Eine Amsel

schaut mich im Herbst-
laub unverwandt an.
Wer wählt da auf eigene
Kralle den schweren

Stand, zeigt allem Ein-
und Ausgeflogenen die
kalte Schulter? Bald wer-
den die Nebel nach dir

greifen, Krähen deine
raue Gesellschaft sein,
ja Menschenherzen ent-
scheiden ob du hier,

in den weißen Stürmen,
bleibst. Nach Singen
wird dir kaum noch
zumute, deine Rufe

wie Eisnadeln so dürr,
die wenigen Lieder wie
dein Gefieder so schwarz
verhallen. Aber wenn

sich denn die Schnee-
glöckchen zeigen, wird
dein Gesang in allen
Wurzeln zu spüren sein.

Jens Rudolph
geb. 1976 in Leipzig, Jurastudium in Dresden. Lebt und arbeitet als Familienrichter in Berlin und Potsdam.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert