der Künstler II

grüße dich paolo,

bitte zeige mir!

welch künstler werd ich sein?

über felder schreiten? ganz allein?

im Triasland?

das natürlich gegebene nutzen und chiffrieren:

CÄSAR ZESAN

flüstre mir zu,

ein maler ich bin

um meiner hände

vor dir nicht scheu

stumm orakelnd

ja ich bins!

März

ich geh so neben her,

neben meinem ich.

im garten ich spazier,

im schatten nun erkenn ich mich.

die zweig noch kahl,

es weht die klare milde luft.

ein vöglein spricht zu mir,

es ist der frühlingsduft.

der Künstler

all künstler sind allein,

schaffend in ihrm kämmerlein.

fliegen über stadt und feld,

ein jeder sich fürn könig hält.

sie träumen tage-nächte lang,

vom königreich-das niemand bezwang.

die welt verlockend wie sie scheint,

der künstler-der verneint.

* * *

Im Fundus ist es still; ausgebreitet

Über die Pläne der Inszenierungen liegt

Nicht der Staub, nicht was man Erinnerung nennen mag –

Nur körniges Licht steigt aus der schwer lädierten

Pracht des Parketts & legt sich knisternd

Ins entleerte Gedächtnis

Serbien sehen!

Die Verwandtschaft der Sprachen erzeugt die Illusion einer gemeinsamen Kultur. Doch die Geschichte und konfessionelle Gebundenheit der ehemals jugoslawischen Teilrepubliken könnten kaum unterschiedlicher sein. Jugoslawien war im Auge eines Ostblockbewohners die Alternative schlechthin: der Bruch mit Stalin, die Bewegung der paktfreien Staaten, auf Partizipation zielende kollektive Eigentumsformen und die beibehaltene Reisefreiheit – all dies erschien den Reformern von 1956 und 1968, die den Sozialismus bewahren und in ein menschenwürdiges System verwandeln wollten, geradezu anstrebenswert. Daß die Vorgeschichte einen tiefen Riß durch den Balkan getrieben hatte und daß Serbien dabei eine ganz eigene Rolle spielte, geriet in der Begeisterung für das föderative Jugoslawien aus dem Blick.

Das Morgenländische Schisma projizierte die Alleingeltungsansprüche des geplünderten Roms gegenüber dem kaiserlichen Konstantinopel auf den Balkan. Slowenien und Kroatien, die sich Venedig und den Habsburgern unterwarfen, um nicht dem osmanischen Reich eingegliedert zu werden, schienen aus Sicht der Orthodoxie an den Katholizismus verloren. Von der türkischen Herrschaft befreiten sich die Serben im Laufe des 19. Jahrhunderts selbst. Seitdem können sie nicht genug bekommen an Unabhängigkeit, Größe und Freiheit. Daß Serbien seine Unabhängigkeit ohne Unterstützung des Westens errungen hatte, war dem Westen gar nicht recht. Auf dem Berliner Kongreß 1878 wurde den Österreichern die Besetzung Bosniens erlaubt, nicht zuletzt, um den serbischen Plänen zuvorzukommen, sich einen Zugang zur Adria zu verschaffen. Im zweiten Balkankrieg, in dem Serbien und Griechenland gegen ihren einstigen Verbündeten Bulgarien kämpften, beanspruchte Serbien die Territorien des heutigen Mazedonien und des Kosovo. Nach dem Attentat von Sarajevo vermutete Österreich – im Einklang mit den Nachbarn Bulgarien, Rumänien und der Türkei – die Drahtzieher in Belgrad. Die Angst vor großserbischen Ambitionen diente als Vorwand, um den Ersten Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Später, im Königreich Jugoslawien, beanspruchte Serbien die Hegemonie und provozierte damit die kroatischen und slowenischen „Brüder und Schwestern“.

Serbien blieb ein unberechenbarer Partner. Während des Zweiten Weltkrieges versuchte es lange, neutral zu bleiben. Erst unter dem Eindruck akuter Kriegsgefahr wandte sich die serbische Regierung den Achsenmächten zu, was vom Volk nicht honoriert und mit Demonstrationen für England beantwortet wurde, so daß Hitler Serbien kurzerhand bombardieren, erobern und zerstückeln ließ. Auch Stalin war der serbische Unabhängigkeitswille nicht geheuer. All das verschwand hinter der schillernden Kulisse des Tito-Kommunismus, des dritten Weges und der Illusion von der Realisierbarkeit einer Utopie.

Erst die Kriege der 1990er Jahre trübten den Glanz der jugoslawischen Idee. Die Nationalismen sind wie schwelende Wunden wieder aufgebrochen, scheinbar aus dem Nichts. Heute werden die Unterschiede zwischen den Sprachen betont und zum identitätsstiftenden Politikum. Die ungelösten Konflikte – die auch Konflikte des Westens sind – brachen wie ein Geschwür hervor: Nirgendwo prallen römische Kirche, Orthodoxie und Islam so dicht aufeinander wie auf dem Balkan. Die Hegemonie über die unter Tito formell selbständig gewordenen Teilrepubliken der SFRJ ließ sich militärisch nicht herstellen. Es scheint, als sollte dieser schöne Landstrich ausbaden, was in der Geschichte von Ost- und Westeuropa nur durch Abschottung in einem spannungsvollen Gleichgewicht gehalten wurde. Seit den Befreiungskriegen des 19. Jahrhunderts will Serbien mit dem Kopf durch die Wand. Ob es sich nach den Zerfallskriegen stärker dem Osten (Rußland) oder dem Westen (EU) zuwenden würde, blieb lange Zeit unklar.

Wenn Serbien literarisch in den Mittelpunkt rückt, dann geht es um Anerkennung: Literatur als Botschafter einer fremd erscheinenden Lebenskultur, einer trennenden religiösen Verwurzelung und einer pochenden Idee der Autonomie. Natürlich ist die Literatur am Ende machtlos. Sie ähnelt, um mit Paul Celan zu sprechen, einer Flaschenpost, und es ist ungewiß, ob sie den richtigen Adressaten erreicht. Serbien ins Zentrum zu stellen, bedeutet für den Westen eine Nachholestunde: Nur die Anerkennung des Eigenständigen kann zu dem Grad an Verständnis führen, der die Konflikte entschärft, die Serbien stellvertretend für den Westen und den Osten, gegen den Islam wie auch gegen den Katholizismus ausgefochten hat. Die serbischen Dichter greifen dieses Spezifikum ihrer Geschichte auf, aber sie beschränken sich nicht auf ein Nachdenken über Serbien. Dort, wo sie über den nationalen Tellerrand hinausblicken, wird ihre Dichtung für uns interessant. Crnjanski sammelt seine Beobachtungen über Deutschland am Ende der Weimarer Republik in Berlin. Pavlovi? fragt nach der Rolle der Religion in unserem postmodernen Leben und blickt dabei auch nach Indien als Wiege des Buddhismus. Lazi? interessiert die Mündigkeit der Frauen in einer vom orthodoxen Patriarchat geprägten Kultur. Tri?kovi? geht es um die universelle Funktion der Sprache und Tomaševi? fragt nach dem Hinterherhinken der Menschlichkeit hinter dem technischen Fortschritt – eine Frage, die sich gerade dem Westen in Zeiten der Krise ökonomischen Wachstumsdenkens stellt.

per Express

Endlich wird
der Staub entzündet,

in grauer Zelle,
chemisches Begehren, der
Mann sucht gähnend nach
der Post, wo stand denn
geschrieben

:

„…“
100 Seiten, engmaschig, liest er zum letzten Mal.

– Was wäre wenn –

er sein Denken dem Auditorium zeigte –
es enthüllte, wie unter cremefarbenen Wolken,
sich die Fläche der Venus.

home sweet home

Home, sweet home

Manchmal wenn ich zuhause bin in meinem gehäuse wo ich manchmal nicht weiß ob ich zu hause bin in dieser wohnung,

mit meinen katzen die hier zu hause sind und sich auch so benehmen –

manchmal schau ich dann auf das thermometer um zu wissen wie kalt oder warm es mir sein darf.

Manchmal friere ich.

Manchmal bekomme ich einen brief von den gaswerken, worin enthalten sind verschiedene zahlen und werte, die ich nicht immer & alle

verstehe.

Manchmal verstehe ich mich und friere, obwohl ich nicht darf & bin anschließend froh, wenn ich kein blut sehe auf meiner haut & lege die klinge beiseite.

Manchmal – aber immerhin

:meine katzen fühlen sich wohl.

niko

Blütenreiches Sendai

Der erste Schnee!
Er liegt schwer auf den Blüten
der Narzissen…

Dainichi
Gongen Sonnenfrau –
darf ich mit Dir sprechen?

Geliebte Pflaumenblüte kam dem Verbannten nachgeflogen, zu erhellen künftig die Hochzeit des Menschen. Bald wird es dunkel. Über der Lagunenstadt braut schwer sich der Abend zusammen. Weiter müssen wir, bleiben dürfen wir nicht. Es ist der Berg nun, von woher wir gerufen sind, o Azaleenhügel, alle Tränen von unter dem Baumdach strömen zu dir empor.

Wie wird es sein, wenn der Regen nach oben fließt??

Blaue Irisblüten mögen
die Füße stärkend umschnüren –
als Strohsandalenbänder!

sprach der streng wegetaurische Rechtskater Schnurrbu aus Schorrba

(endgültig aus: Die Dialektik der Körperhälften in der Nähe des Erdkerns, Chanty-Mansijsk: Glaja 2011, S. 49)

Unruhe der Unbequemen

Heidrun Hegewald war wer in der DDR. Sie war eine beachtete, anerkannte wie abgelehnte Künstlerin. Sie war im Vorstand und Präsidium des Verbandes Bildenden Künstler der DDR. Und das nicht nur einer ausgerufenen Frauenquote wegen. Hegewald war eine Gefragte, weil sie eine Fragende war. Eine, die nicht nur hinnahm, eine, die etwas hinzuzugeben hatte. Das Unbequeme machte sie zur Unbequemen.
In der Kunst der Malerin und Graphikerin, die ihr Denken ist, in ihrem Denken, das Geisteskunst ist, artikuliert sie die unterschiedlichsten Dinge, die ihre Unruhe ausmachen. Es ist die Unruhe der Unbequemen. Lebenslang! Im Kunstmachen autonom, äußert sich ihre Autonomie auch in der Kunst des Schreibens. „Ich bin, was mir geschieht“ ist der Titel einer Sammlung mit Schriftstücken der Schreiberin. Das Buch ist ein breiter und hoher Damm gegen die „Diktatur der Dummheit“. Eine Autorin spricht, die keine Anstrengung scheut, die Leser anzustrengen. Sätze stehen da wie Säulen. Auch als Denk – mal. Derartiges kennt man im Ost-Deutschen von Bildhauern wie Wieland Förster und Werner Stötzer. Heidrun Hegewald ist die Dritte im Bunde.
Hegewald, 1936 in Meißen geboren, ist ein gebranntes Kind. Sie hat das brennende Dresden des 13. Februar 1945 gesehen, gerochen, gefühlt. Das hat sich eingebrannt in Herz und Hirn der Heidrun Hegewald. Sie kann nicht umhin, in der Helle das Dunkel, im Dunkel das Helle wahrzunehmen und in ihrer Kunst, in ihrem Schreiben Wirklichkeit werden zu lassen. In einigen Schriftstücken formuliert die Autorin Erinnerungen an die Kinderzeit. Einer der persönlich-privaten Texte, „Dresden“ überschrieben, bringt eine der bittersten Lebenserfahrungen auf den Punkt: „Ich habe meine Kindheit an den Krieg verloren.“ Das war Prägung. Das ist zum Brandmal fürs Leben geworden. Das Leben einer Frau, die von sich sagt: „Ich war und blieb eine fanatische Beobachterin.“ Und die kann nicht anders: Sie muß auf das Wesentliche, das Eigentliche, also stets auf das Existentielle achten. Jederzeit, überall, in allem.
Es könnten sämtliche Texte biographische Schriftstücke genannt werden. Denn, welcher ist nicht ein Text von und für Heidrun Hegewald? Biographisch ist das Schreiben, indem es ein Schreiben wider bleibende Selbstzweifel ist. Schreiben bedeutet für Hegewald, sich Mut anzuschreiben, sich Gewißheiten anzuschreiben, sich Stabilität anzuschreiben. Schreiben bedeutet desweiteren, die Sprache vor Schändung zu schützen. Die Texte trotzen der Verelendung, Verarmung der deutschen Sprache. Wort für Wort. In den persönlichsten Äußerungen ebenso wie in den politischen. Der Wille zum Denken fördert und forciert die polemisch-philosophischen Äußerungen. Die werden am deutlichsten in der assoziativen Sprache. Vor allem wenn die apodiktische Formulierung begünstigt wird. Ihr ist Hegewald so zugeneigt wie den schön geschmirgelten Sätzen. Jeder gute Gedanke ist der philosophisch, politisch Ambitionierten einen guten Satz wert. Gedanken und Gedankensatz sollen stimmen. Dicht an Dicht drängen sich die Gedanken. Jeder Gedanke der Leser wird sofort in den Hintergrund geschoben, da der nächstfolgende Gedanken-Satz der Vor- und Nach-Denkerin vorübersaust. Das macht atemlos. Egal, ob die Kunst, die Gesellschaft, die Person Gegenstand der Gedanken sind.
Ihre Gedanken-Linien aufs Papier zu bringen, hat sich Heidrun Hegewald nichts leicht gemacht. Wieso den Lesern das Lesen erleichtern? Zumal, wenn Leben nicht leichtfertig als leichtfertige Angelegenheit gesehen wird. Was viel, was alles über die Verfasserin von „Ich bin, was mir geschieht“ sagt. Was auch sagt, dass sie ist, was sie geschehen läßt. Heidrun Hegewald ist wer: Heidrun Hegewald!
Heidrun Hegewald: Ich bin, was mir geschieht. Verlag Neues Leben: Berlin 2011. 159 Seiten. Geb.

Und zum Frauentag schenkte sie

Ihrem Kind einen Rausch; drei Gespräche
Rechte Brust – Ahnung Theater
Inmitten des Lebens; drei Blicke
Linke Brust, und da stand mein
Geliebter Cesar, Cesar
Vallejo – Schwarzer Stein
Auf weißem Stein, und kein Donnerstag
Urplötzlich
Vor Ihr, weiße Creme aus
Schwarzem Becher – ja – da das Kind
Nun den Sinn – da – erlebte
Und die Atome, die Atome aus
Nietzsches
Knochen sich des Glücks

Lockruf

hab ich mein haus am tod gebaut?

leb‘ noch nicht, bin noch nicht geboren

bin noch nicht gestorben

bin im provisorium

und doch: nehm ich mir jeden tag das leben

komm mit kommitkommit:

ich lad‘ dich ein

nehmen wir gemeinsam uns

was uns gehört:

die zeit, die eigene, die bleibt

zu lachen lieben leben

doch das ist schwer und

lange nicht genug

wir müssen schon gemeinsam

gegen die uns stehlen wollen

gemeinsam müssen wir uns wehren

:die zeit, das leben

das eigene uns nehmen.

23.07.06

mond in deutsch

Mond in deutsch? Nie wieder!

Und bald ist voll der mond

schon wieder schwarzrotgold

und liebe menschen bluten

Ein blick aus meinem fenster

trüb in den regen (wie gut, die fenster ungeputzt)

im schaukelstuhl sitzen

auf dem schoß den laptop

links von mir das x-te bier

die zeit: es reicht

Wirklich: ich könnt kotzen

die fifa lange schon vorbei

vuvuzelas tröten immer noch

:wir sind papst: wir sind dabei

ja benediktum est nie bitte wieder

schwarzrotgold auf dächern gegenüber

nazis immer öfter immer wieder

nach braun die mitte schreit

Die zeit: es reicht

19.10.2010

* * *

Nachgebet

(armutszeugnis) Wann wurde Kamal ermordet von einem rechten

schon vergessen?

am 16.oktober versuchten nazis es erneut

in leipzig, dortmund, cottbus und wo auch immer

schwarzrotgold marschiert, wann wird sie braun

die mitte? Die zeigt – ratet mal – wer wem, den weg.?

schwarzrotgold verwittert wird im kalten

kalten wind die krise schöngeredet

wird schwarzrotgold zu schönen bildern

bleich – wie hamilton – und bitteschön global

und nein – doch international sind wir nicht schön

denn überall ist diese nationale pest:

wir sind britisch, sind wir polnisch oder türkisch

oder bitterarm & ganz egal: sind wir alle national?

22.10.2010

Bis später

im sommer

hat mir die sonne

die haut getönt, die hat

meine seele gewärmt

im sommer

hat mir die sonne

die haut getönt, die hat

mir die haut

im sommer

verbrannt, die augen

verblitzt, ich glaub

es wird jetzt zeit

im sommer schon

mach ich mich

auf den weg, bevor

ich blind werde

such ich mir

andre freunde

lass den herbst

durch alle zeiten

fallen und im winter

nicht an den frühling

denken und im frühling

auf den sommer warten

denn im sommer

seh ich sie wieder

die alte haut, eine

neue freundschaft?

Berufe besichtigen

Wieviele Rezensionen können Redaktionen verkraften? Ein Bruchteil der Bücher, die während eines Jahres erscheinen, werden auf den Feuillettonseiten beachtet. Da hats ein Autor denkbar schwer, alles ins öffentliche Gespräch zu bringen, was er binnen eines Jahres publiziert. Es kann sein, dass ein Buch den Blick auf das andere verstellt. Das ist dem Leipziger Thomas Böhme 2010 geschehen, als er mit seinem alles in den Schatten stellenden Roman „Der Schnakenhascher“ auftauchte. Zum Nachteil einer Sammlung von Gedichten, deren freie, strenge Struktur ihr eigene Art, also Eigenart hat. In der Nachbemerkung zu dem Band „Heikles Handwerk“ mahnt der Lyriker zur Vorsicht und bittet, das Gelieferte nicht „mit Sonetten zu verwechseln“. Na ja, wer ein wenig beschlagen ist mit der Poesie sämtlicher Zeiten, dem wird das Sonettenhafte bei Böhme nicht aus dem Sinn kommen. Gewiß ist, die strikt vierzehnzeiligen Gedichte sind keine strikten Sonette. Sie sind auch keine Prosagedichte, woran dann und wann zu denken ist. Und das nicht nur wegen des sprachlichen Rhythmus´, der von der Sonette hergeleitet ist. „Heikles Handwerk“, mit dem Hinweis „66 Fallstudien“ versehen, lotst die Leser in eine Lyrik, die höchst erzählerischen Inhalts ist.
Thomas Böhme hat ein Museum eingerichtet. In dem sind Handwerksberufe zu besichtigen, die, zumeist, nur noch in Lexikas leben. Böhmes „Verse“ sind keine Versuche der Wiederbelebung. Die Berufe, beziehungsweise Berufsbezeichnungen, sind ihm Anlaß, Rückschau zu riskieren, ohne in ihr zu schwelgen. Jede Rückschau ist auch – oder vor allem – eine Reflektion auf das unmittelbare Jetzt. Dieses Hin- und Herschwingen zwischen den Zeiten, diese Mixtur aus Gestern und Heute, fördert die Lust am Lesen der Texte. Ohne surreal zu sein, hat doch Manches eine sur-realistische Bildhaftigkeit. Sofern der Sinn dafür da ist, so und das zu sehen. Surreales schimmert bei dem Schriftsteller immer durch wie das Erotische, das aus einer nie eindeutig artikulierten Sexualität kommt.
Der Lyriker und Prosaist ist ein Wanderer durch die Welten und zwischen den Welten. Nun zwischen den Berufswelten, die er kaum beschreibt, die er benutzt, um sich seine Phantasie-Welt zu zimmern. So wie das immer ist in der Literatur des Autors: Der unverkennbaren Böhme-Literatur. Das Aufspüren verloren geglaubter Handwerksberufe rechtfertigt, wie so nicht immer, Thomas Böhmes Neigung, verloren geglaubte Vokabeln aufzuspüren. Gedanken und Geschichten werden zu Gedanken-Geschichten, die Gestriges und Gegenwärtiges durch die Sprache harmonisieren. Nicht jeder Gedankengang muß nachvollziehbar sein und nachvollzogen werden. Warum auch? Bliebe dem Autor dann Gelegenheit für die kuriosen Kurven, die seine Gedanken in jede mögliche Richtung gleiten lassen? Die Uneindeutigkeit im Deutlichen, die Deutlichkeit im Uneindeutigen möglich zu machen, ist eine Sache des regen gedanklichen, sprachlichen Spielsinns von Thomas Böhme. Die 66 in „Heikles Handwerk“ zusammengefaßten Vierzehnzeiler ziehen vorüber wie vollgepackte Loren. Fällt dann und wann ein Witz heraus und herunter, werden sie von den Lesern gern aufgelesen.
Thomas Böhme: Heikles Handwerk. 66 Fallstudien. poetenladen: Leipzig 2010. 80 Seiten, Geb.

Dem Verlag verpflichtet

Kiepenheuer-Bücher waren begehrte Bücher. Sie wurden gelesen. Kiepenheuer-Bücher waren keine Massenware. Sie hatten Wert. Sie waren ein Wert an sich. Vor allem in den Zeiten, in denen der Kiepenheuer Verlag am ärgsten bedrängt und bedroht war: In den Jahren der nazistischen Diktatur. Auch in den mageren Zeiten, die dem Tode des Verlagsgründers Gustav Kiepenheuer folgten, der 1949 starb. Magere Zeiten, die nicht Noa Kiepenberg verschuldete, die bis 1970 dem Verlag in Weimar vorstand. Das Niveau von Kiepenheuer zu drücken oder zu unterdrücken ist niemand gelungen. Oft am Rande der Existenz, ist es erst den geschäftigen Geschäftsführern des Aufbau-Verlages gelungen, den Gustav Kiepenheuer Verlag zu Grabe zu tragen. Und das im Jahr des Jubiläums. 2010 wurde der Verlag Hundert. Das Ereignis wurde mit einer Ausstellung gewürdigt, die von Februar bis Mai 2010 im Leipziger „Museum für Druckkunst“ zu sehen war.
Nicht nur zur Freude der „Familie“ Kiepenheuer, zu der alle Freunde des Verlages zählen, ist nun eine würdige, würdigende Publikation erschienen. Von Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag als Herausgeber betreut, ist eine ergiebige Edition entstanden, die Wesentliches der „100 Jahre Kiepenheur-Verlage“ zusammenfaßt. Der Band ist eine abwechslungsreiche Darstellung der Geschichte des Verlages, der Erhebliches zur Kultur des Landes in Deutschland beigetragen hat. Nie einer der großen deutschen Verlage, wurde der Gustav Kiepenheuer Verlag in den ersten beiden Jahrzehnten zu einem Verlag der Großen der linken, linksbürgerlichen deutschen Literatur. Von Brecht bis Heinrich Mann und Anna Seghers bis Carl Zuckmayer und Arnold Zweig versammelte der Verleger ein seinem Hause, was auf dem Wege war, sich Rang und Namen zu erschreiben. 1910 in Weimar begonnen, 1918 nach Potsdam umgezogen, wurde das „Vagabundieren“ ebenso zum Schicksal des Verlages wie das Auf und Ab.
Dank der schnellwechselnden Kapitel, der vielen verpflichteten Autoren, der Essays, Aufsätze, Gespräche, Dokumentationen, ist das Buch zum Verlag zu einem nie ermüdenden Lese-Buch geworden. Die Substanz macht die Qualität von „100 Jahre Kiepenheuer-Verlage“. Die Substanz verantworten vor allem die, die, zu unterschiedlichen Zeiten, für den Verlag verantwortlich waren, die sich ihm verpflichteten und so für die Kiepenheuer-Qualität sorgten. Ihnen, den Dabeigewesenen räumt die Publikation reichlich Platz ein. Es wird weniger reflektiert und analysiert. Es wird berichtet und erzählt. Das gibt den Beiträgen Unmittelbarkeit und stachelt die Aufmerksamkeit der Außenstehenden an. So wie sich viele Leser als stille Abonnenten der Kiepenheuer Bücher fühlten, so können sich nun vor allem ältere Leser als Teilhaber der Verlagsgeschichte fühlen. Die geistige Verwandtschaft zwischen Verlag und Lesern ist ein immer noch stabiles Band. Die Dankbarkeit ist in der Anerkennung für das Durchhalten des Gustav Kiepenheuer Verlages, der eher Buch-Verlag denn Markt-Verlag war. Das können alle Generationen zur Kenntnis nehmen und sich, sofern jünger, ihre Gedanken zum Gewesenen und Gewordenen machen. Die Geschichte der Kiepenheuer-Verlage ist auch die Geschichte von Widerspruch, Widerstreit, Widerstand. Von Verletzungen und Verletzten zu sprechen macht die Ausgabe authentischer und glaubwürdiger. Also zu einer Lektüre, die gleichermaßen anregt wie sie angenehmen aufregt, so daß die interessierten und zu interessierenden Leser wacher und wacher werden. „100 Jahre Kiepenheuer-Verlage“ ist eher Festschrift denn Chronik“. „100 Jahre Kiepenheuer-Verlage“ ist ein gut zu lesendes, lesenswertes Buch über das Büchermachen. Die Publikation ist in ihrer Gesamtheit eine rege Literatur-Kultur-Geistes-Personen-Geschichte wie sie in dieser Art nicht so häufig ist.
100 Jahre Kiepenheuer-Verlag. Hg. Siegfried Lokatis, Ingrid Sonntag. Ch. Links Verlag: Berlin 2011. 424 Seiten, Broschur

Hier könnte ich

Ich fahre nach Osten : nicht weit
& schon strecken sich die Birkenwälder
Flach übers Land : den Städtern eine Ödnis
Mir bedeuten sie russischen Schlaf : hier
Könnte ich Bär sein : ständig auf der Suche
Nach Bienen : die frische Frühlingsluft
Würde meine lüsterne Nase kitzeln : aber nicht
Durch mein Fell dringen : allein wäre ich
Nur meine Kinder würden sich nicht vor mir fürchten
Sie würden auf Bäume klettern & ich
Würde sie wieder herunterholen auf den weichen
Atmenden Waldboden zwischen den Steinen

geplante obsoleszenz

die socken die ich trage

halten nicht nach

einem winter sind sie

dahin

wo die glühbirnen schon nach 1000

stunden landen im müll

wo der nylonstrumpf von 1935 nie

ankam so reißfest

daß er von patriotischen damenbeinen gerollt

militärisch bedeutsames

material wurde erfunden

zu halten

nach

allem anschein

nach mir

die sintflut

halt —

Am Rand der Altstadt

Überbreite Straßen liegen ausgestreckt
auf den Leichnamen der kleinen Häuser
in denen einst Leben / urgründiges
sich ergoß / zurückgedrängt in enge Mauern

Kein Grashalm reckt sich
in den Ritzen des Betons
durch überbreite Straßen
drängeln sich klapprige Busse

in denen die Menschen
dicht an dicht gepackt
nicht aussteigen können
nicht aussteigen können

Lücken und Lügen

Was denn nur dazu sagen? Verschmitzt schmunzeln, wie der Autor das tut, der den Roman „Nesselkönig“ geschrieben hat? Schmunzelnd, verschmitzt sagen: Lies mal! Lesen Sie Ralf Eggers „Nesselkönig“! Das ist ein satirischer Roman. Mit derartigen Romanen ist die deutsche Literatur nicht gesegnet.
Kaum haben wir Uwe Tellkamps „Der Turm“ verkraftet, kommt schon wieder ein Turm ins Blickfeld. Nicht auf Dresdens Nobelhügel „Weißer Hirsch“ errichtet, ist er nun in Potsdams arkadischer Landschaft zu besichtigen. Im Turmzimmer haust Victor Nesselkönig. Wahrlich kein Nobody! Ein gestandener Mann, mit einer versteckten Biographie, hinter der sich die versteckte Biographie eines B. Traven verstecken muß. Gekonnt hat Eggers eine Lebensgeschichte konstruiert, in der er alle Gerüchte unterbringen kann, die die Geschichte des 20. Jahrhunderts möglich machte. Gesetzt den Fall, die Lebensgeschichte Nesselkönigs wird als die einer Figur des Schachspiels der Schlachten des Vorjahrhunderts gelesen. Um es genauer zu sagen: Der literarischen, geistigen, politischen Schlachten. Für die ist die Figur des Victor Nesselkönig tatsächlich der repräsentativste Repräsentant. Dem Dichter Nesselkönig wird jeglicher Ruhm, vom Nobelpreis bis zum Nationalpreis der DDR, nicht nur angedichtet. Dennoch ist der Bekannte ein höchst Unbekannter. Sein Leben ist ein Leben voller Lücken. Seine Lebensgeschichte ist voller Lebenslügen. Das ist der Stoff, aus dem Tragödien gemacht sind beziehungsweise werden. Oder, wie bei Ralf Eggers, eine saftige Satire. Sollte man sagen: Eine tragische Satire? Das heißt, dem Roman die Ernsthaftigkeit zuzubilligen, die er hat. Hieße auch, das Amüsement nicht annähernd zu würdigen, mit dem der Schriftsteller seinen Stoff in sämtliche möglichen Winkel des Geschehens schleppt. So daß sich die Leser immer neu vergnügt wundern, in welche Winkel sie geschleift werden.
Der 1961 geborene Schriftsteller steigt nicht nur in die Keller reichsdeutscher, sowjetischer, ddr-deutscher Vergangenheit. Er nimmt mit in das lebensgefährliche Moskau der dreißiger Jahre, in die Tristheit der ostdeutschen Provinz, die für Nesselkönig im Problemjahr 1953 beginnt, als der Verschollene seine Auferstehung erlebt. Wem Nesselkönig während der Jahrzehnte, bis zu seinem vermeintlichen Tod am 8. Oktober 1989 (!), begegnet, verblüfft, macht den Roman jedoch nicht zu einem Schlüsselroman. Wenn, dann ist er ein Schlüssel zu den Seelen von Prominenten, die ostwärts der Elbe Rang und Namen hatten. So beeindruckend die Kenntnisse des Autors sind, der sich in der Zeitgeschichte wie ein Zeitzeuge bewegt, so souverän geht er mit dem angelesenen, angeeigneten historischem Material um. Muß er, weil er einer ist, der dann doch nicht dabei war. Weil er ein Erzähler ist, der den Lesern die verzwickte, verwickelte Story des „Rätselmannes“, des „Phantoms“ Nesselkönig in seinem vitalen, variationsreichen Erzählwerk verklickern will. Ein Roman hat nun mal mehr Realität als Realität Reales hat. Die Leser dürfen mit-rätseln, dürfen vermuten, aber auch verwirrt sein, wenn es anders kommt als angenommen. Nie vergessen: Der da spricht ist ein Satiriker! Er kann überspitzen, wo es was zu überspitzen gibt. Und dafür gibt’s immer neue vom Autor geschaffene Gründe. Die gefundenen und erfundenen Geschichten liefern die Gründe. Und die Geschichte der Suche nach dem verlorenen Ich, die die Geschichte des Viktor Nesselkönig ist. Die eigentliche Geschichte des Romans, auf die man sich am ehesten einigen kann. Sofern man sich – wodurch auch immer – genötigt sieht, die Geschichte der Geschichten auszumachen. Wer sich dazu nicht genötigt sieht, genießt die Parabeln und Parodien, in denen Personen und Prozesse einer vergangenen Periode verquirlt werden. Größten Genuß werden die Leser haben, die den Geist vergangener Geschichten und deren gestaltenden Gestalten im Sinn haben. Ralf Eggers Prosa modelliert ein Panoptikum fast vergessener und vergessener Größen mehrerer deutscher Gesellschaften. Typen, Typen, Typen! Da kommts auf das Individuelle nicht so an. Also reichts, wieder und wieder die Neigung des Kopfes zu beschreiben und wer sich wann am Kinn kratzt oder mit dem Handrücken über den Mund wischt. Wollen die Leser das wissen? Oder nehmen sie derartige gleichbleibende Beschreibungen als Element des Karikierens hin? Bevor sie selbst dazu neigen, mit „schräg gelegtem“ Kopf dazusitzen, sich am Kinn zu kratzen und mit dem Handrücken über den Mund zu wischen. Käme es soweit, wäre man der Suggestion des Schriftstücks völlig erlegen. Es droht den Leuten Gefahr, die sich leicht vereinnahmen lassen. Der Schriftsteller Ralf Eggers ist ein Schlitzohr. Der Roman „Nesselkönig“ ist eine Satire. In dem geschieht alles, was den Menschen nicht geschehen sollte, nämlich in die Mühlen der Geschichte zu geraten. Vielleicht steckt Ralf Eggers selbst schon in einer Mühle. In der der Literaturgeschichte, denn Tellkamp war nun mal schneller mit seinem Turm da.
Ralf Eggers: Nesselkönig. Mitteldeutscher Verlag: Halle (Saale) 2011, 463 Seiten, Klappenbroschur

H.C. Artmann zum 90. Geburtstag

Hinter der Maske jedes lieben Menschenfressers steckt ein garstiges Kind. Bevor ich H.C. Artmann kennenlernte, wußte ich schon, daß das Grauen in Österreich wohnt. Dieses Wissen verdankte ich einem Büchlein, das 1984 im Verlag Volk und Welt (DDR) erschienen war. Es hieß bezeichnenderweise „Der handkolorierte Menschenfresser“ und sollte womöglich vom Kannibalismus im eigenen Land ablenken. Dieser Schachzug war klug, aber die Partie war schon verloren. Es kursierten zu viele schwarzgedruckte Exemplare von Orwells „1984“. Eins davon war eingebunden ins Statut der Jungen Pioniere. Im Fortgang der Geschichte durfte der Wiener Landlord auch die ramponierte Heimat von Köhlerliesl und Holzmichl besuchen und im Gegenzug der sächsische Kumpel zu Mozarts falschem Grab reisen, wo er baff erstaunt war, daß die künstlichen Blumen davor aus Sebnitz stammten.
Ich bin H.C. Artmann tatsächlich einmal auf so einer Schnuppertour in den Osten Deutschlands begegnet. Am 26. Januar 1991 bei einer gemeinsamen Zugfahrt von Leipzig nach Berlin. Das Gesicht dieses Grimbarts vor dem Fahrkartenschalter des Leipziger Hauptbahnhofs kam mir bekannt vor, nur wußte ich nicht, wo, zum Teufel, ich dieses Gesicht schon gesehen hatte. Ein Leipziger Kulturredakteur, der Artmann auf seiner Lesereise begleitete, half mir über die fehlende Anrede hinweg und stellte uns einander vor. Herr Artmann war entzückt, daß er nun gleich zwei Studienobjekte für die sächsische Mundart hatte und dankte es mir, indem er meinen Zuschlag für die 1. Klasse übernahm. Ich war bis dahin – und später meistens auch – nur in überfüllten 2.-Klasse-Abteilen gereist und dachte, wenn man es als Dichter so weit gebracht hat, ist man aus dem Gröbsten raus. Irgendwann fiel der Name Lene Voigt und schon waren wir bei „Hamlet odr dr verbrächerische Onkel“ angelangt. Wir tauschten auch Bücher aus und viele andere Artigkeiten. Dann kam Bitterfeld und Herr Artmann schaute interessiert auf die Ruinen des experimentellen Sozialismus.
Der Anblick zwingt ihn, kryptische Sätze zu zitieren: „Mit dynamit werden tunnels in die berge gesprengt, dabei stößt man häufig auf wasseradern. Früher gab es eine menge zwerge, denen kaufte man den blaugrauen schiefer ab.“
Was mögen seine stets wachsamen Augen, die listig unter buschigen Brauen ins Weite spähten, noch gesehen haben? Vielleicht eine wackere Hausfrau in buntkarierter Dederonschürze beim Aufhängen der Wäsche. Die Rußflocken, die sogleich herbeieilen, setzen sich als schwarze Falter in den Morgenrock, der so anmutig die Wölbungen des Windes nachahmt.
Vom vielen Schauen wird einer, der das Geschaute gleich ins Reine reimt, müde. Er hält ein Nickerchen, bei dem seine Zähne die harten Traumwecken zermahlen, und ich kann bis Schönefeld meinen Wortschatz um die Papeterie, den Nießbrauch und den Aviatiker erweitern.
In Berlin trennten sich unsere Wege. Artmann und sein Begleiter fuhren Richtung Zoo, ich zum angeschlagenen Aufbau-Verlag in die Französische Straße. Ja, der Westen war mir noch immer sehr fern, ich hatte noch nie am Kurfürstendamm ein kenzo-sakko gekauft.
Solche Zugfahrten weiß man erst zu schätzen, wenn man eingepfercht zwischen Nichtrauchern und Bauchrednern auf die erste Durchsage nach einem dreistündigen Unterwegshalt auf freier Strecke lauert und plötzlich aus dem Lautsprecher eine schnarrende Stimme warnt: „In was für ein haus bist du da geschneit, unter welcher leute dach hat es dich da geweht? Bruder, das sind üble menschen, unholde, die einen schlachten, braten und essen!“
Seitdem ahne ich, daß alle Pannen der Bahn auf Artmannsche Schelmenstücke zurückzuführen sind, und das versöhnt mich mit der Tatsache, ihn jetzt in Liliput oder Brobdingnag zu wissen, von wo man bekanntlich keine Rückfahrkarte lösen kann.

MIT STRENGE MIT GÜTE

(Ein Erziehungsbrevier für Knaben)

Früher Vogel fängt den Wurm.
Nun aber raus aus den Federn!
Äpfel fallen nach dem Gesetz der Schwerkraft.
Wiederhole das, Anton! Äpfel fallen …
Nimm die Kröte vom Tellerrand, Bruno!
Hört ihr, Bruno möchte heut kein Kompott essen.
Setz dich auf deine vier Buchstaben, Christian!
Wer sagt den Tischspruch? Danke, Dieter.
Ein Rätsel. Wer weiß es? Emil, du?
Auf der Lauer, auf der Mauer …
Nun aber raus mit euch!
Franz, Fritzchen, in Zweierreihe!
Lacht doch die liebe Sonne so hell.
Knusperbraun wie die Mohren,
wollen wir werden. Auch du, Gustav
oder soll ich dir eine Extrawurst …?
Nun bilden wir fein einen Kreis.
Wer muckst da?
Hans, Hosen runter!
Wer nicht hören will muß fühlen!
Ingo hält ihm den Kopf fest.
Jakob darf zählen. Konrad, wo
soll der Daumen nicht sein?
Lothar spielt uns jetzt was auf der Flöte!
Die Heimat hat sich schön gemacht.
Martin, Norbert, was munkelt ihr da im Dunkeln?
Schämt euch was!
Na, wir sprechen uns noch im Büro. Aber einzeln!
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Wiederhole das, Olaf! Der Apfel fällt …
Paul will uns vorsingen. Pst!
Blaue Wimpel im Sommerwind …
Eins, zwei, drei, und jetzt alle!
Nach dem Klo und vor dem Essen …
Ralf ergänze! Weiß es Steffen, weiß es Tom?
Nein, Uwe, heut sind wir keine Indianer!
Flaschen, Lumpen, Altpapier
sammeln wir, Volker, wofür?
Werner, spuck sofort den Kaugummi aus!
Hand vorn Mund, Zacharias!