ihr beizutreten, sondern weil man eine bessere DDR wollte. Aber so ist es wohl immer in der Menschheitsgeschichte, oder zumindest meistens, und vermutlich auch diesmal bei Corona. Am Ende kommt etwas anderes heraus, als man es sich erhofft hat – so oder so. Ich befürchte, dass auch diesmal zum Schluss alles wieder nur „besser“ aber nichts „gut“ wird. Das ist auch ein Grund, der mich in der gegenwärtigen Situation lähmt, und ich vermute nicht nur mich.

Andererseits: Was habe ich zu verlieren? Eine mögliche Impfpflicht, für die ich mich ganz „frei“ entscheiden darf. Einen obligatorischen Grünen Pass, den ich für nicht notwendig erachte. Einschränkungen beim Reisen, mehr Kontrolle und Überwachung und vieles andere mehr …  Meine Arbeit als Taxifahrer habe ich bereits vor zwei Jahren verloren. Auch eine Tätigkeit als Krankenpfleger, in meinem erlernten Beruf, ist für mich demnächst nicht mehr möglich. – So gesehen lohnt es sich schon aufzustehen, auch für mich. Nicht nur manchmal hadere ich deswegen mit mir, jetzt nicht in Berlin auf der Straße zu sein, auf der ich einst viele Jahre mit meinem Taxi zu hause war.

Als in der DDR groß gewordener Mensch glaubte ich, ich gebe es offen zu, lange an die allgemeine und stetige Fortentwicklung der Menschheit im Marxschen Sinne. Die marxistische Dialektik besagt aber auch, dass sich jeder einzelne Mensch weiter einwickeln kann, und das tue ich. Die vielen Jahre auf der Straße, meiner Universität, und die zahlreichen Gespräche mit Fahrgästen und Kollegen haben mir dabei geholfen. Es hat etwas gedauert, aber am Ende habe ich die für mich wahrere Deutung gefunden. Diesmal nicht bei Marx, sondern bei seinem Landsmann und Zeitgenossen Nietzsche:

„Die Menschheit stellt nicht eine Entwicklung zum Besseren oder Stärkeren oder Höheren dar, in der Weise, wie dies heute geglaubt wird. Der ‚Fortschritt’ ist bloß eine moderne Idee, das heißt eine falsche Idee. Der Europäer von heute bleibt in seinem Wert tief unter dem Europäer der Renaissance; Fortentwicklung ist schlechterdings nicht mit irgendwelcher Notwendigkeit Erhöhung, Steigerung, Verstärkung.“

Dass es etwas gedauert hat, die Dinge zu durchschauen, mich zu korrigieren und damit auch annehmen zu können, dass ich lange Zeit falsch gelegen habe, liegt auch am falschen Gebrauch der Sprache, den es ebenfalls nicht erst seit Corona gibt. Corona hat es mit dem Missbrauch der Sprache und seinen ganzen Falschwörtern wie „Covidioten“, Coronaleugner“ und „Impfgegner“, um nur einige zu nennen, nur auf die Spritze, Verzeihung, Spitze getrieben. Und dabei hätte ich als Halbbulgare darauf vorbereitet sein können. Denn wenn, wie in Bulgaren, JA NEIN und NEIN JA bedeuten kann, dann muss LINKS-GRÜN, dem auch ich lange Zeit zugeneigt war, nicht automatisch immer und für alle Zeit LINKS-GRÜN heißen. Der falsche Gebrauch der Sprache kann fatale Folgen für das gesamte Gemeinwesen haben, das meinte zumindest Konfuzius:

„Wenn die Worte nicht stimmen, dann ist das Gesagte nicht das Gemeinte. Wenn das, was gesagt wird, nicht stimmt, dann stimmen die Werke nicht. Gedeihen die Werke nicht, so verderben Sitten und Künste. Darum achte man darauf, dass die Worte stimmen.“

Der Missbrauch der Sprache ist DAS Mittel, mit dem uns der Glaube an den Fortschritt verkauft wird. Denn verkauft und gekauft werden muss, am besten jeden Tag ein neuer Glaube, eine neue Wahrheit, obwohl es unter der Sonne kaum etwas Neues gibt. Um wirklich etwas Neues zu erfahren, schaut man am besten in Bücher – je älter, desto besser. Aber selbst das ist keine Garantie, wie ich kürzlich erfahren musste, als ich den berühmten Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ des bekannten tschechischen Autors Milan Kundera aus dem Jahr 1984 erneut in die Hand nahm.

Er beginnt folgendermaßen: „Die Ewige Wiederkehr ist ein geheimnisvoller Gedanke, und Nietzsche hat damit manchen Philosophen in Verlegenheit gebracht: alles wird sich irgendwann so wiederholen, wie man es schon einmal erlebt hat, und auch diese Wiederholung wird sich unendlich wiederholen! Was besagt dieser widersinnige Mythos?“ – Fast möchte man fragen: Was besagt diese widersinnige Frage? Und zwar deswegen, weil mit der Ewigen Widerkehr, auf die schon andere Philosophen vor Nietzsche gekommen waren, eine Idee, ein Schema gemeint ist, und eben nicht: „alles wird sich irgendwann so wiederholen, wie man es schon einmal erlebt hat, … .“

Wie nun diese Idee, dieses Schema aussieht, beziehungsweise aussehen könnte, darauf bin ich ausgerechnet in Orwells „1984“ gestoßen, das den meisten wegen seinem „Big Brother“, dem „Ministerium für Wahrheit“, der „Gedankenpolizei“ und dem „Neusprech“ bekannt ist. Genau genommen ist es auch nicht Orwells Schema, sondern das von Emmanuel Goldstein, aus dessen Buch „Theorie und Praxis des oligarchischen Kollektivismus“ Winston seiner Geliebten Julia im zweiten Teil von „1984“ vorliest:

„Von Anbeginn der geschichtlichen Überlieferung und wahrscheinlich seit dem Ende des Steinzeitalters gab es auf der Welt drei Arten von Menschen: die Oberen, die Mittleren und die Unteren. Sie waren auf vielerlei Weise untergliedert, trugen verschiedenartige Namen, und sowohl ihr Verhältniszahl wie ihre Einstellung zueinander änderte sich von Epoche zu Epoche: doch die Grundstruktur der Gesellschaft hat sich nie gewandelt. Selbst nach ungeheuren Umwälzungen und scheinbar unwiderruflichen Veränderungen stellte sich stets das gleiche Muster wieder her, genauso wie ein Gyroskop sich immer wieder aufrichtet, wie sehr man es auch aus dem Gleichgewicht bringt.

Die Ziele dieser drei Gruppen sind unvereinbar. Das Ziel der Oberen ist es, dort zu bleiben, wo sie sind. Das Ziel der Mittleren, mit den Oberen den Platz zu tauschen. Das Ziel der Unteren, sofern sie überhaupt eines haben – denn es ist ein bleibendes Charakteristikum der Unteren, dass sie von der Plackerei zu ausgelaugt sind, um öfters als nur sporadisch etwas Interesse zu zeigen, das außerhalb ihres Alltagslebens liegt –, ist es, alle Unterschiede abzuschaffen und eine Gesellschaft zu errichten, in der alle Menschen gleich sein sollen. Und so wiederholt sich durch die ganze Geschichte ein in seinen Grundzügen immer gleicher Kampf.

Über lange Zeiträume scheinen die Oberen ungefährdet an der Macht zu sein, doch früher oder später kommt der Augenblick, in dem sie entweder ihr Selbstvertrauen verlieren oder die Fähigkeit, wirksam zu regieren, oder beides. Sie werden dann von den Mittleren gestürzt, die die Unteren dadurch auf ihre Seite ziehen, dass sie ihnen vorspiegeln, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Sobald die Mittleren ihr Ziel erreicht haben, stoßen sie die Unteren wieder in ihre alte Knechtschaft zurück und werden selber zu den Oberen. Schon bald spaltet sich von einer der beiden anderen Gruppen oder von beiden eine neue Mittelgruppe ab, und der Kampf beginnt von Neuem.“

Was mich so sicher macht, auf der richtigen Spur zu sein, möglicherweise das richtige Schema auch für das aktuellen Geschehen gefunden zu haben, das nicht wenige mit der Erfindung des Geldes und des Zinses in Verbindung bringen, ist mein Eindruck, dass „Es geht um Leben und Tod“ Lauterbach möglicherweise gerade dabei ist, wie beschrieben entweder sein Selbstvertrauen zu verlieren oder die Fähigkeit, wirksam zu regieren, oder beides, so sehr verstrickt er sich in Widersprüche. Möglicherweise dienen diese Widersprüche, wenngleich vom sich Widersprechenden angeblich beliebtesten Politiker unseres Landes unbeabsichtigt, aber auch einem anderen Ziel, und zwar dem des „kontrollierten Wahnsinns“, wie Emmanuel Goldstein alias George Orwell es nennt:

„Soll die Gleichheit der Menschen für immer verhindert werden – sollen die Oberen, wie wir sie genannt haben, ihre Stellung dauerhaft behaupten -, dann muss der vorherrschende Geisteszustand kontrollierter Wahnsinn sein.“

Vielleicht denkt man aber auch schon an die Zeit nach Corona und nach Karl Lauterbach. Klaus Schwab geht in seinem Buch „Covid-19: Der große Umbruch“ davon aus, „dass uns die Pandemie zwei Jahre erhalten bleibt.“ Er beruft sich dabei auf Experten, er selbst ist ja keiner. Danach, also ziemlich bald, könnte ein neuer Virus und mit ihm ein neuer „Gesundheitsminister“ kommen, oder ganz und gar ein neuer Krieg. Diesmal nicht gegen einen winzig kleinen Mikroorganismus, sondern gegen das größte Land, obwohl dessen Einwohner  möglicherweise gar keinen Krieg wollen. Zumindest stellte dies ein bekannter Pop-Song in den Achtzigern noch in Frage: „Denkst du, die Russen wollen Krieg?“

Bis es so weit ist, sei rasch noch ein weiteres Phänomen erwähnt, das von Emmanuel Goldstein in Orwells „1984“ wie folgt beschrieben wird, das es bereits in der DDR gab, und das aktuell auch wieder aufgetaucht ist. Es wird als „Delstop“ bezeichnet, im englischen Original heißt es „Crimestop“, die deutsche Umschreibung für das Phänomen ist „schützende Dummheit“:

„Delstop bezeichnet die Fähigkeit, geradezu instinktiv auf der Schwelle jedes riskanten Gedankens haltzumachen. Es schließt die Gabe ein, Analogien nicht zu begreifen, logische Fehler zu übersehen, die simpelsten Argumente mißzuverstehen, wenn sie dem gängigen Narrativ widersprechen*, und von jedem Gedankengang, der in eine ketzerische Richtung führen könnte, gelangweilt und abgestoßen zu werden. Kurz gesagt, Delstop bedeutet schützende Dummheit.“ (* im Original: „Engsoz-feindlich sind“)

Dass das gängige Narrativ aktuell von vielen nicht mehr in Frage gestellt wird, liegt auch daran, dass bereits das Hinterfragen nicht ganz ungefährlich ist. Im Normalfall wird es „nur“ mit sozialer Ausgrenzung geahndet, im dümmeren Fall mit einer Geldstrafe belegt. Der Grund dafür ist, dass aus der Wissenschaft von einst, also aus Rede und Gegenrede, aus These, Gegenthese und Synthese, DIE Wissenschaft geworden ist, eine Art orthodoxer Glauben einer Sekte, den „Zeugen Coronas“, in der Abwägung und Verhältnismäßigkeit unbekannt, Zweifel verboten und Zweifler Aussätzige sind. Von einem gläubigen Sektenmitglied wird ziemlich genau das erwartet, was in Orwells „1984“ von einem Parteimitglied verlangt wird:

„Von einem Parteimitglied wird nicht nur verlangt, dass es die richtigen Ansichten, sondern auch, dass es die richtigen Instinkte hat. Viele der ihm abgeforderten Überzeugungen und Verhaltensweisen werden nie direkt formuliert und können auch nicht formuliert werden, ohne die dem gängigen Narrativ* innenwohnenden Widersprüche aufzudecken. Ist das Parteimitglied von Natur aus orthodox (in Neusprech: ein Gutdenker), dann wird es in allen Lebenslagen ohne Nachdenken wissen, was der richtige Glaube oder die erwünschte Emotion ist.“ (* im Original: „Engsoz“)

Worum es im aktuellen Glaubenskrieg geht, das erklärt folgendes Zitat aus Harald Walachs „Brücken zwischen Psychotherapie und Spiritualität“: „A Catholic knows he is a Catholic. A Muslim knows he is a Mulim. A Jew knows he is a Jew, and a Hindu knows he is a Hindu. Only a materialist doesn’t know he is a materialist. He thinks he is a scientist.“ – Im gegenwärtigen Glaubenskrieg geht es nicht um DEN einen Gott, auch nicht um DIE Wissenschaft, und auch nicht einfach um Besitzstandswahrung, sondern um die Erweiterung des Besitzes an Gut und Geld. Geld, von dem Super-Reiche beispielsweise gerade im großen Stil Land kaufen, ähnlich wie der weiße Mann bei der Besiedlung Amerikas für eine Handvoll Dollar vom „Native American“, dem Indianer, Land kaufte, der gar nicht verstand, wie er etwas verkaufen kann, das ihm nicht gehört.

Mit Glaubenskriegen kennen wir Deutsche uns aus, der bekannteste Glaubenskrieg hierzulande war die Reformation. Sie nahm ihren Ausgang am Ablass, genauer am Ablasshandel, mit dessen Einnahmen der Petersdom zu Rom errichtet wurde. Der Ablass von heute ist die Impfung. Wer sie über sich ergehen lässt, dem wird ewiges Leben versprochen. Derjenige, der sich dagegen entscheidet, ist des Todes, eine Gefahr für die Volksgesundheit, ein Gefährder, ein Ketzer, ein Ungläubiger, praktisch ein Untermensch und so gut wie tot. Wofür die Einnahmen aus dem aktuellen Ablasshandel verwendet werden, kann bisher nur vermutet werden. Möglicherweise für neue, noch perfidere Ablasshändel. Die einmal in Gang gesetzte Spirale ist bereits dabei, sich immer schneller zu drehen, die Abstände zwischen den Impfungen werden immer kürzer.

Der Reformation folgten die Gegenreformation, der Bauernkrieg und später der erwähnte Dreißigjährige Krieg, ein Krieg voller Gräuel. Das ganze währte etwa 150 Jahre. Dem Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, gingen zweijährige Friedensverhandlungen voraus, so gespalten waren die Kriegsparteien – damals schon. In diesen geschichtlichen Kontexten und auch zeitlichen Dimensionen denke ich mittlerweile, wenn ich an den „Krieg gegen Corona“ denke.

Wallenstein, ein großer Profiteur des Dreißigjährigen Krieges, sagte angesprochen auf die vielen Truppen, die er aufzustellen beabsichtigte, ohne dass er über das dafür notwenige Geld verfügte, sinngemäß, dass der Krieg den Krieg ernähren würde. Und so scheint es mir auch mit diesem Krieg zu sein. Denn auch in diesem Krieg geht es ums Geld. Während weltweit die große Mehrheit der Menschheit immer weiter und schneller verarmt, ist noch nie zuvor eine einzelne Person innerhalb nur eines Jahres um mehr als 100 Milliarden Dollar reicher geworden. Aber nicht nur für Elon Musk ist Corona eine gute Zeit. Die Milliardäre der Welt haben 3,9 Billionen Dollar hinzugewonnen in 2020. Für wen Corona ein einträgliches Geschäft ist, dürfte kaum etwas gegen Corona haben. Vielleicht ginge es mir genauso, wenn ich mit Corona Geld verdienen würde. Da dem nicht so ist, stellt sich mir diese Frage nicht, muss ich sie nicht beantworten.

Ich führe auch keinen Krieg. Ich halte es mit Corona wie Muhamed Ali es mit dem Vietnamesen gehalten hat. Der habe ihm nichts getan, weswegen er nicht einsah, gegen ihn in den Krieg zu ziehen. Ali ging damals ins Gefängnis dafür, dass er nicht gegen den Vietnamesen kämpfen wollte. Heute gibt es bisher „nur“ Geldstrafen, die einen aber schnell in den finanziellen Ruin treiben können, wenn man sich nicht, so wie Ali, fürs Gefängnis entscheidet. Mit Zeitangaben, sowohl was einen Gefängnisaufenthalt, als auch den „Krieg gegen Corona“ angeht, tue ich mich schwer, was daran liegt, dass unsere Zeit schnelllebiger ist als noch zu Luthers, Müntzers und Wallensteins Zeiten.

Nachdem ich vor vielen Jahren, damals aus eigener Dummheit, ich saß im verkehrten Bus, der ins Grenzgebiet zu Griechenland fuhr, die Bekanntschaft mit einem Gefängnis in Bulgarien gemacht habe, ganz genau waren es drei verschiedene Gefängnisse gewesen, kann ich dazu mit Bestimmtheit sagen, dass mich nichts dorthin zurückzieht. Andererseits ist es für mich mittlerweile zu einer Frage der Ehre und auch der Würde geworden, mich in dem derzeitigen Krieg zu positionieren, den man mir Tag für Tag aufs Neue aufzwingt, weswegen man auch hier von Notwehr sprechen kann.

Aktuell liegt wie gesagt ein Krieg gegen Russland in der Luft, wobei hier in Bulgarien der Westen von nicht wenigen als Kriegstreiber wahrgenommen wird. Praktisch so wie früher von Linken im Westen, jetzt wohl eher linken Linken, die in Personen wie Bush, Blair und auch Obama noch Kriegstreiber sahen, wohingegen Biden und auch Gates heute ihre Freunde zu sein scheinen, möglicherweise auch Schwab. Wahrscheinlich glauben die „Linken“ von heute wirklich, dass dieselben Herrschaften, die viele Jahre am Mitverursachen des Klimawandels gutes Geld verdient haben, jetzt ernsthaft mit einem „Green Deal“ die Welt retten wollen. Ganz abgesehen von den Akteuren denke ich, dass man mit der Natur, also mit Gott, grundsätzlich nicht dealt.

Wahrheiten erkennt man nicht daran, dass sie einem gefallen, sondern daran, dass sie wahr sind, genauer: wahrer als andere Wahrheiten. Ein möglicherweise bevorstehender Ablenkungs-Krieg gegen Russland ist eine solche tiefere, wahrere Wahrheit. Und auch, dass ein Bürgerkrieg in manchen Ländern des Westens offenbar bereits begonnen hat, angesichts der sich täglich wiederholenden Auseinandersetzungen auf den dortigen Straßen, beispielsweise Brüssels. Bei beiden Kriegen geht es vor allem um Geld und Gut, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. Mit einer Impfung kann man viel Geld verdienen, mit einer Impfpflicht mehr, mit einer Dauer-Impfpflicht, einem Impf-Abonnement, noch mehr. Billiges Gas aus Russland ist war gut, selbst die Vorkommen zu kontrollieren oder auch nur sein eigenes Gas zu verkaufen, ist besser.

Das Denken, Urteilen und Beurteilen in Geld ist tief in unser Bewusstsein und Unterbewusstsein eingedrungen. Oskar Wilde beschrieb das Phänomen so: „Heutzutage kennen die Leute von allem den Preis und von nichts den Wert.“

Wohin dieses Denken führen kann, dafür habe ich eine Erklärung in einem Buch gefunden, das als Gesamtwerk erstmals 1922 erschien, also vor genau 100 Jahren. Die Rede ist von Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes“. Das „Schwergewicht“ endet überraschenderweise mit dem Kapitel „Endkampf zwischen Geld und Politik; Sieg des Blutes“. Auch wenn der Schluss insgesamt etwas kryptisch und apokalyptisch klingt, in gewisser Weise erinnert es an die „Offenbarung“, möchte ich ein paar Gedanken aus dem Buch wiedergeben und einige Sätze aus ihm zitieren:

„Die Banken und damit die Börsen haben sich … zur eigenen Macht entwickelt und sie wollen, wie das Geld in allen Zeiten, die einzige Macht sein. Das uralte Ringen zwischen erzeugender und erobernder Wirtschaft (nach Spengler ‚zugleich ein Ringen zwischen Geld und Recht’) erhebt sich zu einem Riesenkampf der Geister, der auf dem Boden der Weltstädte ausgefochten wird. Es ist der Verzweiflungskampf des technischen Denkens gegenüber dem Denken in Geld.“ … „Die Diktatur des Geldes schreitet vor und nähert sich einem natürlichen Höhepunkt …“ … „Der letzte Kampf beginnt, … : der zwischen Geld und Blut.“ … „Das Schwert siegt über das Geld …“. – So weit aus dem zweiten Teil des den fünften und letzten Kapitels vom „Untergang des Abendlandes“, der den Titel „Die Maschine“ trägt.

Was Spengler mit „Denken in Geld“ genau meint, beschreibt er im vorherigen ersten Teil des fünften Kapitels mit dem Titel „Das Geld“ so: „ … an Stelle des Denkens in Gütern tritt das Denken in Geld“, was bedeutet: „Das Wirtschaftsbild wird ausschließlich auf Quantitäten zurückgeführt, unter Absehen von der Qualität, die gerade das wesentliche Merkmal des Gutes ist.“ Was dazu führt, dass: „Wer dieses Denken beherrscht, ist Meister des Geldes. Die Entwicklung geht in allen Kulturen diesen Weg. Lysias stellte in seiner Rede gegen die Getreidehändler fest, dass die Spekulanten im Piräus manchmal das Gerücht verbreiteten, eine Getreideflotte sei gescheitert oder ein Krieg ausgebrochen, um eine einträgliche Panik (sic!) hervorzurufen.“

Spengler führt weitere Beispiele der Menschheitsgeschichte an, unter anderem wie der Finanzverwalter Alexander des Großen für Ägypten mit einer durch Buchkäufe verursachten Hungersnot einen „ungeheurer Gewinn“ erzielen konnte. Eine „einträgliche Panik“, wenngleich nur für einige wenige, die meisten hungerten oder verhungerten einfach, gab es also damals schon, und möglicherweise ist sie nichts anderes als Orwells „kontrollierter Wahnsinn“ oder hat zumindest Parallelen mit ihm.

All dies führt Spengler in „Der Untergang des Abendlandes“ am Ende des vierten Kapitels „Der Staat“ zu folgender Feststellung: „Durch das Geld vernichtet die Demokratie sich selbst, nachdem das Geld den Geist vernichtet hat.“

In dem Zusammenhang fällt mir ein Traum ein, den ich neulich hatte, und dessen Hauptakteure bewaffnete Guerilla-Kämpfer waren. Dazu muss man wissen, dass die Guerilla früher zu den Guten gehörte, beispielsweise ein Che Guevara, und das nicht nur bei den Linken. Viele kennen heute nur noch das Guerilla-Marketing, wofür mitunter ein bekanntes Guevara-Foto herhalten muss, das aber mit der Guerilla von einst und ihrem Befreiungskampf nichts zu tun hat. In meinem Traum gibt es noch die gute alte Guerilla à la Che & Robin Hood, und sie dringt dort in das Schlafzimmer von Mark Zuckerberg ein. Oder war es das von Klaus Schwab? Am Ende ist es egal. Man lässt Mark, oder wegen mir auch Klaus, fünf Minuten Zeit seine Sachen zu packen. Offensichtlich soll er irgendwohin verbracht werden. Wohin ist unklar, spielt in dem Zusammenhang auch keine Rolle. Man will ihm jedenfalls nicht ans Leder, es fließt kein Blut, und man hat auch keine Spritze dabei. Irritierend für mich an dem Traum ist, dass Mark beziehungsweise Klaus gar nicht erstaunt sind, sondern im Gegenteil so tun, als hätten sie irgendwie damit gerechnet. Denn sie sagen beide unisono etwas wie: „Ich wusste, dass es irgendwann so kommen würde – am Ende war ja alles nur geklaut.“

Nachdem, geht es nach Spengler, das Schwert über das Geld gesiegt hat, bleibt noch die Frage nach dem Glauben, oder wie Goethe es im „Faust“ formuliert hat: „Wie hältst du’s mit der Religion?“. Ausgerechnet bei Michel Houellebecq findet sich eine Antwort, die sich wiederum auf Nietzsche bezieht, von dem der französische „Skandalautor“ alles andere als ein Fan ist, eher das Gegenteil. Umso ernster sollte man möglicherweise Houellebecq an dieser Stelle nehmen, wenn er sagt:

„..  dass Nietzsche, wenn er heute lebte, vielleicht der erste wäre, der eine Erneuerung des Katholizismus wünschen würde. Während er damals hartnäckig das Christentum als eine ‚Religion der Schwachen’ bekämpfte, würde er heute einsehen, dass die ganze Kraft Europas in jener ‚Religion der Schwachen’ begründet war, und dass Europa ohne sie verloren ist.“

Rumen Milkow
Jahrgang 1966, Sohn eines Bulgaren und einer Berlinerin, ist geboren und aufgewachsen in Ostdeutschland, examinierter Krankenpfleger und trockener Berliner Taxifahrer sowie Radiomoderator a.D. („Hier spricht TaxiBerlin“ auf Pi-Radio); außerdem Verfasser von Kolumnen („Taxi-Times“), Online-Antiquar („TaxiBerlins BauchLaden“ bei Booklooker — ruht derzeit), Blogger, „Eselflüsterer“ und Herausgeber („Nach Chicago und zurück“ und „Bai Ganju, der Rosenölhändler“ des bulgarischen Klassikers Aleko Konstantinow). Seit Mai 2021 lebt er permanent in Bulgarien.

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