Moldau

zwischen Fels & Laubwäldern schlängelst du dich
hindurch : von den großen Völkern mißachtet
überrannt von Kelten & Langobarden
die Tschechen haben den Fluß : der ihnen heilig ist

zum Strom gestaut : böhmisches Meer
nun füllt es die Täler : untergegangen
sind die Schaufelraddampfer : kein Nebel
kann aufsteigen : alles ist Moldau

an den Ufer angeln die Männer still
kleine Fische : sie brauchen nicht viel
um glücklich zu sein : das macht ihre Größe
aus : im Vergleich zu großen Männern

die ihr Selbstbewußtsein in Jachten & Villen : im Equipement
zeigen : die Frauen ruhen still
im Schatten unter raschelnden : hohen Birken
genug : um einen kühlen Kopf zu bewahren

zwei Kajaks aneinander gebunden : fertig ist das Schiff
Opa & Maminka : Kind & Kegel
drauf verfrachtet : schon treten sie an
die jährliche Pilgerreise : die Moldau hinab & hinauf

an den Ufern ankern die Hütten
der tschechischen Weisen : unterm Drbákov
einem grüngefleckten Schaf : das sich sanft
zum Schlaf streckt : die Vorderläufe eingeknickt

lagern pensionierte Drachentöter : strecken die Füße aus
auf ihren gelandeten Booten : auf vier Beinen
hochgebockt : schweben sie in der Luft
die Kämpen von einst haben die Schlacht

gegen die Baugenehmigungsbehörde gewonnen
die Moldau strömt gleichgültig unter den Booten hinweg

Theodor Holz
geb. in Dresden im Herbst 1989, hab die Wendewirren mit der Muttermilch aufgesogen, Pflastersteine wurden aus dem Bahnhofsvorplatz gerissen und flogen knapp an meinem Kinderwagen vorbei, meine Mutter konnte ihren Beruf als Jungpionierleiterin auf dem Albrechtsberg nicht mehr ausüben, sie nahm an einer Umschulung zur Altenpflegerin teil, während ich brav die Kreuzschule besuchte.

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