Pandemische Paradoxien 1: Krankheitsfolgen vs. Folgen der Krankheitsbekämpfung

Taiwan und Südkorea zeigen, daß der Umgang mit der Infektion anders gehen kann, ohne unkalkulierbare ökonomische Kollateralschäden, die beim Über­bie­tungs­wett­bewerb der Länder hier billigend in Kauf genommen werden: ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollen sich schützen und geschützt werden, es wird flächendeckend getestet, Erkrankte sollen zu Hause bleiben, sofern sie – wie es in der überwiegenden Mehrzahl der Fall ist – nur milde Symptome zeigen; Apps zeigen in Echtzeit, wo sich Infektionsherde und wo sich medizinische Hilfsmittel wie Atemmasken befinden; im Februar wurden die Schulferien verlängert. Die gesamte Bevölkerung prophylaktisch nach Hause zu verbannen, die Grundrechte (Versammlungsfreiheit, Recht auf Bildung) auszuhebeln und die Wirtschaft durch Stillegungen nachhaltig zu ruinieren – diesen Schritt haben Südkorea und Taiwan wohlweislich unterlassen. In der Abwägung von Kosten und Nutzen, in der syste­mischen Gesamtbilanz dürften sich solche Maßnahmen nicht rechtfertigen lassen – wir haben es weder mit Cholera, der Spanischen Grippe noch mit TBC zu tun.

Die politischen Entscheider hierzulande werden sich möglicherweise binnen kurzem einer veränderten gesell­schaftlichen Situation gegenübersehen: Dann geht es nicht mehr um die Gesundheit von 5 bis 20 Tausend, sondern um die Existenz von 5 bis 10 Millionen Menschen – allein die „Solo-Selbständigen“ sind Millionen. Soziale Unruhen werden die europäischen Länder ergreifen, und Politiker werden sich mit der Frage auseinander setzen, wie sie im Moment des Eiferns und der Machtanmaßung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes, das Ganze aufs Spiel setzen konnten. Sie werden sich Veranwortungslosigkeit vorwerfen lassen müssen, indem sie unter dem Vorwand der Verantwortung und Solidarität, den wirt­schaftlichen Niedergang für fast alle verursacht haben.

Die Auswirkungen der menschengemachten Katastrophe aufgrund von Fehl­entscheidungen wird die Auswirkungen der Pandemie um ein Vielfaches über­treffen. Am Ende wird man feststellen: Operation gelungen, Patient tot. Erstaunlich, wie wenig nötig ist, um ein funktionierendes Gemeinwesen mit kurzatmigen „wissen­schaftlichen“ Begründungen abzuwürgen. Zum Beispiel wurde der Vergleich von Christian Drosten (Podcast #Update 12 und 13) mit der Spanischen Grippe in den Jahren 1918-20 aus dem Kontext gerissen und zur Begründung der flächen­deckenden Schulschließungen herangezogen. Naiv von einem Wissenschaftler zu glauben, daß Medien und politische Entscheider wie Wissenschaftler mit Infor­mationen umgehen – also abwägen, in Zweifel ziehen, Gegenhypothesen überprüfen.

Nun läßt sich im Zeitraffer beobachten, wie Dystopien soziale Realität werden. Die Ent­scheider haben sich verrannt und sonnen sich darin, „Macher“ zu sein. In Wirklichkeit sind sie Getriebene einer Eigendynamik, die sie als Einzelne gar nicht mehr stoppen können. Nun heißt es für alle, die keiner „Risikogruppe“ angehören: Versteckt euch nicht, laßt euch keine Angst einflößen, sondern erhebt eure Stimme für die systemische Vernunft, zeigt den Entscheidern, daß sie den falschen Weg gewählt haben.

In der Abwägung ist der Ruin aller betroffenen Länder nicht zu rechtfertigen – daß die Aus­wirkungen der menschengemachten Katastrophe die Folgen einer Pandemie um ein Vielfaches übersteigen, kann nicht in unserem Interesse sein! Auch nicht im Interesse der Erkrankten. Länder wie Südkorea und Taiwan machen es vor, wie man Corona begegnen kann, ohne wirtschaftlich bankrott zu gehen.

 

Viktor Kalinke
geb. in Jena, Studium der Psychologie und Mathematik in Dresden, Leipzig und Beijing, Kreativitäts-Preis der Hans-Sauer-Stiftung, Mitbegründer der Edition + Galerie Erata, Promotion, Professur, lebt in Leipzig.

Ein Kommentar

  1. So sind sie, die Menschen: ein fremder König (Virus II.) hustet, die politischen Berater zucken zusammen (Sandkasten, Sandkasten ..!) und die deutsche Wirtschaft bekommt ohne viel Federlesens ihre Chemotherapie verordnet.
    Na ja – so viel Geld, wie die Aktiven mittlerweile in ihren Taschen haben – – wird sie’s wohl überleben, wenn die anstehende überregionale Solidaritätsaktion erst in Gang kommt. Für die vielen ehemaligen Jungpioniere ohnehin kein Problem, und die Rentner hatten vor Weihnachten ja auch schonmal angefangen zu sparen.

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