da geht noch
mal
ein kurzer
ruck
durch die zeilen –
aber warum so trübe?
draußen hängt die sonne
als goldene dukate
am straffblauen himmel.
da geht noch
mal
ein kurzer
ruck
durch die zeilen –
aber warum so trübe?
draußen hängt die sonne
als goldene dukate
am straffblauen himmel.
Als ich in deinem Schatten saß,
lag noch Schnee auf den Bergen.
Von den Grashalmen zitterte der Tau
auf deine Hand.
Du flochtest Geduldsfäden
in dein Haar,
und aus deinem Mund sprangen Grillen.
Keine streifte mich
in jener Vormärzsonne,
als ich meine Finger zwischen Halmen verbarg.
Unsere Lippen hielten einander
nicht Wort.
Am Abend schlich das Schweigen
als Raubtier aus den Büschen.
Zwischen zwei Genickbissen
liebten wir uns manchmal
oder wir stiegen
unter rauchigem Himmel
auf Mauern,
die von innen
an die Schädeldecke stießen.
wie spät ist es
der nordwind kennt keine grenzen
kalt ist mir
innen und außen
der herbst liegt
auf dem trottoir
in den blicken trüben sich
die farben eines ganzen jahres
frühsommer wäre schön
ein bisschen geld
fürs vergnügen
und ein wochenende am see
mit dir
wenn du da wärst
und mich lieben würdest
wie in den tagträumen
Wer nie das Wort gesucht,
Das eine, das unersetzbare, das flieht,
Das eingefangen werden muss
Mit dem Netz der Gedanken,
Und nun glaubt, er habe gedichtet,
Legt Hand an das Wort.
Der kennt nicht verzweifelte Nächte,
Der geht seinen Weg. Aber wohin?
Das Wort lichtecht machen,
In der Beleuchtung des Zweifels,
Des eigenen und dem der anderen,
Das ist es – und mit Unterschrift.
Die Sprache finden
deine Sprache, ein Kampf mit dir
selbst, kein Waldspaziergang
bei schönem Wetter, Gegenwinde
wehen dich um, es hagelt,
wenn du es nicht vermutest.
Kein Wohlfühlreich das Land
der Verse, Arkadien liegt
in Trümmern; um zu leben, isst der
der Mensch, das Messer an der
Kehle und sonst nichts, wir
existieren im Wirklichen.
Das Leben, die zahlende Kunst,
das Ungesagte zwischen den
Wörtern; schon ein Komma kann
alles verändern, und du stürzt
vom Himmel auf die Erde,
auf deine zwei Beine.
Verkleidungskünstler im Winter : akrobatische
Übungen am verschneiten Weidezaun : Hangeln
über die Grundstücksgrenzen : gymnastische
Waage von Mann & Frau beim Tragen
der Wasserkrüge : Anbetung des Bauernkönigs
der auf wildgewordenem Gespann mit Einbruch
des Frühjahrs daherkommt : die Tänzerinnen
um den erblühten Apfelbaum wissen die Ernte
des Herbstes vorwegzunehmen : Hauptsache
es gelingt : den Farn : die verborgenste
aller Blüten : im Moment des Erblühens
zur Mittsommernacht anzubeten : sich mit den Bären
im Morgentau zu baden : dann hört der Pflug auf
Fessel zu sein : Kinderspiel
ist die Liebe : den leicht entschlüpfenden Fisch
fest auf den Rücken gebunden
Weit Sarmatiens Himmel,
Tage wehten in brennender Bläue
über die Memel, in der Schläfe
die Schatten der Wälder.
Katzengleich schmiegten
weiße Städte sich an die
Ufer der Ströme, lautes Getön
an den Abenden.
Über Dörfern, den Dörfern
aus Tränen, lag die Nacht, lang,
und die Ebene schwieg in
riesigem Schlaf.
Gesungener Schmerz,
niemals verwunden – wen,
das Flüstern, die Zärtlichkeit,
berührten sie nicht.
Der Schrei: stumm
wie ein Vogel
unter Wasser.
Gelb ist keine
Farbe, gelb
ist ein Symbol –
Menschen
weizen, jede Ähre
einen Kopf kürzer
nach der Ernte,
nach dem Anbrechen
unserer Zukunft.
Wir haben keine Zukunft.
Unsere Geduld ist am Ende.
Unser Ende längst vorbei,
so graben wir uns
durch Stunden
und Tage
als seien es Monate,
Jahre oder Menschen
alter
schmiegt sich an dein ohr
das rauschen der zeit
verschwindet vom radarschirm
deine stimme
schhh
gesänge gespuckt in die waagschale
gegen den schmerz
bewegen sich die wörter
sicher in der luft
nehmen es mit papierfliegern auf
um die wette
fffhh
flüstern in dein haar
verstummen an deinem hals
werden rot
zeigen haltung
bei der frage nach dem eintritt des landes in den krieg
tzzzh
die eroberung des wassers
war lange schon abgemacht
vor der erfindung der meere
tak tik
tak
…… tik
schhh schhh schhh das rauschen der zeit jacek dreht sich um und starrt auf die kommode und den schrank in der fensterscheibe spiegeln sich eidechsen das telefon klingelt drrrh drrrh drrrh jacek schaltet den fernseher ein und zippt durch die kanäle atemlos durch die nacht … pft … ein flugzeug ist beim landeanflug auf die afghanische hauptstadt über dem hindukusch zerschellt … pft … seit wann wissen sie dass ihr sohn männer liebt … pft … ist die poesie des meeres der wellen und kormorane über der bucht … pft … nur noch drei tage sensationelle preisvorteile … pft … in der schublade liegt noch immer die hülle einer schlange die sich vor jahren dort gehäutet hat mutters schrei hallte durchs ganze haus die nachbarn liefen herbei als wäre gerade das jüngste gericht in vollem gange
Um es gleich vorweg zu sagen, die geschichte handelt nicht von Tante Adelheid und auch nicht von ihrem nachbarn. Sondern davon, wie der beton meine katze gefressen hat. Völlig unpoetisch.
In meiner schublade bewahre ich auf: eine alte polaroidaufnahme vom glück, ein tonband mit den stimmen meiner eltern und einen brief von dir. Die wände schmecken nach zement und tier.
In den höhlen der bruchsteinmauer hausen smaragdeidechsen, und am himmel über der autobahn formieren sich stare zu wabernden wolken, um den süden aufzubrechen.
Immer wieder lese ich deinen brief. Atmen heißt nicht zwangsläufig überleben. Es gibt arten von liebe, die gehören nicht in romane. Vielleicht eher als zutat in eine tütensuppe. Aber, das ist geschmackssache.
Das ende der haut naht. Seit geraumer zeit hatte es sich angekündigt. Am ende überrascht es mich doch. Ich ruhe aus von den vielen häutungen, echsen haben es da bekanntlich leichter.
Schwer fällt das licht auf mein kissen. Mein kopf sinkt tief in entendaunen. An einen isostatischen aufstieg ist nicht zu denken. Eher an verlustängste. Wo warst du, als ich schlief?
Die katze hatte mir lange über vieles hinweg geholfen. Die festigkeit von beton übersteigt bei weitem meinen puls in zu dünnen aortawänden. Auf gute nachbarschaft und auf Tante Adelheid!
Gestern habe ich angefangen, gedichte zu schreiben. Ich hetze durch bilder und versmaße. Öffne meine schublade von zeit zu zeit und warte, was passiert. Raumluftbefeuchter.
Im sprühnebel des morgens frühstücke ich endlich wieder einmal richtig. Appetit kommt nicht von großtierjagd. Auch nicht von drittklassigen tagebüchern. Sondern vom lesen deiner briefe. Das ist wie überlebenstraining im supermarkt und schlangestehen an der falschen kasse.
Tante Adelheid ist schon lange tot, und ihr nachbar auch. Die katze streunt durch den betonhimmel, ich streune durch ein stimmengewirr, das aus der schublade drängt. Ach wäre ich doch dichter geworden oder reich. Ich hätte meine haut dafür her gegeben. Jetzt behalte ich sie, ich habe mich an sie gewöhnt.
Drei versuche hat jeder, selbst im märchen.
Zu jenen Zeiten
als man die Lüge eine Lüge nannte,
als die Dichter Verse auf Flügeln schrieben,
überstieg der Wert eines Lebens
alles Menschengemachte.
Wir sagten Brot, wir sagten Wasser,
und wir meinten das Brot und das Wasser,
wir sagten Rosen, und wir rochen ihren Duft
schon beim Wort, und ein Apfelbaum
war ein Apfelbaum.
Die Zeit schlägt ihre Alterssitze auf,
sie spricht ihre genormten Wahrheiten aus,
die Dichter hausen in Eiffeltürmen,
und der Zeitwert menschlichen Lebens
bemisst sich in Nanosekunden.
Ich sage, meine Sonne
ist die Trauer, ich bin ein Schatten,
und ich weiß, wohin ich
fallen werde.
als Vermittler, Ver
mittlung durch
einen Anderen. Zum
Beispiel Celan: Mandel
Stamm brennt,
der Blitz. Später
die glimmende, das brennende
Zigaretten Glut Laken
auf dem Gipfel
einer Nacht – Glut
von innen, in
sich zurückgedrängt.
Der Drang, ein Trieb, das Treiben
im Gehege – – zu eng unser
außen : wir du Sie
sind weil wir sollen: Und
müssen doch nicht, könnten
frei – – – wie
wir sind. So
trinke ich
diese Milch drei
fach: morgens, mittags
den Abend. In der
Ohrmuschel
weiße Perlen, Auster
ität und Litzen
kino,
Zeilen
bruch im
Quadrat. Ecke
im Kreis, der
elliptische, irdische
Mandelstam
Was ich hörte. Genug
Geräusche des Tröstens. Uns blieben
die Federn der Nachtvögel.
Deine Hand
auf meinem Haar. Sprich nicht, sagst du.
Als gäb es Gründe nicht
tausendfach.
Licht will ich. Und die Regen
die morgens niedergehen, spüren
auf der Haut.
Wie gefangen wir sind.
Sie atmet die Chemie der Ölfarben, das Kobaltblau, das Smaragdgrün, das Rubinrot. Ich sehe sie am Tresen stehen. Sie analysiert mich mit ihrem Blick. Trinkt Espresso, liest Derrida, zersägt John Keats und Paul Celan. Ich schieße einen Apfel von ihrem Kopf und schaue ihr in die Clawdia-Chauchat-Augen. Sie soll die Lichter tanzen sehen. Scharf wie Korallen. Farbe ist ihr Parfum, Asbest ihr mokantes Lächeln.
A sagt: Die Schwalben fliegen tief heute.
K denkt: Als kämen sie bald unter die Erde.
A denkt: Warum hat es dieses Jahr nicht geregnet?
K sagt: Die strahlende Zukunft ist angebrochen. Juchu.
A singt: Jauchzet! Frohlocket! Und hält den Zettel fester.
K murmelt: Jauchzet, frohlocket. Ist das ein Kontrapunkt?
A murmelt: Nein, schön ist das nicht.
K: Was für göttlicher Schei0!
A: Scheiß? Kein Bus heute?
K: Sieh nur, da ist er schon.
(Murmeln, Frohlocken.)
K: Ist ‚räumlich‘ Adjektiv oder Adverb?
A: Adjektiv – sonst müsste es ‚räumlisch‘ heißen.
K: Wie in meiner Tasche – dauernd geht etwas verloren.
A: Na, macht nichts. Hier hast du. Da.
(A und K wie K1 oder 2 – „Gemeinsam sind wir stark.“)
A: Venceremos!
K: Wer? Wen?
A: Wir. Sie.
K: Mandiba, hilf.
(Ein Motorrad fährt vorbei.)
Silbern der Fluss,
Der Tag gelb, abgeerntet.
Die Ebene geweitet zum Horizont.
Der Baum allein, im Schlaf des Schattens,
zerrissen die Rinde.
Drei Kraniche
Im Stoppelfeld. Gegen West blicke ich,
Sinkende Sonne im Gesicht. In der
Grassenke ein rotes Dach.
Stein birst
Unterm Schlag eines Distelfalters.
Eschen hier oben zitternd,
Das Herz im Geäst. Die Hügel fern,
Versunken im Treibsand.
Tagmüd die Gräser,
Wach ein Vogelschrei. Ob mich
Der schwarze Adler fängt, er kreist
Um den Bergfried, zeternd,
ein Vogelgott.
Ob ich einsam bin, fragst du, als ich am geöffneten Fenster den Regen betrachte. Im Fallen liegt eine Ruhe, eine Selbstverständlichkeit, der ich mich nicht entziehen kann. In der Scheibe verschmelze ich mit einer Tanne, zwei Formen, ineinander und doch getrennt. Wir zeichnen uns stets mit unseren Grenzen von der Welt ab; vielleicht ist es der Preis einer dritten Dimension, dass es kein Ineinander und Zugleich gibt, wie es das Bild im Fenster vorgaukelt, sondern nur ein Nebeneinander, und jede Annäherung lässt uns anstoßen, anecken – das Wesen unserer Körper, das Wesen der Menschen an sich. Jede Umarmung ist nichts als ein Versuch, aus diesem vorgegebenen Konzept auszubrechen, und doch zerfällt die Illusion.
„Weißt du“, sagst du, „das Leben ist ein Fallen.“ Und ich entgegne: „Ich habe dich nur ausgedacht. Du hast kein Gesicht, weil meiner Geschichte die Worte fehlen. Dir mangelt es an allem. So kann ich dich nicht ernst nehmen.“ Im Stillen stimme ich dir zu.
Manchmal gehe ich durch die Straßen und beobachte die Menschen. Die Häuser liegen so dicht aneinander, dass eine Wand zwei Gebäuden gehört. Ob sie glauben, durch diese Mauer die eigene Einsamkeit zu überwinden? Welch lächerlicher Versuch. Wir werden in etwas hineingeworfen, was sich Leben nennt, ohne den Grund dafür zu kennen. Es behandelt uns wie unmündige Kinder, erklärt uns weder Sinn noch Zweck. Wir bleiben im Unwissen darüber, wie viel Zeit uns zur Verfügung steht. Ein tyrannischer Vorgesetzter, der sich nicht mit den Belangen Untergebener befasst. Als ich am Laternenpfahl ein Netz sehe, so fein und einzeln in die Welt gebaut, muss ich an all die Füße denken, die das Pflaster treten, und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir auch über Fäden balancieren, nur mit Beute ein Ziel.
Mit spitzen Krallen und tiefschwarzem Blick stolzieren Raben über verwitterte Kapitelle.
Einst streckten auf diesen Säulen – blind geworden ob des ewigen, gleißenden Lichts – Heilige ihre Hände in die flirrende Luft und riefen ferne Zeiten an.
Noch immer starren ihre geistigen Schatten – krächzen und krähen, lechzen zu sehen.
Eidechsen huschen zwischen Rissen und Sand; in der Ferne, bei den knorrigen Büschen, überladen Zikaden die Hitze mit grellem Laut.
Da den Blinden flinke Körper schlangengleich um die Glieder strichen, da die schrillen Töne tagaus, tagein wie Sirenen in ihre Ohren drangen, stürzten sie sich, stets halbverdurstet und nach göttlichen Visionen – dem Lohn ihrer Mühsal – hungernd, hallizunierend in die Wogen der Anderswelten, mischten Mythen den einzigartigen Sinneseindrücken in Denken und Fühlen bei.
Sind wir, mag sich ein heutiger Beobachter dieses Ortes fragen, dem Wirken und den Wünschen dieser Menschen wirklich so fern?
In unserem Versuch auf Bildschirmen in unendliche Informationsgewebe zu starren, umhüllt vom Summen der Lüfter, Brummen der Kühlschränke und Flugzeuge, dem Rauschen des Stadtlärms, dem Vibrieren der Handcomputer, deren kühle, glatte Oberfläche tagein, tagaus auf der Haut gleitet — sind wir in diesem Versuch – uns auf der Suche nach dem höheren Mehr stets schneller ent- und ver-werfend – nicht dem Ursprung der Existenz dieser Einsiedler immer näher gekommen – und blinder dem Frieden leisen Lebens?
Was in ihren unruhigen Zeiten Einzelne in aufopfernder Vertretung für alle unternahmen – ihr Leben der Gnade Gottes zu weihen, auf dass die erlittenen Qualen und die offenbarten Erfahrungen jenes Weges der Erlösung von weltlichem Leid diene, und diese Erlösung dann, im Zeichen ihres Meisters, von den Heiligen auf alle Menschen ihrer Wirkungsstätten übergehe — ist jenes dieser Tage ein Massenphänomen geworden? – Unüberschaubar große Heere digitaler Heiliger, in fliegenden Büchsen, auf federnden Rädern, in Parks und an Straßenecken: steinern die Blicke, versunken im Fort.
Konsumwünsche, Statusmeldungen – Gebete erfüllen monetarisierte Äther, zuckenden Augen naht rasende Zukunft, und über den Häuptern brauen hochfrequente Zischgewitter unablässig neue Mythen. Unser Vermächtnis: riesenhafte Kabelstränge, dick wie Säulen – erbrochene Zeit.
„Ich bin soeben aus Darmstadt gekommen.
Worauf, auf wen bist du eifersüchtig?“
Eduard streifte seine Floris van Bommel noch
am Eingang ab und zog sich die ziegenledernen
Handschuhe umständlich aus. Die Auftraggeber
hatten sich früh verabschiedet, der Wein war sauer,
der Braten fett gewesen. Abends wurde exerziert.
Und die Freunde der Zitronenpresse konnten es sich
leisten, ihn zu düpieren. Eduard hatte die ganze
Nacht Aufstoßen. Sicher wurde heute ein Tag,
an dem die Sonne nur bleiern schien. Aus dem blassgelben
Wohnzimmer zog eine dünne Rauchsäule. „Eifersüchtig?
Eduard, Darmstadt ist die Moderne, aber du holst da
einfach nichts für uns raus.“ Vyvyan lag auf dem Sopha.
„Du hast mir den Himmel ohne Sterne gebracht.
Die Gassen da unten riechen faulig, nur hier oben
lässt es sich aushalten.“ Er zeichnete mit den nackten Füßen
Linien in den Samt. „Du denkst, es ist Liebe, doch
für mich ist es Schmerz. Du wirst es noch dazu bringen,
dass ich aus Langweile zur Kur fahre.“ Vyvyans Makel
waren die zu lang gewachsenen Zehen, die er sich in
Abwesenheit Eduards am Schneesternlüfter gestoßen hatte.
Er zog erneut an der Zigarette und legte die Stirn in Falten.
„Eduard, du bist dabei, dir mit deiner Solopartie selbst
zu entgleiten. Zu entgleisen. Eine Straßenbahn.
Todesangst ist durchaus legitim.“

Schöner wohnen, besser leben: Der Architekt und Innenausstatter Peter Behrens entwarf 1901/02 sein klar geordnetes »Wertheim-Speisezimmer«.
© 2017 Frankfurter Neue Presse
Leben, aber wie.
Zurück zur Kindheit mit der
ungeprüften Gewissheit,
Leben müsse so sein?
Die Steine
immer schon so in den Mauern
der Stadt, die Heimat ist aus
unbekanntesten Fernen?
Über uns die Wetter.
Die großen Winter locken
mit blakenden Feuern, in denen
Nacht und Glut erfrieren.
Wir leben! Sie schrieben
es einst an die Mauerstümpfe.
Groß die Angst, wir buchstabieren
zwei Wörter nach.
fließen stimmen den abhang der zeit hinab
drängt gedankenschutt zu tal
im netz der landschaft
verfangen sich die letzten flüssigkristalle
einer früheren epoche
geh ich den weg der monde und gestirne
sind sanduhren gefüllt mit falterstaub
erinnerungen einsamkeiten
schwarze löcher
bleibst du bleibe ich
stehen
staunen wir
fülle ich noch einmal die zeit mit moränen
rotkehlchen gesängen stille
stille
so groß wie zwei karseen im winter
so weit die arme reichen
die hände begreifen
deinen leib unter schnee
den amselleib
lass die haut blühen im frühling
mit den himmelsschlüsseln
buschwindrosen auf rabatten zwischen kieswegen
und mauern
zählen wir magnetisch im schwerefeld der liebe
21 22 23 schatten legen sich neben uns
durchschnitten von einem strom aus stimmen
können wir durch glas gehen
mit den zugvögeln kehren die raketen zurück
die flakgeschütze landminen kindersoldaten
in aussichtslosen stellungen an einem abhang
reicht weit der blick über nomadenzelte
die Zeit,
und aus dem Innern tönen
Melodien früher Träume.
Die Adern pochen leis den Takt.
Als Ahnen hallt ein jeder Ton
Sekunden in mir nach.
Dann finde ich dich noch
in Harmonien
zwischen Tag und Schlaf.
Der Hüter der Herde ist allein : ohne sich einsam zu fühlen
Sonne : Gras : Mondschein sind seine Begleiter
Er sieht sie : er fühlt sie und daher liebt er
Er denkt nicht darüber nach : weil er nicht nachdenkt
Spürt er keine Einsamkeit : keinen Haß : keine Rache
Weil er nicht nachdenkt : ist er nicht enttäuscht
Wer kann den Mondschein hassen : vom Gras enttäuscht sein
Sich an der Sonne rächen : der Hüter der Herde
Spricht mit allen : indem er schweigt
Ich stand vage
sie sagte,
mit deinem fernen distanzierten
blick, und lehnte
im Türrahmen wie eine figur
aus japanischem
porzellan –
Scheue Wildtiere wollen
gezähmt sein.
Es, es war ihre,
die gehst du mit mir spielen –
– Stimme,
quer im Raum, wechselseitig,
ohne Anfang – oder Ende
around
around, in der Mitte.
Esther,
schwerelos,
ihr herber
Geschmack,
Zitronensoufflé.
In jenem Moment
als das Gemisch
aus Hitze und Monotonie
und Trunkenheit –
brodelte –
[…]
Eduard schüttete schwarzes Pulver in eine lackierte Schale, wartete darauf, dass das Wasser zu kochen begann. Vyvyan lockerte seine Samtjacke und hörte au fond de la ballet. Für Esther war es genug, nur einen Rotwein zu trinken. Und fehlerhaft zu lesen. Oder den ganzen Abend schweigend in der Sofaecke zu sitzen.
[…]
Eifersucht ist ein Spiegel, aus den Scherben der Geschwätzigkeit zusammengefügt.
Herr, schnell! Dreh eine neue Zeit,
dass bald wieder bunte Tage werden
einer schwarzmilchig befllissenen Welt!
An vom Eise befreiten Strömen
erlöse uns, die wir selbstverwunschen
nach Vergebung lechzen
als totgeglaubter Friedensspross.
Ewiger Sommer –
weich schimmert Licht.
Dein sanftes Gesicht
streicht alle Winde,
treibt aus –
ein Lächeln, ein Schwingen –
herzblutig rinnendes Ringen
erspiegelter Zeit.
Erst hell und grün, nun bräunlich –
da welken sie dahin.
Wenn scharf und kühl
ein and’res Windchen weht
und Dunkel täglich wächst
irrt’s klamme Volk
in Klagemut gehüllt
umher,
sucht Holz und Pilz‘
bei feuchten Nebelgeistern.
Schneeweiße Nacht
und
endlos langend rauchen Schlote.
Ausharrend: Halbtote
in engen Verschlägen.
Ein leiser Gesang
ruft an
eine höhere Macht.
Nicht die Stunde,
das Leben neu zu leben,
ohne Vergangenes zu verwerfen.
Schmaler werden die Abende.
In sich zu ruhen. Das Leben
zu leben inmitten, wer das
könnte. Suchen, solang
deine Zeit währt.
Und lieben. Farben des
Herbstes noch einmal und wieder.
Die Winter wechseln
in ewige Sommer.
Der Wachtraum Leben.
Arbeit, bis dir der letzte
Hahn kräht. Sacht, unmerklich
kommt das Begreifen.
Die Landschaft
Abgetaut alles Eis, nur im Winter
manchmal
materialisiert sich die Erinnerung.
Parsteinwerder schiebt
seine Zunge in den See
wie ein junges Mädchen ihren Geliebten küsst.
Vor der Endmoräne
angestaut
stilles Wasser, tief.
Deine Wimpern, die Bäume
hängen
kopfunter in den Himmel –
Ostern ereignet
sich
im Schilf. Flöte & Oboe,
im Schlaf. Diese
Landschaft:
ein einziges Fallen.
Fallen sich Menschen
in die Arme, fällt
dir niemand in den Rücken.
Geboren in Herzsprung, von Serwest
her
knackt es im Gebälk des Kirchturms.
Der südliche Wald
fast noch
ein Park.
Hier ließ man
die Fische wandern,
hieß sie springen bergauf.
Nach hundert Jahren
dann
hatte die Wasserscheide sich verschoben.
All die Erinnerung
zu rekonstruieren, Eis taut
bis an die granitene Pforte &
Steine sprechen. Steine
sprechen nicht – mehr, mehr!
1. Gedichte müssen leicht verständlich sein. Wünschenswert ist der Reim, ein Gleichklang in Verbindung mit einem – festen – Metrum immer an der gleichen Stelle.
2. Gedichte müssen auswendig gelernt werden. Wünschenswert wäre ein entweder erbaulicher oder moralischer – d.h. an sich wertvoller – Inhalt.
3. Gedichtbücher müssen dem potenzielllen Leser und seinem Stellvertreter in der bürgerlichen Gesellschaft – dem Käufer – immer auf Augenhöhe begegnen. Es darf sich also weder um Bückware noch um Deckenabstützungen – etwa in eingerüsteten Innenräumen – handeln.
* * *
Anm.
Hier ist nun der Ort, den Humischen Zweifel aus dem Grunde zu heben. Er behauptete mit Recht: daß wir die Möglichkeit der Kausalität, d.i. der Beziehung des Daseins eines Dinges auf das Dasein von irgend etwas anderem, was durch jenes notwendig gesetzt werde, durch Vernunft auf keine Weise einsehen. Ich setze noch hinzu, daß wir ebenso wenig den Begriff der Subsistenz, d.i. der Notwendigkeit, darin einsehen, daß dem Dasein der Dinge ein Subjekt zum Grunde liege, das selbst kein Prädikat von irgend einem anderen Dinge sein könne, ja sogar, daß wir uns keinen Begriff von der Möglichkeit eines solchen Dinges machen können
gez. Thomas? Berhhard??