Eine Art Gesang : Sanfte Entgegnung

„Kamerad, ich heiße Luis Cortés.
Als die Repressalien begannen, in Tocopilla
ergriffen sie mich. Sie schleppten mich nach Pisagua.
Sie wissen, Kamerad, was das heißt.
Viele wurden krank, andere
verfielen dem Wahnsinn. Es ist das schlimmste
Konzentrationslager des Gonzáles
Videla. Eines Morgens sah ich Angel Veas
sterben, am Herzen. Es war schrecklich,
ihn sterben zu sehn auf diesem mörderischen Sand,
von Stacheldraht umringt nach seinem
so großherzigen Leben. Als auch ich herzkrank
wurde, brachten Sie mich
nach Garitaya. Sie kennen es nicht, Kamerad.
Es liegt in der Höhe, an der Grenze Boliviens.
Ein trostloser Ort, in 5000 Meter Höhe.
Salziges Wasser gibt es zu trinken, salziger
als das Meerwasser und voller Wasserflöhe,
die gleich rosigen Maden wimmeln.
Kalt ist es, und der Himmel über
der Einsankeit schien auf uns niederzubrechen,
auf mein Herz, das nicht mehr weiter konnte.
Selbst die Carabineros hatten Mitleid,
und entgegen den Befehlen, uns sterben zu lassen,
abgesehen davon, daß man nie eine Tragbahre geschickt hätte,
banden sie mich auf einem Maultier fest, und wir stiegen
die Berge hinab:
26 Stunden kletterte das Maultier, und mein Leib
hielt nicht mehr stand, Kamerad, in den weglosen Kordilleren,
und mein Herz setzte aus, hier haben Sie mich, sehen Sie,
die Quetschungen, ich weiß nicht, wie lange ich noch lebe,
aber Sie geht es an, ich habe nicht vor, um etwas zu bitten,
verkünden Sie, Kamerad, was der Verfluchte dem Volk antut,
uns, die wir ihn dort hinaufgehoben haben, wo er sein
Hyänenlachen über unsere Schmerzen lacht,
Sie, Kamerad, erzählen Sie es, berichten Sie es, mein Tod zählt nicht
noch unsre Leiden, denn der Kampf währt lange,
aber wissen soll man um diese Martern,
man soll sie kennen, Kamerad, vergessen Sie es nicht.“

„Um diese Jahreszeit möcht ich
meine Arbeit hinwerfen und es
den alten Männern gleichtun –
damals am Kai von Villefranche
sah ich sie Seeschnecken fischen
mit einem gespaltenen Stecken
im seichten Wasser –

““““““““““““““““““““““““‘ Ich weiß
was andres, sagte sie,
was du anfangen könntest,
genauso leicht, im Frühling,
wenn du nur wolltest. Aber
du willst eben nicht, oder?“

(Zwei Quellenangaben nachzutragen)

J. W. Rosch
geb. 1967 in Charkiv, lebt in Frankfurt am Main. Gedichte, Prosa, Roman. Bisher bei LLV erschienen: Jokhang-Kreisel. Gedichte und kurze Prosa mit Zeichnungen von Anna H. Frauendorf (2003), Goðan Daginn. Gedichte. Mit Radierungen von Mechthild Mansel (2010).

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