Schutt, was ist das überhaupt, eine Anhäufung von Bruchstücken, etwas, das einmal größer war, das verwittert und erodiert ist, und immer noch verwittert und erodiert, Bruchstücke, sich immer weiter aufsplitternd, erst irgendetwas Großes, dann Blöcke, Blockmeere, und sie zersplittern weiter, Schotter, Geröll, Kiesel, Sand, und die können ja auch wieder versteinern, wieder größer werden, oder sie verschwinden, Sand, Staub, Wind, oder sie werden wieder eingeschmolzen, wieder zu glühender Lava, jedes Bruchstück eine Erinnerung, eine kantige oder abgerundete Erinnerung, man kann sie wieder auflesen, bevor sie ganz verschwindet, und noch mehr Bruchstücke suchen, die vielleicht dazugehören, oder auch nicht, man weiß es nie, und man kann sie auf einen Schreibtisch legen, das Bruchstück, irgendein Bruchstück, in irgendeinem Blockmeer gefunden, es wieder und wieder in die Hand nehmen, es wenden, von allen Seiten betrachten, und Gedichte darüber schreiben, darüber meditieren, und dann, wenn im Winter die Sonne tief steht, und alles lange Schatten wirft, dann taucht sie plötzlich auf, auf dem Bruchstück, die Erinnerung, eine Spirale vielleicht, ein Ammonit, nur der Abdruck eines Ammoniten, und sooft man dann auch wieder in das Blockmeer zurückkehrt und alles absucht, der Ammonit, die originale Spirale aus Perlmutt, bleibt verschwunden, für immer verschwunden, nur der Abdruck ist noch da, in der tiefstehenden Wintersonne, und da kann man wieder Bruchstücke sammeln, und aus den Bruchstücken Steinmenschen, Steinfrauen und Steinmänner errichten, Bruchstück auf Bruchstück schlichten, Steinfrauen und Steinmänner aus Erinnerungen, aus Erinnerungen, die vorher vielleicht nicht zusammengehört haben, jetzt aber zusammengehören, unbeweglich stehen sie da, diese Steinfrauen und Steinmänner, zeigen den Ort, wo man schon gesucht hat, wo man keinen Ammoniten gefunden hat, und irgendwie gibt es ja auch nur ein Original, aber immer zwei Abdrücke, immer zwei Spiralen, uns es kann ja auch passieren, dass sich der Abdruck wieder füllt, gefüllt wird von irgendetwas, der Abdruck eines Abdrucks entsteht, der Abdruck einer Erinnerung, die selbst wieder zur Erinnerung wird, und so ins Unendliche, und da stehen die Steinfrauen und Steinmänner, stehen inmitten des Blockmeeres, stehen da im Sommer und im Winter, im Schneesturm und im Regen, und sie weisen uns die Wege, weisen die Wege durch die Block- und Kieselmeere, und diese Meere finden wir überall, finden sie auf dem Ružovský vrch und in der Czarny Kociol und am Elbufer, wenn das Wasser niedrig ist, und an der Ostsee vor Swantegard und natürlich auch mitten in Leipzig und mitten in Berlin, aber nicht immer sind sie oben die oberste Schicht, oft ist da schon längst der Urwald darüber gewachsen, oder eine ganze Stadt, oder eine Stadt auf der Stadt auf der Stadt, Schicht für Schicht, und dieses Blockmeer finden wir nur wieder, wenn wir graben, wenn wir da unten Kanäle oder eine U-Bahn bauen, aber manchmal haben wir Glück, und da liegt der Schutt herum, unter den Büschen, neben dem Spielplatz.